Frauen verstehen mehr von Liebe
verreist?« fragte sie ihn.
»Das ist immer ein Problem«, antwortete er. »Ich habe zwar ein paar Leute an der Hand, die ihn mir abnehmen, aber bis auf eine alte Dame stecken die alle auch in Berufen, von denen sie oft gezwungen werden, herumzukutschieren. Und mit der alten Dame macht er, was er will.«
»Könnte ich da mal einspringen?«
»Vera«, sagte er grinsend, »ich weiß genau, wie du zu dem Köter stehst – mit vollen Recht, betone ich. Deshalb wärst du die Allerletzte, der ich ihn zumuten würde.«
»Du könntest mich trotzdem in Anspruch nehmen. Für dich mache ich ja alles.«
»Lieb von dir, aber, wie gesagt, ich hoffe, nie darauf zurückkommen zu müssen.«
»Rufst du mich aus Frankfurt mal an?«
»Gerne. Dann mußt du mir aber deine Telefonnummern geben, sowohl die vom Geschäft hier als auch deine private.«
Vera schrieb ihm beide auf einen Zettel, den er einsteckte.
»Jetzt muß ich aber gehen«, sagte er dann, und automatisch lief Moritz, der diese Worte längst verstehen gelernt hatte, zur Tür.
Moritz hatte sich vorher nur gelangweilt. »Platz!« hatte ihm sein Herr befohlen, als die beiden hereingekommen waren in den Laden, und Moritz hatte sich die ganze Zeit nicht vom Fleck gerührt, hatte dies nicht einmal versucht. Der Vorhang im Hintergrund hatte ihn heute nicht interessiert. Das konnte nur darauf zurückzuführen sein, daß der Raum hinter dem Vorhang leer war.
Albert stellte an der Tür einen flüchtigen Versuch an, Vera zu küssen. Das Unternehmen mißglückte, da nicht nur auf Seiten Alberts der richtige Druck fehlte, sondern auch Vera sanften Widerstand leistete. Die verbale Begründung, die sie lieferte, lautete: »Nicht im Geschäft.«
So begnügten sie sich damit, sich die Hände zu schütteln.
»Und du glaubst«, fragte Albert als letztes, »daß mit der wirklich nichts zu machen ist?«
»Mit meiner Freundin?«
»Ja.«
»Nein, bestimmt nicht.«
»Normal ist die nicht, wie?«
»Ihr werdet doch noch eine andere auftreiben können?«
Er zuckte unsicher mit den Achseln.
»Wiedersehen«, sagte er. »Mach's gut.«
»Paß auf dich auf«, lächelte Vera, trat mit ihm auf den Bürgersteig hinaus und blickte ihm nach. Nach wenigen Schritten drehte er sich noch einmal um und winkte. Sie winkte zurück. »Ruf mich an!« rief sie ihm nach. Er nickte und hatte dann seine ganze Aufmerksamkeit auf Moritz zu richten, der ihm schon wieder weit voraus war.
Der Aufenthalt in Frankfurt dehnte sich aus, er nahm fast eine ganze Woche in Anspruch. Die Verhandlungen, die Albert Max zu führen hatte, erwiesen sich als schwieriger, als zu erwarten gewesen war. Albert rief deshalb Vera zweimal an, das erstemal abends, als sie schon zu Hause in ihrer Wohnung war. Sie freute sich sehr, daß er sein Versprechen hielt.
»Wo bist du gerade?« fragte sie ihn.
»In meinem Hotelzimmer. Warum?«
»Ich höre Musik.«
»Hier haben alle Zimmer Radio.«
»Bist du allein?«
»Nein«, lachte er, »bei mir befindet sich eine ganz heiße Frankfurterin.«
»Ich hoffe, du lügst.«
Er hatte nicht gelogen.
»Wie steht's denn umgekehrt?« fragte er. »Wer befindet sich bei dir?«
»Niemand.«
»Ich hoffe, du lügst nicht.«
Sie hatte gelogen.
Beide waren sie nicht allein. Veras Fall war aber doch ein anderer als der Alberts.
»Ich habe eine Bitte an dich, Vera«, fuhr Albert fort.
»Ja?«
»Ruf doch meinen Freund an. Ich habe es schon ein paarmal versucht, er meldet sich nicht, und morgen werde ich dazu überhaupt keine Zeit haben. Heute hat's auch keinen Zweck mehr. Wie ich ihn kenne, hockt er wieder in irgendeiner Kneipe herum und kommt erst spät nach Hause. Könntest du mir also helfen?«
»Aber natürlich. Sag mir seine Nummer, ich schreibe sie mir auf …«
Er gab sie ihr, sie notierte sie sich, dann fuhr er fort: »Sag ihm, daß ich ihn wieder mal bitten muß, sich um Moritz zu kümmern. Ich werde hier aufgehalten –«
»Du wirst aufgehalten?« unterbrach sie ihn.
»Ja, das wollte ich dir auch sagen. Es wird noch zwei, drei Tage länger dauern, bis ich zurückkomme …«
»Oh!« rief sie.
»Es läßt sich nicht ändern, Vera, es tut mir leid. Sag also Karl, daß er den Hund zu Bruckner nach Milbertshofen bringen muß. Mo …«
»Wohin?« unterbrach Vera erneut.
»Zu Bruckner in Milbertshofen … Bruckner wie Anton Bruckner, der große Musiker … Moritz befindet sich zur Zeit bei Hahn –«
»Wo?«
»Bei Hahn … Hahn wie der Gockel auf dem Mist. Karl weiß das schon, Vera,
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