Frauen lügen
Wohnungstür nähert, hört er draußen die Stimme der zierlichen Kommissarin: »Jetzt mach hier nicht solchen Druck, Bastian, der Typ ist auch ohne dich schon vollkommen fertig.«
»Stimmt genau«, sagt Fred, als er die Tür öffnet. Die Schöne errötet leicht, der andere gestattet sich ein Grinsen.
»Immerhin haben Sie aufgemacht, Herr Hübner. Wir müssen nämlich noch einmal mit Ihnen reden.«
»Ich kenne Sie vom vorletzten Jahr, oder?«
»Ganz recht. Bastian Kreuzer, Kriminalhauptkommissar.«
»Das Walross, sieh einer an«, murmelt Fred und geht den beiden voran in den Wohnbereich.
»Was haben Sie gesagt?«
»Nichts von Belang. Setzen Sie sich doch. Ich habe nämlich auch ein paar Fragen an Sie.«
Während sich der Kommissar aufs Sofa wirft, sieht die Schöne sich gründlich um.
»Sagen Sie mal, Herr Hübner, haben Sie seit gestern Abend irgendetwas gegessen?«
»Sehe ich so aus, als sei mir nach großen Gelagen zumute?«
»Nein, natürlich nicht, aber Sie müssen ein bisschen auf sich aufpassen. Es hilft niemandem, auch Susanne Michelsen nicht mehr, wenn Sie sich selbst zerstören.«
»Wie kommen Sie denn darauf, dass ich das vorhabe?«
»War nur so eine Idee. Haben Sie es vor?«
»Weiß ich noch nicht. Und mit Ihnen werde ich das ganz bestimmt nicht diskutieren.«
»Soll ich Ihnen etwas zu essen machen? Darf ich mal einen Blick in Ihren Kühlschrank werfen?«
»Ist die immer so bossy?«, wendet sich Hübner an ihren Kollegen.
»Nur wenn sie jemanden mag«, ist die Antwort.
»Kaffee wäre gut – und ein Joghurt vielleicht«, lenkt Fred ein.
Die Schöne nickt und macht sich ans Werk. Fred lässt sich wieder auf den Sessel fallen, das Leder ist noch warm von seiner nächtlichen Sitzung. Bevor er von neuem in dumpfes Brüten verfallen kann, beginnt die Kommissarin das Gespräch.
»Ich bin gerade am Dorfteich unterwegs gewesen, und dann habe ich mich in die Parkbucht gestellt, wo am Dienstag der Pritschenwagen gebrannt hat. Wussten Sie, dass man genau von dieser Stelle aus Ihre ganze Terrasse im Blick hat?«
»Wusste ich nicht, wozu sollte das auch gut sein?«
»Das will ich Ihnen sagen. Vielleicht hat an diesem Abend jemand etwas auf Ihrer Terrasse beobachtet, was ihn oder sie wütend gemacht hat.«
»Sie meinen, ein eifersüchtiger Gatte könnte Susanne und mich gesehen haben?«
»Zum Beispiel. Waren sie denn an dem Abend gemeinsam auf der Terrasse?«
»Ja. Susanne wollte allerdings der Polizei nicht begegnen, darum war sie oben, als Ihre Kollegen kamen …«
»… und wir konnten den Zusammenhang zwischen den beiden Anschlägen nicht herstellen«, vollendet das Walross den Satz.
»Jetzt bin ich schuld, ja?«
Wütend lässt Fred seine Faust auf den Sessel hinabsausen.
»So war das nicht gemeint«, beschwichtigt das Walross.
»Sie meinen also, dieser Michelsen hat seine eigene Frau umgebracht?«, flüstert Fred.
»Wir wissen es nicht. Aber wir sind sehr optimistisch, dass sich das bald ändern wird. Mit Ihrer Hilfe.«
»Ich weiß doch auch nichts.« Fred Hübners Stimme klingt weinerlich.
»Das denken Sie vielleicht. Aber es ist ganz sicher nicht so. Und es ist der einzige Dienst, den Sie Susanne Michelsen noch erweisen können: Helfen Sie uns, ihren Mörder zu finden.«
Fred macht eine abwehrende Handbewegung.
»Wann wird sie begraben? Und wo?«
Der Blick, den die beiden Ermittler wechseln, entgeht ihm nicht. Lauernd beobachtet er sie. Es ist schließlich die Schöne, die das Schweigen beendet.
»Noch ist der Körper nicht freigegeben.«
»Susannes Eltern liegen beide hier auf dem Friedhof«, stöhnt Fred. »Von meiner Terrasse aus können Sie einen Stein zur Kirche hinüberwerfen. Sagen Sie mir bitte nicht, dass man meine tote Liebe direkt vor meiner Haustür begraben wird.«
»Herr Hübner, das haben nicht wir zu entscheiden. Aber wir werden sicher vom Ehemann informiert werden, und dann sorgen wir dafür, dass auch Sie es erfahren. Ich weiß nur nicht, ob es so eine gute Idee wäre, wenn Sie am Begräbnis teilnehmen würden …«
Das Walross versucht, Fred eindringlich anzusehen. Für Fred wirkt es, als habe ein Panzertier einen depressiven Anfall. Die Schöne, die mittlerweile drei Tassen Kaffee gemacht hat, kommt jetzt zu ihnen. Als sie Fred einen der Becher reicht, fragt sie leise: »Hat Jonas Michelsen sich bei Ihnen gemeldet?«
»Nein. Warum sollte er?«
»Er denkt, Sie hätten seine Frau getötet«, schaltet sich ihr Kollege wieder ein.
»Woher wollen Sie
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