Frauen lügen
es eine persönliche Racheaktion. Das ist doch Unsinn. Ist die Polizei wirklich überzeugt davon, dass es Brandstiftung war?«
»Ich glaube schon. Und das verunsichert mich am meisten, das kannst du dir vielleicht vorstellen.«
»Dann komm zurück nach Hamburg. Du hast dich auf der Insel ja immer verfolgt gefühlt. Ist doch kein Wunder, wenn dieses Gefühl jetzt stärker wird.«
»Ich brauche noch eine Weile. Man kann nicht immer weglaufen, verstehst du das nicht?«
»Jetzt tu bitte nicht so, als hätte ich dich jemals daran gehindert, deine Erinnerungen zu pflegen. Wer hat denn diese Luxushütte in Kampen gekauft? Das habe ich doch nur für dich getan …«
»Das ist Quatsch, Jonas, und das weißt du auch.«
»Okay, lass uns nicht darüber streiten. Viel wichtiger ist die Frage, ob die Versicherung zahlen wird. Kannst du das einschätzen?«
»Nicht wirklich. Aber ich habe mein Möglichstes getan, um den Vertreter um den Finger zu wickeln. Ich denke, er ist uns wohlgesonnen – und das ist noch vorsichtig ausgedrückt.«
»Bravo! Dann kannst du ja zurückkommen. Oder wie lange willst du noch bleiben? Ich würde dich auch abholen, aber im Moment ist hier wirklich viel los. Dieser blöde Anschlag ist echt im schlechtesten Augenblick gekommen.«
»Ich weiß, was du um die Ohren hast. Und glaub mir, ich wäre lieber bei dir. Aber ein paar Tage musst du mir noch lassen. Dann komme ich.«
»Okay. Nur melde dich ab und an. Wenn ich mir Sorgen um dich machen muss, dann zehrt das zusätzlich an meinen Kräften – und die brauche ich für anderes.«
»Ich weiß. Entschuldige bitte. In ein paar Tagen bin ich wieder da, versprochen.«
»Ich verlass mich drauf. Mach’s gut.«
»Du auch.«
Erleichtert unterbricht Susanne Michelsen die Verbindung. Das ging ja besser, als sie erwartet hatte. Leise entriegelt sie die Badezimmertür wieder und geht mir beschwingten Schritten die Treppe hinunter. Wie zu erwarten sitzt Fred immer noch im Strandkorb. Die Einzelteile der
Zeit
hat er in weitem Kreis um sich verstreut. Als er ihre Schritte hört, murmelt er unkonzentriert: »Setz dich doch zu mir. Mit einem leichten Pulli kann man es hier gut aushalten.«
Freitag, 19 . August, 8.40 Uhr,
Elbchaussee, Hamburg
Fred schämt sich. Gleichzeitig aber ist er fest davon überzeugt, das Richtige zu tun. Sehr früh an diesem Morgen hat er sich von Sanne verabschiedet, die sich schlaftrunken seufzend in seinem Bett umdrehte und murmelte: »Kannst du diesen blöden Termin nicht verschieben? Du bist doch freier Schriftsteller, dir kann keiner was. Und wir beide haben schließlich gerade erst wieder zueinandergefunden.«
»Geht nicht, Sanne, tut mir leid. Aber gegen sieben heute Abend bin ich wieder bei dir, versprochen.«
»Ich bleibe solange im Bett und warte auf dich«, versprach sie und schlief weiter.
Fred gönnte sich einen letzten Blick auf ihren halb entblößten Körper und verließ anschließend leise die Wohnung. Sein Ziel war Hamburg, so weit hatte er die Wahrheit gesagt, doch gab es dort keinen Termin. Es geht Fred bei seinem Kurztrip um Sanne selbst, besser gesagt, um ihren Ehemann. Denn sosehr sich Fred auch über Susannes wiedererwachte Zuneigung freut, und er hat wahrlich wenig Ursache, an deren Echtheit zu zweifeln, so wundert ihn doch ihr Umgang mit ihrem Mann. Sie tut seit zwei Tagen so, als sei es völlig unproblematisch, dass sie praktisch bei Fred wohnt, hat lediglich einmal etwas von offener Ehe gemurmelt, ein anderes Mal gemeinsame Projekte erwähnt und dann wieder von Scheidung gesprochen. Doch das alles ist so nebenbei geschehen, dass Fred stutzig wurde. Seine Journalistennase sagt ihm, dass Sanne nur die halbe Wahrheit erzählt hat. So easy, wie sie die Sache darstellt, kann sie gar nicht sein. Irgendetwas ist faul an der Geschichte. Und das will Fred nicht erst erfahren, nachdem er sich mit Haut und Haaren auf die Affäre eingelassen hat. Er fühlt sich definitiv zu alt, um sich ungeschützt verletzen zu lassen.
Darum hat er sie gestern beim Telefonieren belauscht.
Und weil das, was er dabei hören musste, nicht gerade geeignet war, ihn zu beruhigen, ist Fred jetzt hier. In Hamburg, an der Elbchaussee. Er sitzt am Steuer eines Leihwagens in der Parkbucht einer Bushaltestelle – nur wenige Meter von der abweisenden Einfahrt von Jonas und Susanne Michelsens Villa entfernt. Es herrscht der übliche Verkehr auf der Straße, alle vorbeifahrenden Wagen haben schnurrend leise Motoren und die
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