Frauen, die Geschichte machten
heraufziehenden
politisch schweren Zeiten dringend gebraucht hätte. Die Revolution von 1848 bereitete sich vor, die, von Frankreich ausgehend,
auch Deutschlands Throne nachhaltig ins Wanken bringen sollte.
|190| Zunächst kam es zu neuen Kontroversen um die nun anstehende Nobilitierung der »bayerischen Pompadour«, wie sie abfällig bezeichnet
wurde. Der Widerstand kam, wie nach der päpstlichen Demarche nicht anders zu erwarten, vor allem aus universitären katholischen
Kreisen, die Ludwig durch Entlassungen und Verbote mundtot zu machen versuchte. Dem Klerus gegenüber rechtfertigte er sich
mit seinem Dichtertum, das dringend neue Inspiration brauche. Mit seiner ganzen Autorität setzte er schließlich die Erhebung
seiner Liebsten zur Gräfin Landsfeld am angeblich gemeinsamen Geburtstag, dem 25. August 1847, durch. Zudem genehmigte er
Lola protokollarische Vorrechte, die eigentlich nur Mitgliedern der Herrscherfamilie zustanden, und drohte allen seinen Unmut
an, die sich nicht an den soeben verliehenen Titel seiner Herzdame hielten.
Das schürte die Erbitterung in der Stadt nur noch weiter und unterminierte die Autorität der neuen Regierung derart, dass
Ludwig bald wieder einen Kabinettswechsel vornehmen musste. Die nunmehr dritte Regierung, die es mit dem Fall Lola zu tun
bekam, war allerdings nicht weniger ratlos als die vorangegangenen. Sie sah sich einem wachsenden Aufruhr der Studenten gegenüber,
der sich noch verschärfte, als sich Burschenschaftler der Verbindung Alemannia (die »Lolamontanen«) für Lola stark machten.
Jetzt verbündeten sich nämlich auch Teile der Landwehr mit den studentischen Lola-Gegnern, sodass es zu regelrechten Straßenkämpfen
kam, in die sie sich am 9. Februar 1848 persönlich mit gezückter Pistole am Odeonsplatz einmischte. Sie entkam der Volkswut
nur mit knapper Not und flüchtete in die Theatinerkirche. Draußen schlugen inzwischen die Studenten ihre Anhänger in die Flucht
und skandierten: »Die Hur muss raus!«
Ludwig hatte nur noch die Wahl zwischen Ausweisung seiner Lola oder Blutvergießen. Er versuchte noch ein letztes Mittel, indem
er die Schließung der Universität verfügte, doch das Gesetz des Handelns war ihm längst entglitten, es wurde nun von der Straße
diktiert. Der Monarch kapitulierte und stimmte der Abschiebung seiner Gespielin zu, der man nur eine Stunde zum Packen ihrer
Sachen ließ. Am 11. Februar 1848 war der Spuk vorbei, auch wenn Lola noch einmal verkleidet als Bäuerin zurückkehrte. Ludwig
konnte nichts mehr für sie tun und auch nicht verhindern, dass einen Monat nach der Ausweisung ihr Palais, das königliche
»Freudenhaus«, geplündert wurde.
Ludwig hatte offenbar noch immer nicht gemerkt, dass sich der allgemeine Unwillen des Volkes mehr und mehr von Lola gelöst
und sich gegen ihn selbst gewandt hatte. In seiner Borniertheit vermochte er sich einfach nicht vorzustellen, dass irgendwer
an ihm, dem Wohltäter des Landes – wie er sich sah – Zweifel haben würde. Doch nun ging alles sehr schnell. Ludwigs Stunden
als König von Bayern waren gezählt. Denn inzwischen gaben die Revolutionäre auch in München keine Ruhe mehr. Das Volk verlangte
seine Absetzung. Der König trat am 19. März 1848 zugunsten seines Sohnes Maximilian II. zurück.
|191| Ludwig durfte noch zwei Jahrzehnte lang in Beschaulichkeit und gewohntem Ambiente seinen »Ruhestand« genießen, der ihm allerdings
noch lange von der unliebsamen Affäre vergällt wurde. Bitter dichtete er der Geliebten hinterher: »Der Jahre langer Traum
ist nun verschwunden, / In einer Öde bin ich jetzt erwacht, / Vorüber ist, was ich gefühlt, empfunden, / Doch um die Krone
bleibe ich gebracht.« Wie so manche Historiker sah er später alle Schuld bei Lola und erkannte nicht, dass sich sein selbstherrliches
Regiment auch ohne die Affäre überlebt hatte. Seine späte Romanze hatte nur einen Vorwand geliefert, der sich auch anderweitig
gefunden hätte. Die revolutionären Flammen von Frankreich waren über den Rhein geweht. München konnte da nicht verschont bleiben.
Lola verschwand danach fast ganz in der Versenkung. Sie heiratete noch zweimal, siedelte nach Amerika über und lebte vom Ruhm
einer königlichen Geliebten, die ein ganzes Staatswesen erschüttert hatte. In Vorträgen und Büchern schlachtete sie diese
Vergangenheit aus. Über Ludwig aber sagte sie nie etwas Schlechtes, wie auch dieser ihr (außer schlechten
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