Frauen, die Geschichte machten
Warnungen seiner Berater.
In ihren schon erwähnten Memoiren heißt es über ein Gespräch mit Ludwig über das, was Lola täte, wenn sie an seiner Stelle
die Macht in Händen hätte: Sie würde dann Krieg führen gegen alle, die sich ihr nicht beugten. Auch gegen ihn, den Bayernkönig?
Natürlich, habe sie geantwortet, denn kein Mann solle sich mächtiger dünken, als sie es sei. Ludwig fand diesen Anflug von
Größenwahn sicher allerliebst und sah sich darin bestätigt, dass ihm die Frau bestimmt nichts vormachte, die Frau, die er
in dieser Zeit so besang: »Lola Montez, der im Herzen / brennt des Südens Leidenschaft, / mit den Trieben, die im Lieben /
und im Hassen gleich an Kraft.«
Entsprechend ungeschminkt fielen seine Briefe an sie aus, die beweisen, dass Lola ihren Gönner auch in sexueller Hörigkeit
hielt. Einmal gerät Ludwig förmlich in Ekstase über einen Lippenabdruck der Geliebten unter einem Brief. Und ein andermal
bettelt er um Wiederholung dessen, was ihn neulich zweimal hintereinander so glücklich gemacht habe.
Biographen, die versucht haben, das Verhältnis als ein rein platonisches des Ästheten Ludwig zur Venus Lola zu deuten, haben
vor solchen Eindeutigkeiten die Augen verschlossen. Dabei muss auf diesen Punkt besonderes Gewicht gelegt werden, weil anders
kaum verständlich wird, in welchem Ausmaß sich Ludwig hat benutzen lassen und warum das zu einem nicht ganz unbedeutenden
Politikum werden konnte. König Ludwig geizte wahrlich nicht mit Gunstbeweisen, schenkte Lola ein Haus in München in der Barer
Straße Nr. 7, stellte |189| eine Kutsche zu ihrer freien Verfügung ab, bezahlte Dienerschaft und Einrichtung, beglich Rechnungen für allerhand Feste,
sorgte für erlesene Kleidung und kostbarsten Schmuck. Alles teuer, aber doch nicht so viel teurer als die Präsente für frühere
Mätressen. Und doch war bei Lola einiges anders, und deswegen machte die Geschichte schließlich Geschichte.
Lola war keine Einheimische und noch dazu höchst übel beleumundet. Die bayerischen Landsleute, die Fremden gegenüber wenig
freundlich gesonnen waren, bezeichneten sie schon bald nur noch verächtlich als »das Mensch«. Polizeidirektor Freiherr von
Pechmann wusste, dass der König für Vorwürfe gegen seine »allerschönste Frau« taub bleiben würde. Er wandte sich daher direkt
an die Tänzerin, konfrontierte sie mit einem brisanten Dossier, das seine Beamten angefertigt hatten, und bot ihr 50 000 Francs Abfindung, wenn sie München freiwillig verlassen würde. Lola wies das brüsk von sich, und tags darauf war der Freiherr
nur noch Polizeidirektor a. D. Lola war in die Offensive gegangen, und ihr sollten noch andere zum Opfer fallen.
Sie verlangte nun vom König die Einbürgerung, damit sie nicht unversehens von den Behörden ausgewiesen oder anderen Schikanen
ausgesetzt werden konnte. Am besten wäre es, so empfahl sie Ludwig I., wenn sie dabei gleich in den Adelsstand erhoben würde,
damit die vornehme Gesellschaft sie nicht weiter ignorieren durfte, wie sie es bisher demonstrativ getan hatte. Auch er würde
davon profitieren, denn dann hätte das Naserümpfen über seine ständigen Besuche in der Barer Straße ein Ende. Diese Besuche
in aller Öffentlichkeit erzeugten zunehmend reichlich Unmut unter dem Volk, sodass der preußische Geschäftsträger besorgt
nach Berlin meldete, die »Heiligkeit der Person des Monarchen« nähme bereits Schaden durch diesen »Teufel ohne Hörner und
Schweif«, wie Lola in einem wütenden Flugblatt apostrophiert wurde.
Der König spurte, der Staatsrat nicht. Es fand sich keine Mehrheit für die Einbürgerung der teuren Besucherin, obwohl Ludwig
drohend die Stirn runzelte. Der Überbringer der schlechten Nachricht, Regierungspräsident Hormann, hatte denn auch sogleich
viel Zeit, über die Launen seines Herrn nachzudenken, der ihn mit sofortiger Wirkung in den Ruhestand schickte. Der hoch konservativen
Regierung des seit 1837 amtierenden Ministerpräsidenten Abel selbst ging es nicht besser, als den König am 9. Februar 1847
eine Ermahnung des soeben berufenen Papst Pius IX. erreichte. Dahinter konnte nur Abel stecken, das erkannte Ludwig ganz richtig.
Folglich wurde seine Regierung durch ein willfährigeres »Kabinett der Morgenröte« ersetzt, das dann auch brav die Einbürgerung
genehmigte. Ein schwerer Fehler, wie sich zeigen sollte, denn es beraubte den König eines starken Mannes, den er in den
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