Frauen rächen besser: Roman (German Edition)
Tätigkeiten herangezogen werden, bei denen sie lächeln müssen.«
Mit ein bisschen gutem Willen wäre das doch ein Klacks! Und dabei verdient man nicht einmal gut, dafür, dass man täglich Gesundheit und körperliche Unversehrtheit aufs Spiel setzt.
Normalerweise sollte es doch so sein, dass sich jemand, der einen ordentlichen Beruf hat, eine Putzfrau leisten kann. Bei diesem Job ist es aber genau umgekehrt: Eine ordentliche Putzfrau könnte sich eine Call-Center-Telefonistin leisten. Tatsache.
Und ich weigere mich zu glauben, dass die da oben nicht wissen, welche Dramen sich tagtäglich in unserer Gesellschaft abspielen. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass die unserem Marketing-Fuzzi an der Uni den guten Rat mit auf den Weg gegeben haben: »Die mit den ungünstigen Namen werden nach ein paar Jahren faltig, aber solange die Kunden das nicht sehen, stört es nicht. Und wenn sie Ihnen zu sehr auf den Wecker fallen, tauschen Sie sie eben gegen ein paar Glatte aus!«
Ich weiß, ich hätte damals an die Öffentlichkeit gehen sollen. Ich bin mir sicher, eine Welle der Empörung wäre durch das Land gegangen, und die damalige Regierung hätte das nicht überlebt. Andererseits bin ich ein eher vorsichtiger Mensch, und wir alle kennen die Geschichten über Leute, die den Mächtigen ans Bein pinkeln wollten und dann feststellen mussten, dass es sich mit einem Zentner Beton an den Füssen nicht gut schwimmt – Rettungsschwimmerausbildung hin oder her.
Meine Devise lautete daher: »Rette deine Haut, Kleines!«, und gleich am nächsten Tag marschierte ich ins Büro des Marketingheinis und schleuderte ihm ein verächtliches »Mein Gesicht kriegen Sie nicht!« entgegen. Der war dermaßen erschrocken darüber, dass ich das System durchschaut hatte, dass ihm gar nichts darauf einfiel, und ich rauschte mit all der Verachtung, zu der meine Kehrseite fähig war, wieder davon.
Natürlich habe ich in weiterer Folge daran gedacht, meinen Namen zu ändern – mir schwebte da etwas vor, womit ich den bereits angerichteten Schaden wieder gutmachen konnte: Rosa Sokol zum Beispiel oder Olga Molotow –, aber dann erkannte ich, dass eine diszipliniertere Lebensweise auch ihren Zweck erfüllen würde.
Und seit damals beachte ich Folgendes: Lächeln nur noch selten, und richtiges Lachen überhaupt nur noch in Grenzsituationen – wenn zum Beispiel Sharon Stone wieder einmal behauptet, sie würde sich niemals unters Messer legen.
Anfangs war das gewöhnungsbedürftig, aber mit der Zeit funktionierte es ganz gut. Und das Wenig-Lächeln hat noch einen Zusatzeffekt: Wenn man das konsequent betreibt, hat man mit der Zeit weniger Freunde, und damit fallen wieder eine Menge Situationen weg, in denen man sonst lachen müsste.
Einsam, aber glatt. Probieren Sie es ruhig aus!
Schließlich hatte ich fast alles, was ich für meinen Urlaub brauchte: Klamotten, Bräune und die Gewissheit, alle Sorgen – in meinem Fall Robert – los zu sein.
Fehlte eigentlich nur noch eins: frisch gebleichte Beißerchen.
Das ist echt praktisch heutzutage, man lässt sich Zahnschienen anfertigen, schmiert eine farblose Paste drauf und stopft sich die Dinger für zwei Stunden in den Mund. Danach hat man Zähne, da könnte man mit Denzel Washington um die Wette strahlen, und der Witz daran ist, dass damit sogar Leute, die zu faul zum Zähneputzen sind, so aussehen, als würden sie ihr halbes Monatsgehalt für Zahnseide, Munddusche und oszillierende Zahnbürstenaufsätze ausgeben.
Aber aufgepasst: Zähnebleichen kann nicht nur bequem sein, sondern auch blitzartig zu einem Bekanntheitsgrad führen, der in dieser Form gar nicht erwünscht ist.
Der Haken an der Sache sind nämlich diese Zahnschienen oder vielmehr der Umstand, dass man sie zwei Stunden im Mund lassen muss. Weil nämlich genau dann, wenn du die Dinger in deinem Mund platziert hast, unweigerlich ein Anruf kommt. Die ersten Male bist du noch unerfahren und gehst automatisch ran. Die Geräusche, die du dann von dir gibst, sind natürlich nicht die deutlichsten – da hilft der beste Rhetorikkurs nichts –, und du kannst von Glück reden, wenn dein Gesprächspartner cool genug ist, um nicht gleich das Schlimmste anzunehmen. So wie damals meine Freundin Klara Schönbaum, die – obwohl gemütsmäßig gar nicht dafür geeignet – leidenschaftliche Zuschauerin von »Aktenzeichen XY« gewesen war.
»Heike, um Gottes Willen, bist du überfallen worden?! Hat man dich geknebelt?«, bekam ich gerade noch
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