Frauen, die Geschichte machten
geblieben. Die Werke der ottonischen Kunst belegen
das, die so reich nur in einer Zeit des Friedens und der Inspiration durch Theophanus byzantinische Impulse hatten gedeihen
können. Schon die Zeitgenossen bewunderten die Kaiserin. Der Geschichtsschreiber Thietmar von Merseburg (975–1018) staunte
vor allem darüber, dass eine aus dem »schwachen Geschlecht« sich derart hatte behaupten können:
|74| »Sie wahrte«, heißt es da, »ihres Sohnes Herrschaft mit männlicher Wachsamkeit in ständiger Freundlichkeit gegenüber Rechtschaffenen,
in Furcht gebietender Überlegenheit gegenüber Aufsässigen.« Ein gut gemeintes Kompliment, obschon nicht sonderlich galant
und wohl auch nur bedingt zutreffend. »Männlichkeit« war sicher nicht das entscheidende Erfolgsrezept, sondern gerade die
weibliche Note, die den germanischen Völkern letztlich wohl den entscheidenden Vorteil gegenüber der abgelebten Männerkultur
des römischen Imperiums brachte.
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Eleonore von Aquitanien
Idol der Troubadoure
|76| Das 12. Jahrhundert, hohes Mittelalter, die Romanik in voller Blüte, die Gotik kündigt sich an. In den Städten regt sich das
Bürgertum. Es ist die große Zeit des Rittertums, des Minnesangs, der Kunst der Troubadoure und die der höfischen Epik. Vor
diesem Hintergrund spielt sich das Leben der Eleonore von Aquitanien ab, und nicht nur ist sie tief hinein verwoben in diese
Welt, sie hat sie auch mitgestaltet, als Idol unzähliger Dichter und Sänger, als Gönnerin und Förderin der Literatur und nicht
zuletzt auch als Politikerin, die in manchen Dingen mehr Weitblick bewies als ihre männlichen Gegenspieler. Ihr Einfluss auf
das Weltgeschehen beschränkt sich nicht auf Liebesaffären – auch wenn mancher Romanautor das gerne so sehen möchte.
Eleonore von Aquitanien, geboren um 1122, tritt als Fünfzehnjährige im Jahr 1137 ins Licht der Geschichte. In diesem Jahr
verheiratete man sie mit dem französischen Thronfolger Ludwig VII., der nur ein Jahr älter war als sie. Es war eine dynastische,
wie damals unter Fürstenhäusern übliche Ehe, als man Kinder schon im zarten Alter zu Mann und Frau erklärte, um Besitz zu
sichern oder zu mehren oder politischen Allianzen sichtbare Form zu verleihen. Die Gründe für die Verbindung lagen auf der
Hand. Sieben Jahre zuvor war Eleonore durch den Tod ihres Bruders zur Alleinerbin geworden. Ihrem Vater Herzog Wilhelm X.
kam es darauf an, sein Land, dem stets Gefahr durch gierige Nachbarn und aufsässige Vasallen drohte, unter ein sicheres Dach
zu bringen. Da empfahl sich sein Lehensherr, der französische König, damals Ludwig VI., der seinen Sohn Ludwig VII. als Bräutigam
vorstellte. Für das Königtum, dem eine bedeutende Hausmacht fehlte, kam das reiche und üppige Aquitanien als willkommene Gabe.
»Süßes Aquitanien«, heißt es in einem zeitgenössischen Loblied, »du bist reich an saftigen Weiden und prächtigen Wäldern,
quillst über von Früchten und wirst durch deine Weinberge süß wie Nektar.« Zum Besitz der Herzöge von Aquitanien gehörten
die Guyenne und die Gascogne, die Grafschaften Poitiers, Saintes und Bordeaux sowie die Oberlehensherrschaft über weitere
Territorien. Ihre Macht erstreckte sich über ein Gebiet, das 19 der heutigen 96 französischen Départements umfasste.
Im Jahr 1137 gediehen die Dinge zur Reife, es war sogar Eile geboten. Wilhelm X., ein Mann von gewaltigen Körperkräften, gesegnet
mit einem unverwüstlichen Appetit und eigentlich strotzend vor Gesundheit, wurde während |77| einer Pilgerreise nach Santiago de Compostela von einer Krankheit niedergeworfen und starb am 9. April, gerade einmal 38 Jahre
alt, in dem spanischen Wallfahrtsort. Seine Untertanen erfuhren davon zunächst nichts, Boten brachten die Nachricht aber nach
Paris, wo König Ludwig VI. sofort handelte. Die gewünschte Hochzeit fand am 25. Juli in Bordeaux statt. Danach überstürzten
sich die Ereignisse: Sechs Tage später, am 1. August, starb auch Ludwig VI. Als die Brautleute in Paris eintrafen, hatten
beide keine Väter mehr – die Königskrone wartete auf sie.
Durch einen tödlichen Unfall seines älteren Bruders Philipp war Ludwig VII. zum Thronfolger geworden; er, der eigentlich sein
Leben hinter Klostermauern, den Wissenschaften gewidmet, zubringen wollte. Die Umstände verlangten von ihm nun kraftvolles
Handeln. Es galt, Adelsrevolten und Städteaufstände niederzuschlagen, auch und
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