Frauen, die Geschichte machten
der Thronfolge oberste Priorität bei Eheschließungen hatte, durch die hohe Kindersterblichkeit aber
häufig bedroht war.
Und weil man gerade in der Ewigen Stadt weilte, wo Otto I. wieder einmal hatte nach dem Rechten sehen müssen, nahm der Papst
am 14. April 972 höchstpersönlich die Trauung in Sankt Peter vor, damals eine fünfschiffige Basilika und noch nicht der imposante
Kuppelbau, den wir heute kennen. Die Reichsfürsten akzeptierten nach Ottos Entscheidung Theophanu als Braut für seinen Sohn
ohne Murren, denn Otto hatte die Großen des Reiches längst gezähmt. Anfangs hatten ihm vor allem seine näheren Verwandten
das Regieren mit Intrigen, Revolten und Verschwörungen schwer gemacht, weswegen Otto sich mehr und mehr auf die geistlichen
Fürsten gestützt hatte. Sie konnten ihre Macht ja nicht vererben und waren daher loyaler als weltliche Territorialherren.
Doch auch sie konnte der Kaiser für sich gewinnen, nicht zuletzt durch militärische Erfolge und seine persönliche Autorität.
Bildung hingegen war nicht seine Stärke, weshalb er Theophanus Kultiviertheit umso mehr schätzte.
Dass sie in seinem Sohn Otto II. einen ebenbürtigen Partner bekam, dafür allerdings hatte er schon gesorgt. Anders als bei
ihm selbst, der erst spät und dann auch nur unvollkommen Lesen und Schreiben gelernt hatte, war bei der Erziehung des Thronfolgers
nichts versäumt worden. Braut und Bräutigam konnten sich fließend auf Lateinisch verständigen, damals eine Weltsprache wie
heute Englisch. Auch die reich geschmückte Heiratsurkunde war natürlich in dieser Sprache abgefasst, und ein besonderer Passus
galt der künftigen Kaiserin, die ausdrücklich als
consors regni
, als Teilhaberin an der Herrschaft, und
coimperatrix
, Mitkaiserin, bezeichnet wurde. Zunächst einmal bedeutete das freilich nur so viel, wie ihr der Ehemann an Mitsprache einzuräumen
bereit war, wenn er denn erst einmal den Thron bestiegen haben würde.
Das schien auf absehbare Zeit nicht der Fall zu sein, weil sich Otto I. einer schier unverwüstlichen Gesundheit erfreute.
Er schenkte seiner Schwiegertochter weite Gebiete seines Reiches von Istrien bis nach Walcheren, der Insel in der Mündung
der Schelde, dazu Abteien und Pfalzen. Schon aufgrund dieses Besitzes hatte Theophanu eine starke Stellung, die noch dadurch
gefestigt wurde, dass ihr Bräutigam in der Heirat offenbar mehr sah als einen politischen Handel. Theophanu und er waren von
nun an unzertrennlich, selbst dann, wenn eine der vielen Schwangerschaften das Reisen für sie beschwerlich machte. Und gereist
werden musste fast pausenlos und auch schon gleich nach der Hochzeit.
Die Herrschaft musste immer wieder durch persönliche Anwesenheit des Herrschers bestätigt und gefestigt werden. Kernland des
Reiches blieb Deutschland, wohin es nun in vielen Tagesreisen über die Alpen ging. Unterwegs hieß es, Kontakte pflegen, Klöster
inspizieren, Einnahmen sichern und Gericht halten, wo immer Konflikte lokaler oder regionaler Art aufgebrochen waren. Theophanu
bekam schon jetzt intensiven Anschauungsunterricht im Regieren |69| nach sächsischer Art, und das sah sehr anders aus als der byzantinische Zentralismus, der in ihrer alten Heimat betrieben
wurde.
Und auch das Land, das es zu regieren galt, dürfte die junge Frau in erhebliches Erstaunen versetzt haben. Kaum etwas von
den Kulturschätzen Ost-Roms, nichts von der hoch entwickelten städtischen Infrastruktur Konstantinopels war hier zu finden.
Stattdessen unendliche unwirtliche Wälder und Moore, einsame Gehöfte, weit verstreute Dörfer und nur sehr wenige Städte. Rheinabwärts
ging es zur Pfalz Ingelheim, wo der Kaiser Hof hielt und Reichsangelegenheiten wie die Vergabe von Bistümern regelte. Dann
zog er mit seinem Tross weiter nach Frankfurt und beging dort das Christfest. Bei günstiger Wetterlage brach er schließlich
in seine sächsischen Stammlande auf und war zu Ostern in Quedlinburg, wohin er alle seine Vasallen und Verbündeten zu einem
Hoftag zusammengerufen hatte. Vielleicht hat sich Theophanu bei dieser Gelegenheit erstmals ein wenig heimisch gefühlt, denn
anders als auf den kargen Stationen der Reise fehlte es hier an nichts, nicht zuletzt, um die kaiserliche Macht zu demonstrieren.
Unter den Gästen waren ja auch die Herrscher Polens und Böhmens, Ungarns und Dänemarks, die sich ihrerseits mit prachtvollen
Geschenken in rechte Licht zu setzen suchten. Und zu
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