Frauen lügen
Jonas. Und damit hat man sie jetzt erschossen. Aber wo sich das abgespielt hat, das errätst du nie.«
»Du wirst es mir gleich erzählen, nehme ich an.«
»Die keusche Susanne hatte einen Liebhaber, und nicht irgendwen. Es war dieser Skandaljournalist Fred Hübner, darunter hat sie es wohl nicht gemacht. Und bei dem lag die Schnepfe gestern Abend plötzlich tot in der Wohnung.«
»Reiß dich zusammen, ja. Du redest von der Frau meines Chefs.«
»Ich hab sie nie gemocht, das weißt du.«
»Ich finde nicht, dass wir das jetzt erörtern sollten. Wie geht’s Jonas?«
»Beschissen, kannst du dir ja vorstellen. Das kommt jetzt alles an die Öffentlichkeit. Und weißt du, was das Schärfste ist?«
»Na?«
»Wie’s aussieht, verdächtigen sie ihn.«
»Wer ist ›sie‹? Die Polizei?«
»Wer denn sonst.«
»Und was machen wir jetzt?«
»Abwarten. Kann ja für uns nur noch besser werden, meinst du nicht?«
»Stimmt eigentlich. Aber mach jetzt keinen Fehler, hörst du?«
»Keine Sorge, ich benehme mich. Ich weiß ja, was auf dem Spiel steht …«
Samstag, 20 . August, 7.45 Uhr,
Kriminalkommissariat Westerland
»Mann, war das eine Nacht! Erst dieser durchgeknallte Hotelier und dann die Frühschicht auf dem Autozug«, stöhnt Bastian Kreuzer leise, während er versucht, die Kaffeemaschine mit seinen Blicken zu hypnotisieren. »Sag mal Sven, kann es sein, dass die Maschine dringend entkalkt werden muss? Bis die eine poplige Kanne fertig hat, haben die Schwarzen in Guatemala schon eine halbe Plantage abgeerntet.«
»Lass dich bloß nicht bei solchen Sprüchen erwischen.«
»Warum? War doch politisch vollkommen korrekt. Ich hätt’s auch anders ausdrücken können. Weißt du übrigens, wo Silja gestern Abend die Ergebnisse hingetan hat?«
»Welche Ergebnisse? Ist mir da was entgangen?«
»Okay, viel wird’s nicht gewesen sein. Wenn am Freitagabend jemand umgebracht wird, dann hat der Mörder schon mal grundlegend was richtig gemacht. Bis wir an die nötigen Infos aus den anderen Behörden kommen, ist es Montagmittag und der Täter über alle Berge.«
»Was du nicht sagst. Aber warte mal …« Sven Winterberg nimmt ein Blatt mit handschriftlichen Notizen von seinem Schreibtisch und hält es hoch. »Das ist doch Silja Handschrift, oder?«
»Sieht ganz so aus. Lies vor, dann kann ich die Maschine melken.«
Während Bastian den tiefschwarzen Kaffee in zwei Becher füllt und gründlich süßt, überfliegt Sven Siljas Notizen.
»Die Hälfte hat sie uns gestern schon am Handy erzählt, als wir unterwegs nach Hamburg waren. Die Michelsen wurde durch einen einzigen gezielten Kopfschuss getötet. Die Munition ist mit ziemlicher Sicherheit aus ihrer eigenen Sig gekommen. Die Dinger gibt’s nämlich nicht wie Sand am Meer. Sie sind teuer, um die dreitausend steht hier. Sie werden in Handarbeit hergestellt und sind entsprechend selten. Aber das weißt du ja wahrscheinlich.«
»Allerdings. Mit einer Sig Sauer rennt jedenfalls der durchschnittliche Meuchelmörder ganz bestimmt nicht durch die Gegend. Damit geht die Wahrscheinlichkeit, dass Opfer und Täter zufällig die gleiche Waffe besaßen, gegen Null.«
»Sehe ich auch so.« Sven Winterberg vertieft sich wieder in Silja Blancks Notizen. »Relevante Fingerabdrücke gab es nicht, nur von Hübner und der Toten und der Putzfrau vom Hübner. Dazu noch ein paar unbekannte Spuren an so exotischen Stellen wie der Deckenlampe oder dem Abflussrohr im Badezimmer. Vermutlich also Handwerker. Außerdem zwei oder drei an der Handtasche. Das kann der Mörder, kann aber auch eine Verkäuferin gewesen sein.«
»Oder der holde Gatte. Beziehungsweise der ermittelnde Beamte. Beim nächsten Mal hältst du entweder die Pfoten still oder du ziehst Handschuhe über, nur dass wir uns verstehen.«
»Sorry, soll nicht wieder vorkommen.«
»Hier, dein Kaffee. Trink erst mal. War das jetzt alles?«
»Nicht ganz. Kannst du dich an die beiden Handys in Susanne Michelsens Tasche erinnern?«
»Klar. One for my baby, one for the road. War’s nicht so?«
»Nein. Das eine Handy gehört Susanne Michelsen. Das andere ist unter dem Namen
Marie Nussbaum
registriert. Na, klingelt’s?«
»Die Hamburger Schauspielerin?«
»Bingo. Silja hat gestern Abend gleich nach der Vorstellung mit ihr telefoniert und sie bestreitet energisch, Susanne Michelsen jemals getroffen zu haben. Kann sich überhaupt nicht erklären, wie ihr Handy in deren Handtasche gekommen ist. Sie hat es nämlich vor zehn
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