Frauen, die Geschichte machten
Erscheinungsbild der rassigen Dame in verschiedene |187| Richtungen wiesen, und ordnete unverzüglich ihren Auftritt auf seinem Theater an. Auch spätere Polizeidossiers über das Vorleben
seiner neuen Favoritin ignorierte er.
Diese Dossiers geben Aufschluss über das Leben der Lola Montez, auch wenn einiges rätselhaft bleibt, denn Lola hatte viel
Mühe auf Retuschen an ihrer Biographie verwandt. Das begann schon mit ihrem Geburtsdatum, das mehrfach als 25. August 1818
angegeben wird, erstaunlicherweise war der 25. August auch der Geburtstag des Königs. Zufall? Glaubwürdiger ist die Angabe,
dass die schöne »Lolitta«, wie sie zuweilen in Ludwigs Liebesbriefen heißt, am 17. Februar das Licht keineswegs der spanischen,
sondern der irischen Welt bei Limerick erblickt hat; eine andere Quelle gibt Montrose in Schottland als Geburtsort an. Das
Geburtsjahr ist und bleibt unsicher: Vielleicht erst 1820 oder gar erst 1821, weniger wahrscheinlich 1823, wie Lola selbst
in ihren Memoiren mitteilt. Als gesichert kann gelten, dass ihr Vater ein angehender Offizier der britischen Armee namens
Gilbert war und die Mutter eine irische Putzmacherin kreolischer Herkunft, daher wohl die disparate Mischung ihrer Person.
Die junge Familie ging wegen beruflicher Versetzung des Vaters bald nach Indien, wo das Mädchen nach eigener Aussage sich
weitgehend selbst überlassen blieb. Das ungebundene Leben prägte sie nachhaltig, und es muss ein rechter Schock für Lola gewesen
sein, als sie mit etwa zehn Jahren zur Erziehung nach England zurückgeschickt wurde. Immerhin vermochte sie sich so weit anzupassen,
dass sie passabel Fremdsprachen beherrschen, munter Konversation treiben und leidlich Klavier spielen lernte. Mit 16 Jahren
stürzte sie sich 1837 in die Ehe mit einem Offizier namens Thomas James, mit dem sie wieder nach Indien ging. Dort ließ sie
sich mit einigen seiner Kameraden ein, wodurch ihr Ruf rasch ruiniert war. Die Ehe wurde alsbald geschieden. Ein Mann war
ihr längst nicht mehr genug, nachdem sie erfahren hatte, dass sie alle und von ihnen alles haben konnte. Einer finanzierte
ihr Reisen durch Europa, ein anderer eine Ausbildung als Tänzerin in Madrid.
Hier vervollkommnete sie ihr Spanisch und nahm den pompösen iberischen Namen an: Aus der geborenen Eliza Gilbert und geschiedenen
Mrs. James wurde Donna Maria Dolores mit dem Nachnamen Montez, den sie sich vom damals bekanntesten Torero des Landes lieh.
Wo immer sie auftrat, verdrehte sie den Männern die Köpfe, brach Herzen, löste Skandale und Duelle aus. Ausweisungen waren
keine Seltenheit. Die Polizeiakten waren voll von Eintragungen wie Attacke mit der Reitpeitsche, Niederreiten von Publikum,
Beleidigungen, Zechprellerei, Betrug, Unterschlagung. Ruinierte Gönner und Liebhaber pflasterten ihren Weg, auf dem sie auch
Berühmtheiten sammelte wie Franz Liszt, Vater und Sohn Dumas oder Victor Hugo.
Doch selbst wenn nur ein Bruchteil der Vorwürfe zutraf, es hätte allemal genügen müssen, den König zu warnen. Der aber hatte
den Kopf sogleich völlig |188| verloren, nachdem er angeblich schon bei der ersten Begegnung ihre körperlichen Vorzüge hatte überprüfen können. Nach eigener
Darstellung kam das so: Der König habe an der Echtheit ihrer Figur Zweifel durchblicken lassen, woraufhin sie zum Gegenbeweis
ihr Kleid vom Ausschnitt bis zur Hüfte geöffnet habe. Was Ludwig sah, muss jedenfalls solchen Eindruck gemacht haben, dass
es nun kein Halten mehr gab. Das Hoftheater hatte seinen Entschluss umgehend zu revidieren und Lola schon wenige Tage später
auftreten zu lassen.
Man gab einen Schwank mit dem beziehungsreichen Titel »Der verwunschene Prinz«. Die Tanzeinlagen übernahm Lola, die zum Erstaunen
des bayerischen Publikums ganz in Schwarz gekleidet erschien und zunehmend den König und auch die meisten Zuschauer zu fesseln
verstand. Was machte es da, dass Kritiker ihr Schrittfehler und unsauberen Vortrag der spanischen Tänze von Bolero bis Fandango
vorwarfen. Dass Lola nur noch dreimal auftrat, hatte damit sicher nichts zu tun, sondern eher mit der Eifersucht des Königs,
der seine Angebetete ganz für sich haben und nicht einmal mit dem Theaterpublikum teilen wollte. Wie weit er sich verrannt
hatte, war schon daran abzulesen, dass er ernsthaft glaubte, Lola erwidere seine Liebe. Dass es der atemberaubenden Frau immer
nur um ihren eigenen Vorteil ging, wollte er nicht sehen – trotz aller
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