Frauen sind auch nur Männer (German Edition)
Regen, obwohl sie keinen Schirm haben.
Ich habe an dieser schönen Geschichte einer Freundschaft zwischen Mensch und Tier zum Trotzen gegen die Naturgewalten das Wort »zagen« gelernt, das ich früher nur in Verbindung mit »zittern« kannte, nämlich »mit Zittern und Zagen«. Anfangs hielt ich das für zwei Musikinstrumente, da ich aber nie einer Zage begegnet bin, wusste ich eines Tages, es muss das Verb sein. Zittern und zagen. Bei Mozart bin ich dem Verb noch einmal begegnet, wo der Held Belmonte singt: »Nur ein feiger Tropf verzagt.« Seit der Zeit weiß ich, was ein Tropf ist und warum man daran hängt.
Inzwischen weiß ich, dass der Neger mit Gazelle ein Palindrom ist, was Griechisch ist und heißt: »das Zurücklaufende«. Palindrome wie der »Sarg«, der von hinten auch »Gras« ist, der »Reliefpfeiler« oder gar die schöne bittersüße Hoffnung: »Die Liebe ist Sieger: Rege ist sie bei Leid.« Einfacher für olle Römer: Roma – Amor!
Man kann von Palindromen lernen. Zum Beispiel die Warnung: »Leg in eine so helle Hose nie ’n Igel!« Ich beherzige das auch für dunkle Hosen. Und ich habe Gourmet-Vorlieben kennengelernt: »Hermine, sie mag Ameisen im Reh.« Das ist Geschmackssache.
Nun aber droht meinem Neger mit der Gazelle das endgültige Aus, der Todesstoß durch die politische Korrektheit, jetzt, da es dem »Neger« und »Mohren« im »Struwwelpeter«, bei Astrid Lindgren und bei Wilhelm Busch sprachlich an den Kragen geht. Hermine darf weiter Ameisen im Reh mögen, aber die Freundschaft zwischen Neger und Gazelle, ähnlich innig wie die zwischen Hase und Igel und Kind und Kegel, ist dahin. Das anmutige Tier muss alleine dem Regen trotzen, denn der Afroamerikaner oder Afroeuropäer, der Schwarze oder Farbige könnte sie zwar begleiten, aber alle ehemaligen Kolonialbevölkerungen passen in kein Palindrom mehr. Ist das auch gut so?
16 . Februar 2013
Ein Königreich für ein Pferd
Aber bitte nicht aus der Tiefkühltruhe! Warum so viel Ekel vor Lasagne? Einst kamen selbst Esel und Maultier in die Wurst
»Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm«, sagte man in Zeiten, als die DNA -Analyse noch in weiter Zukunft lag und man die Verwandtschaft noch durch den freien Fall ermittelte. »Der (Pferde-)Apfel fällt nicht weit vom Ross«, hieß es entsprechend kalauernd, als man noch mit ein bis acht Pferdestärken reiste. Es ist nicht ohne Ironie, dass die Gebeine von Shakespeares berühmtestem Schurken, dem buckligen Richard III ., ausgerechnet unter einem Parkplatz gefunden wurden. Hieß doch sein letztes geflügeltes Wort: »Ein Pferd, ein Pferd, mein Königreich für ein Pferd!«, bevor er vom Feind erschlagen und die Herrschaft der Plantagenets in den Rosenkriegen endete.
Nun klingt das schon abenteuerlich, wie man den DNA -Nachweis von Richard voraus in die Gegenwart verfolgen konnte, oder besser: »zurück in die Zukunft«. Ein Neffe des mordwütigen Gewaltherrschers, der damals alle lebenden Neffen und Frauen im Tower verfaulen oder durch das Schwert umkommen ließ, lebt, in der siebzehnten Generation, als kanadischstämmiger Michael Ibsen in London. Ibsen, auch nicht schlecht. Bei dem norwegischen Dramatiker waren die Königsdramen Shakespeares längst auf das Niveau bürgerlicher Gespenster gesunken, wo sich die Schuld der Väter in bösen DNA -Spuren (bei Ibsen Folgen der Syphilis und des Inzests, dem auch schon Richard frönte) niederschlägt.
Was man da heute alles rausfindet! So ist Isabella von Medici ( 1542 – 1576 ) nicht aus Eifersucht von ihrem Mann bei Tisch vergiftet worden, sondern, wie man soeben herausfand, an schwerer Nierenkrankheit gestorben. Nierennachweis nach fast fünfhundert Jahren. Mit heutiger Wurst wäre das nicht so einfach. So muss Fleischwurst nur acht Prozent Muskelfleisch enthalten, das nachweisbar ist, und das Pferd, das Richard so sehr fehlte und das jetzt in der Lasagne aufgetaucht ist, hat einen weiten historischen Weg genommen. Während sich alle Tiefkühltruhen-Feinschmecker vor Ekel schütteln, weiß ich aus der guten alten Zeit, dass die edelste italienische Wurst, die Salami, und ihre ungarische Verwandte, aus grobgehacktem Schweinefleisch faschiert wurden, das mit Pferde- oder Eselsfleisch gemischt und mit Knoblauch gewürzt wurde – damit es nicht mehr nach Pferd und Esel roch. Mein altes Lexikon von 1902 übrigens lässt eine andere italienische Köstlichkeit, die Mortadella, die nicht nach dem Tod, sondern nach dem Myrtengewürz benannt ist,
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