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Frauen, die Geschichte machten

Titel: Frauen, die Geschichte machten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Barth
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Pfälzer
     Erbe. Sie interessierte sich plötzlich für Truppenbewegungen, las Feldzugsberichte und schrieb unaufhörlich Briefe in alle
     Richtungen.
    Die älteren Söhne Karl Ludwig und Ruprecht versuchten sich als Truppenführer, vorerst allerdings ohne Erfolg. In der Schlacht
     von Vlotho an der Weser 1638 erlitten sie mit ihrem von England bezahlten Heer eine schwere Niederlage gegen die Kaiserlichen,
     Ruprecht geriet sogar in Gefangenschaft. Er kam drei Jahre später frei und verdingte sich danach im königlich-englischen Heer,
     das gegen die Truppen des Parlaments kämpfte. Später führte er als Admiral der royalistischen Flotte einen Kaperkrieg gegen
     die puritanische Republik. Die jüngeren Söhne, Moritz, Eduard und Philipp, machten der Mutter unaufhörlich Schwierigkeiten.
     Sie lebten über ihr Verhältnisse und verstrickten sich in Raufhändel und Duelle, die man in dem von jungen Adligen überschwemmten
     Den Haag jederzeit haben konnte. Elisabeth schickte die jungen Leute deshalb auf Bildungsreise nach Paris. Eduard immerhin
     heiratete eine vermögende Erbin, konvertierte aber zum Entsetzen der Mutter und ließ sich in Holland nicht mehr sehen. Moritz
     schloss sich seinem seefahrenden Bruder Ruprecht |144| an. Nur Philipp kehrte nach Den Haag zurück. Als er den Stallmeister seiner Mutter im Streit erschlug – er verdächtigte ihn,
     unerlaubte Beziehungen zu ihr oder zu einer seiner Schwestern zu unterhalten –, verschwand er ins Ausland und nahm dort Kriegsdienste
     an.
    Harmonischer gestaltete sich das Zusammenleben mit den Töchtern. Sie bildeten mit ihrer Mutter eine Gemeinschaft, die auf
     die Haager Gesellschaft und die vielen Reisenden, die sich in der Stadt aufhielten, höchst anziehend wirkte. Gelehrte und
     Künstler hielten sich gerne am Witwensitz der »Winterkönigin« auf.
    Als der Dreißigjährige Krieg 1648 mit den Friedensschlüssen von Münster und Osnabrück beendet wurde, schien auch für die pfälzische
     Sache die Stunde gekommen. »Restitution«, Wiedereinsetzung in die früheren Rechte, das war es, womit Elisabeth fest rechnete.
     Aber das Ergebnis fiel mager aus. Restituiert wurde nur die Unterpfalz, das Land am Rhein. Die Oberpfalz blieb bei Bayern.
     Zwar erhielt ihr ältester Sohn Karl Eduard die Kurwürde (Maximilian von Bayern durfte seine behalten, es wurde zu den bisher
     sieben Kurwürden eine achte geschaffen), aber sein Land war zerstört und entvölkert und musste mühsam wieder aufgebaut werden.
     Karl Eduard ließ seine Familie wissen, sie solle vorerst in Holland bleiben.
    Es wurde daraus eine Verlängerung des Exils um mehr als zwölf Jahre. Finanziell war Elisabeth schlecht gestellt. Die Zuwendungen
     aus England waren immer spärlicher geflossen. Dem Parlament in London lag wenig an der Pfalzgräfin in Den Haag, es bekämpfte
     den absolutistischen Herrschaftsanspruch des Stuartkönigs Karl I. und verspürte keine Neigung, den Hofstaat von dessen Schwester
     im fernen Holland zu finanzieren. Im Januar 1649 erlangte der Kampf seinen blutigen Höhepunkt: Karl wurde zum Tod verurteilt
     und hingerichtet. Für die europäischen Herrscherhäuser ein Fanal. Elisabeth in Den Haag kannte jetzt nur noch einen Feind:
     die englische Republik und ihren Führer Oliver Cromwell. Eine Rückkehr nach London war ihr verbaut, Geld kam von dort nicht
     mehr. Ihr letzter Gönner, Lord Craven, wurde 1650 enteignet. Auch die Niederlande, denen an guten Beziehungen mit England
     gelegen war, mochten sie nicht mehr unterstützen.
    1654 war Elisabeth so weit, dass sie einer Übersiedlung nach Heidelberg inklusive einer wenig komfortablen Unterbringung im
     Schloss zustimmte. Doch bevor sie abreisen konnte, erschienen die Gläubiger, um ihre Habe in Beschlag zu nehmen. Ein Termin,
     den die niederländische Regierung anberaumte, offenbarte ungeheuerliche Schulden, die aus den Einkünften der Pfalz niemals
     zu bezahlen sein würden. Elisabeth hatte sich um Geldangelegenheiten nie gekümmert, und soviel sie auch an politischer Reife
     gewonnen haben mochte, an sparsames Haushalten hatte sie sich nicht gewöhnen können. Die Umsiedlung fiel aus, Elisabeth blieb
     in Den Haag. Die Regierung setzte ihr eine Pension von |145| tausend Gulden jährlich aus, die ausschließlich für Lebensmittel ausgegeben werden durften, und jedes Jahr aufs neue beantragt
     werden mussten.
    Dazu kamen persönliche Tiefschläge. Die Töchter verließen eine nach der anderen das Haus der Mutter, um

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