Frauen sind auch nur Männer (German Edition)
wissen inzwischen, wie Revolutionen wirklich ausgehen. Schiller, Ehrenbürger der Französischen Revolution, wandte sich von deren entfesselt blutrünstigen Folgen schaudernd ab. Es ist wahr, unerträgliche Zustände werden beseitigt und kommen
so
nicht wieder.
So
nicht!
Aber meistens noch schlimmer. Auf die Französische Revolution folgte der Jakobiner-Terror, Blutbäder in der Gironde und in Lyon, die Guillotine wütete in Paris. Napoleon wurde Kaiser und Diktator, der mit seinen Armeen Europa verwüstete. Delacroix malte in Wahrheit die Folgerevolution: die von 1830 . Die berühmte Oktoberrevolution (auch für sie gibt es ein pathetisches Gemälde von Wladimir Serow, in dem Lenin den Massen den Weg weist) verwandelte sich in eine der furchtbarsten Repressionskatastrophen der Menschheit mit Millionen unschuldiger Opfer in Russland, in China, in den Satellitenländern, die an Hunger und in Arbeitslagern starben. Eine Folge des französischen intellektuellen Revolutionsradikalismus war Pol Pot auf den Spuren von Maos grässlicher Kulturrevolution.
Pol Pot schaffte sogar das Geld als Wurzel allen Übels ab und mordete wahllos Millionen. Was waren wir erleichtert, als der Schah von Persien und seine anachronistisch-korrupte Pfauenthron-Regierung stürzte. Was sind wir bedrückt, wenn wir auf Khomeini und die Folgen heute blicken. Das Sprichwort sagt: Die Revolution frisst ihre Kinder. Sie ermordet auch ihre Kindeskinder und betrügt Generationen um ihr Leben. Aber vielleicht mag man sich mit dem Schweizer Historiker Ernst Meyer trösten, der konstatierte: »Das Einzige, was die Geschichte uns lehrt, ist, dass sie uns nichts lehrt.«
26 . Februar 2011
Der nackte Wahnsinn
Am aktuellen Beispiel von Muammar al-Gaddafi – wer schützt die Welt vor dem grausigen Ende ihrer Herrscher?
Das Fernsehen brachte es an den Tag: Libyen ist die letzten vierzig Jahre von einem Geisteskranken regiert worden. Die Diagnose konnte jeder Laie stellen, sie war offenkundig. Da trat ein Herrscher, ein Diktator, vor die Kameras, einmal kroch er wie ein ängstlich verschrecktes Tier aus einer Höhle, mit gespanntem und vorgehaltenem Regenschirm, sprach wirr, kurz, aggressiv zuckend, schreckhaft in die Enge getrieben.
Das zweite Mal bellte er sein Volk an, drohend, schwenkte nervös und fahrig Papiere, wie ein erdfarbener Derwisch eingehüllt, griff nach dem Wasserglas, das ihm aus dem Off gereicht wurde, und drohte und verfluchte wirr seine Untertanen als Drogensüchtige, Ratten, Verhetzte. Der Schrecken, der von ihm ausging, war der, dass er noch als Schlächter zwischen seinen Untertanen wüten konnte. Niemand konnte ihn bremsen, niemand ihm in den Arm fallen, ihm die Zwangsjacke anlegen. Er stand in einer zerbombten Kulisse.
Und mir fiel Hitler im Hof der Reichskanzlei ein, von dem damals nur seiner Umgebung offenbar war, dass der Diktator nicht bei Sinnen war, wahnsinnig war, sein Volk und die Welt, die Juden testamentarisch verfluchte, Geisterarmeen herbeifaselte und Wutanfälle bekam, die mit weinerlichen Szenen endeten.
Und da fiel mir ein, von wie vielen Herrschern ihre Zeitgenossen das Allerschlimmste zu fürchten hatten, weil sie nicht mehr Herr ihrer Sinne waren. Lenin zum Beispiel, der Diktator und Kriegsherr der Räterevolution, der in den letzten Monaten seiner Herrschaft, von mehreren Schlaganfällen gezeichnet, nur noch mühsam einsilbige Wörter aussprechen konnte und der die Aufgabe, die ihm seine Ärzte gestellt hatten, zwölf mit sieben zu multiplizieren, nur durch dreistündige Addition zu lösen vermochte. Sein Nachfolger Stalin, der elend starb, weil er aus krankhaftem Misstrauen eine jüdische Ärzteverschwörung gewittert hatte, nur von Kurpfuschern umgeben war, die ihm Blutegel anlegten. Mao Tse-tung, an ALS erkrankt, war ein hilflos ohnmächtiger Spielball der Kamarilla seiner Frau. Und Jelzin, der Präsident der russischen Befreiung, war so alkoholkrank, dass er gegen Ende seines Lebens nicht wusste, auf welchem Flugplatz er gelandet war.
An die Antike, wo Caligula sein Pferd zum Senator machte und wo Nero Rom anzündete, nur um es an seiner Laute zu besingen, muss man gar nicht denken. Oder an Berlusconi und Bunga-Bunga – aber das ist ein anderer Fall.
2 . April 2011
Das hybride Auto
Das Wort »hybrid« hatte für mich lange Jahrzehnte eine Bedeutung, die aus der griechischen Antike stammte. Es war das Adjektiv zum Substantiv »hybris« und definierte die Selbstüberhebung des Menschen als Frevel,
Weitere Kostenlose Bücher