Frauen sind auch nur Männer (German Edition)
lassen.« Oder auch: »Augenscheinlich werden wir mit unserer Getreideernte dieses Jahr im Rückstand bleiben, der Landmann wird daher wohl daran tun, die Maiskolben und die Buchweizenkuchen schon im Juli statt im August zu pflanzen.« Schließlich: »Jetzt beim Eintritt des warmen Wetters beginnt der Gänserich zu laichen.«
Mark Twain schwadronierte auch über diverse Obstsorten: »Der Kürbis ist eine Lieblingsbeere der Eingeborenen von Nordamerika. Bei der Bereitung von Obstkuchen zieht man ihn sogar der Stachelbeere vor. Die ist vorteilhafter als die Himbeere zum Füttern der Kühe, da sie mehr füllt und stopft und ebenso nahrhaft ist.«
Mark Twain wurde von wütenden Lesern leiblich bedroht, das Redaktionsmobiliar zertrümmert, sechs Fensterscheiben wurden eingeschlagen und er rausgeworfen. Deshalb blieben Reich-Ranicki und ich bei unserem Leisten und verrannten uns nicht in die Landwirtschaft.
16 . März 2013
Kardinäle pfeifen nicht
Weißer Rauch und Glockenschlag, Handy oder SMS – wie eine Nachricht am schnellsten in die Welt kommt
»Der Schornstein muss rauchen«, sagte man im Nachkriegsdeutschland, als das Wirtschaftswunder begann. Der Schornstein der Sixtinischen Kapelle, ein Rohr mit einem Dach, raucht nur während der Papstwahl. Den Kardinälen ist dabei jede andere Verbindung zur Außenwelt abgeschnitten. Ich bin sicher, dass sie auch ihre Handys abgeben müssen oder dass die Mauern Handy-funkdicht sind.
Rauchzeichen sind neben den Buschtrommeln die älteste Form der Nachrichtenübermittlung, zu der den christlichen Kirchen noch die Glocken zur Verfügung stehen. Sie rufen laut Motto von Schillers »Glocke« die Lebenden, beklagen die Toten und brechen die Blitze, sind also Feuermelder der christlichen Welt.
Der Raucherzeuger der Sixtinischen Kapelle ist ein Kanonenofen, wie er seit Menschengedenken funktioniert und im Vatikan seit 1939 seinen Dienst tut. Ich kenne einen solchen noch aus meiner Kindheit, er hat unten ein Türchen und oben ein Rohr nach außen, man musste Papier unten über dem Rost zusammenknüllen, darüber Holzspäne mit dem Messer von einem Holzscheit lösen, kreuz und quer drüberlegen, dann einen Fidibus machen aus Papier oder einem noch dünneren Span und das Feuer in Brand setzen. Auf diese Brenngrundlage waren die Scheite geschichtet – wie auf dem Scheiterhaufen der Inquisition. Auch bei den Lokomotiven meiner Kindheit gab es weißen Wasserdampf und schwarzen Kohlerauch, der durch den Schornstein ins Freie quoll. Mit weißem Rauch (Dampf) konnte der Zug pfeifen, aber das machen die Kardinäle nicht.
Die Verfärbungen des Rauchs aus dem Papstwahl-Ofen wurden folgendermaßen erzeugt: Man stopfte den Ofen mit Stroh und Werg und zündete das an. Dazu hat man im Vatikan ja auch das Ewige Licht. Sollte der Rauch nach gescheitertem Wahlgang schwarz werden, so machte man das Stroh nass und vermischte es mit Pech. Seit 2005 hat hier leider auch die moderne Chemie zugeschlagen. Für schwarzen Rauch nimmt man Kaliumperchlorat, Anthracen und Schwefel (also fast dasselbe Brennmaterial wie der Teufel in der Hölle), für weißen Rauch Kolophonium, Kaliumchlorat und Laktose. Dazu dröhnen die Glocken des Petersdoms. Der Rauch wird auf dem Petersplatz gesehen, also in der Stadt, und wurde früher durch reitende Boten aus der Stadt über den Erdkreis verbreitet. Urbi et orbi.
Eine modernere Nachrichtenübertragung erfolgt per Handy und SMS . Als Karl-Theodor zu Guttenberg seinen Rücktritt bekanntgab, stieg kein schwarzer Rauch aus dem Verteidigungsministerium. Angela Merkel erfuhr es per SMS . Das Bild dazu ist inzwischen historisch. Die Kanzlerin lächelte zufrieden und zeigte das Display ihrer Nachbarin Annette Schavan, die erst grinste und sich dann fernschämte. Das hat auch sie den Kragen gekostet. Weil sie verdrängt hatte, das sie im Glashaus saß. Schadenfreude ist keine christliche Tugend.
23 . März 2013
Schnee von gestern, heute und morgen
Wenn das Wetter in Hamburg aus dem Rahmen fällt. Erinnerungen an einen Winter, in dem viele Menschen merkwürdig gut gelaunt waren
1929 schrieb Kurt Tucholsky einen Sprachführer »Deutsch für Amerikaner«, also für Touristen in Berlin, der natürlich satirisch gemeint war. Schon bei der Ankunft heißt es: »Eingang verboten. Ausgang verboten. Durchgang verboten.« Und »Rauchen verboten. Parken verboten. Durchfahrt verboten.« Auch sonst hat das kleine Werk ewige Gültigkeit. Unter »Konversation« wird angeführt:
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