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Frauen und Bücher: Eine Leidenschaft mit Folgen (German Edition)

Frauen und Bücher: Eine Leidenschaft mit Folgen (German Edition)

Titel: Frauen und Bücher: Eine Leidenschaft mit Folgen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Bollmann
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sein«, schreibt er an Bodmer, als wollte er Franz Kafkas demütige Leisetreterei hundertfünfzig Jahre vorwegnehmen. Um dann aber unvermittelt die Frage anzuschließen: »Wie weit wohnen Mädchens Ihrer Bekanntschaft von Ihnen, von denen Sie glauben, dass ich einigen Umgang mit ihnen haben könnte?« Erklärend fügt er hinzu: »Das Herz des Mädchens ist eine große, weite Aussicht der Natur, in deren Labyrinthen ein Dichter oft gegangen sein muss, wenn er ein tiefsinniger Wisser sein will.« Und zuletzt geheimnisvoll, von Mann zu Mann: »Nur dürften die Mädchens ja nichts von meiner Geschichte wissen; denn sie möchten sonst, vielleicht sehr ohne Ursache, zu zurückhaltend werden.«
    Der Konflikt ist programmiert; es ist, noch vor dem Sturm und Drang, der erste Generationenkonflikt in der deutschen Literatur, exemplarisch für die vielen, die ihm folgen werden. Bodmer erwartet einen fleißigen, ganz in seinem Werk aufgehenden, gelehrigen Bewohner des Elfenbeinturms, und es kommt ein geselliger, gut aussehender und zu Scherzen aufgelegter Jüngling, dem Poesie vor allem Erlebnis bedeutet, der keine Party auslässt und mit seinem Charme die Mädchenherzen erobert. Schon bald ist er der Mittelpunkt der Züricher Gesellschaft. Der Arzt Dr. Hans Caspar Hirzel und der Kaufmann Hartmann Rahn laden ihm zu Ehren eine gemischte Gesellschaft aus jungen Männern und gleich vielen, in der Regel unverheirateten Damen zu einer »Lustschifffahrt« auf dem Züricher See ein. Das ist im sittenstrengen Zürich etwas Außerordentliches, nur durch die Anwesenheit des berühmten Dichters zu rechtfertigen, wodurch der Ausflug einen zusätzlichen Reiz gewinnt. »Die Hausherrin unseres Doktors wird für den Helden des Festes bestimmt sein und wird versuchen, ihm ihre Reize so abwechslungsreich wie möglich darzubieten«, heißt es in dem an Klopstock gerichteten Schreiben. Die einigermaßen frivole Begründung für diese Maßnahme: Sie soll davor schützen, dass Klopstock mit den anderen jungen Frauen anbändelt. Gelingt es Madame Hirzel, den Dichter an sich zu binden, »um so besser für sie; erreicht sie das nicht, um so besser für unsere Mädchen«. Keine Frage, dass Klopstock ohne Zögern zusagt, sehr zum Verdruss seines Züricher Gastgebers Bodmer. Dieser kommt gar nicht erst mit; eine Spaßbremse wie ihn kann man an diesem Tag, der Besonderes verspricht, aber auch nicht gebrauchen. Die Bootsfahrt auf dem Zürichsee ist dann der Anfang vom Ende der Freundschaft zwischen dem Theoretiker der Literatur und dem überschwänglichen Poeten.
    Der Ausflug dauert von fünf Uhr in der Früh bis zehn Uhr abends, Sonnenaufgang und Sonnenuntergang eingeschlossen sowie ein Frühstück im Landhaus der Eltern eines Teilnehmers, Mittagessen in einem Gasthof, bei dem man auch gehörig dem Wein zuspricht, und ein Picknick auf einer Halbinsel, wo die Gesellschaft den Sonnenuntergang genießt. Natürlich rudern die jungen Damen und Herren nicht selbst; dafür sind Schiffer, für das leibliche Wohl Bedienstete zuständig. Die Vertraulichkeit der Ausflugsgesellschaft wächst mit der Fröhlichkeit, ernstere Themen wie die Erziehung der Kinder weichen Scherzen, Gesang und Gelächter. Was die literarischen Darbietungen angeht, greift Klopstock auf das bewährte Programm zurück, das ihm schon auf der Elbinsel neben Tränen die verliebten Blicke der an seinen Lippen hängenden Zuhörerinnen eingebracht hat. Dieses Mal aber versteckt er sich nicht mehr hinter den Sonnenschirmen und Röcken, sondern inszeniert sich selbstbewusst als Mittelpunkt der illustren Schar. Die dem Dichter als Herzensdame erkorene Frau Hirzel, deren »vielsagende« blaue Augen er einer Erwähnung für wert befindet, stimmt im Laufe des Ausflugsvergnügens »Doris« an, ein leicht anzügliches Rokoko-Gedicht. Klopstock wird ihr beizeiten dennoch untreu, weil es ihm die siebzehnjährige Mademoiselle Schinz mit ihren unvergleichlich schwarzen Augen mehr angetan hat. Die ganze Zeit über weicht er nicht von ihrer Seite und küsst sie immer wieder.
    Die leidenschaftlichen Empfindungen, von denen Klopstocks Verse handeln, lösen in Verbindung mit seinem Verhalten bei den Ausflüglern anfangs Verlegenheit aus. Doch dann unterbricht einer aus der Gesellschaft das Schweigen und meint, nirgends habe er noch »die platonische Liebe so prächtig geschildert gesehen«. Mit dieser »gelehrten Anmerkung« handelt er sich indes den heftigen Widerspruch des jungen Dichters ein, der behauptet, »ganz

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