Frauen lügen
Tagen oder so auf einer Parkbank vergessen. In Hamburg.«
»Sagt sie.«
»Genau. Klingt ja auch total plausibel. Wahrscheinlich ist es dann ganz von allein nach Sylt in die Handtasche der Michelsen geflattert.«
»Vielleicht hat sich die Michelsen auf dem Flohmarkt mit Hehlerware eingedeckt.«
»Sehr lustig.«
»Tja, dann haben wir es hier wohl mit einer ersten Spur zu tun. Spürst du schon das Adrenalin in deinen Adern, Sven?«
»Bei mir ist da nur Müdigkeit – und Koffein. Kann es übrigens sein, dass du es mit dem Kaffeepulver ein bisschen übertrieben hast? Die Brühe ist ja pechschwarz!«
»Na, das bisschen Koffein wirst du doch wohl aushalten.«
»Hoffen wir’s. Aber weiter im Text: Willst du raten, wo Silja diese Nussbaum aufgetrieben hat?«
»Mach’s nicht so spannend, Kollege.«
»Obwohl sie mit ihrem Mann eine Villa in Blankenese besitzt, hält sie sich offenbar gewohnheitsmäßig in einer Suite im
Hampton
auf. Das ist eins der drei Hamburger Design-Hotels, die zu Michelsens Besitz gehören.«
»Wie ist Silja denn darauf gekommen?«
»Hat im Theater angerufen, und die haben ihr umstandslos die Durchwahl ins Hotel gegeben.«
»Sauber. Und datenschutztechnisch völlig unbedenklich. Dann sollten wir so schnell wie möglich herausfinden, was die Familien Nussbaum und Michelsen so alles verbindet.«
»Ich wollte eigentlich so schnell wie möglich ins Bett.«
»Wegen der einen durchwachten Nacht? Schlappschwanz!«
»Das nimmst du sofort zurück, sonst erzähle ich dem Staatsanwalt, dass du ein Verhältnis mit der Kollegin Blanck hast«, feixt Sven, während er sich einen zweiten Kaffee einschenkt.
»Okay, ich nehme es zurück. Schließlich kann ich sehen, dass du an deinem Image arbeitest.« Grinsend deutet Bastian auf Svens Kaffeebecher.
»Was bleibt mir übrig. Du bist schließlich der Boss. Übrigens, da wir gerade von ihr sprechen: Wo ist Silja eigentlich?«
»Im Bett.«
»Quatsch.«
»Schade, ich dachte, du glaubst es. Nein, im Ernst, ich habe keine Ahnung. Ihr Handy ist abgeschaltet und zu Hause erreiche ich sie auch nicht.«
»Machst du dir Sorgen?«
»Noch nicht.«
Samstag, 20 . August, 8.15 Uhr,
Dorfteich, Wenningstedt
Langsam läuft Silja auf dem Fußweg um den Dorfteich herum. Es ist schon ihre dritte Runde und der Hundebesitzer, dem sie bereits zweimal begegnet ist, hat ihr mehrere irritierte Blicke zugeworfen. Außer ihnen beiden ist um die frühe Stunde hier niemand unterwegs. Sogar die Jogger scheinen heute auszuschlafen. Allerdings lädt der kühle Morgen auch nicht unbedingt zu Outdoor-Aktivitäten ein. Es ist windig und feucht, aus dichten Wolken fällt leichter Sprühregen. Vor einer halben Stunde hat Silja bereits minutenlang an der Stelle gestanden, an der am Dienstag der Pritschenwagen gebrannt hat, und dabei eine interessante Entdeckung gemacht. Von dort aus kann man ungehindert auf die Terrasse von Fred Hübners Apartment sehen. Zu gern wüsste Silja, was es an dem betreffenden Abend vielleicht zu beobachten gegeben hat. Aber Hübner konnte sie bisher nicht fragen. Er scheint noch zu schlafen, jedenfalls hat er auf ihr Klingeln nicht reagiert. Also setzt Silja zu einer weiteren Runde an. Unter ihrer Regenjacke trägt sie einen warmen Pullover, so dass ihr das ungemütliche Wetter nichts anhaben kann.
Sie hat ihr Handy abgeschaltet, obwohl das gar nicht gern gesehen wird, aber sie braucht jetzt unbedingt ein paar ungestörte Minuten, um noch einmal alle Details des Falls Revue passieren zu lassen: Die drei Brände in der vergangenen Woche, an Susanne Michelsens Rantumer Hotel, am Bahnhof in Morsum und schließlich am Dorfteich. Und dann die tödlichen Schüsse auf die Hotelerbin, ebenfalls hier am Dorfteich. Bei zwei der drei Orte besteht also zumindest eine Verbindung. Wie aber passt das harmlose Wartehäuschen ins Bild? Und wird es erst einen weiteren Vorfall geben müssen, damit sich der Zusammenhang klärt? Wo können Sven, Bastian und sie selbst ansetzen, um möglichst vorher hinter die geheimen Verbindungen zu kommen?
Silja geht noch einmal alle Fakten durch. Dreimalige Brandstiftung, die ersten beiden Brände lagen zeitlich so nah beieinander, dass von einem einzigen Täter auszugehen ist. Die letzten beiden Brände hatten leicht zu erreichende Ziele, was auch auf denselben Täter hindeutet. Ist dieser angenommene dreifache Brandstifter jetzt zum Mörder geworden? Und wäre dann die These von einer politisch motivierten Tat noch haltbar? Musste
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