Frauen verstehen mehr von Liebe
gegangen wären. Sie hatten sich deshalb entschlossen, den entscheidenden letzten Schritt nicht zu tun, behielten jedoch die angenehme Angewohnheit bei, von Zeit zu Zeit miteinander zu schlafen. Er hatte inzwischen eine andere zum Standesamt geführt, liebte diese sogar, schätzte aber auch die Abwechslung. Bei Vera hatte er damit bisher leichtes Spiel gehabt. Vera kämpfte zwar manchmal gegen sich selbst an, hatte aber dabei nur selten Erfolg. Ihr Verlangen nach Sex war einfach stärker als ihr Bestreben, ihm zu widerstehen.
»Conny«, sagte sie, auf das Telefon weisend, zu dem Mann, der ihr das Wohnzimmer vollqualmte, »weißt du, wer das war?«
»Dein Neuer, schätze ich.«
»Der Endgültige.«
»Gratuliere.«
»Deshalb bist du heute umsonst gekommen.«
»Vera«, stieß er baß erstaunt hervor, »du willst doch nicht sagen, daß du plötzlich nicht mehr an unserer entzückenden Gewohnheit festhalten willst?«
»Doch, das will ich sagen.«
»Vera!«
Vera schüttelte fest entschlossen den Kopf.
»Aber warum denn, Vera?«
»Weil ich ihn liebe, Conny.«
»Na und? Denkst du, daß ich meine Frau nicht liebe? Habe ich dir je etwas anderes gesagt?«
»Nein.«
»Na also«, nickte er, »deshalb kann doch das zwischen uns weitergehen.«
Conny drückte die halbe Zigarette, die er in den Fingern hielt, im Aschenbecher aus, erhob sich aus seinem Sessel, kam um den Tisch herum und setzte sich neben Vera auf die Couch. Er hatte eine sehr starke männliche Ausstrahlung. Auf Vera hätte aber nach ihrer Periode auch der Briefträger eine starke männliche Ausstrahlung gehabt. Das war nicht zu leugnen.
Conny legte seinen Arm um Veras Schulter.
»Ich will doch dem nicht den Platz in deinem Herzen streitig machen«, sagte er.
Es geht nicht um mein Herz, dachte Vera erbebend.
Conny, zwar noch ein relativ junger Mann, aber schon ein alter Fuchs, spürte das. Er küßte sie aufs Ohr. Vera erbebte noch stärker.
»Nicht, Conny«, bat sie ihn.
»Doch, Vera«, flüsterte er ihr ins Ohr, in das heiß sein Atem drang.
»Conny …«
»Vera …«
Connys Druck auf Veras ganzen Oberkörper wuchs.
»Nicht«, bat sie ihn ein letztes Mal.
»Doch …«
Vera sank hintenüber …
Das zweite Mal rief Albert um die Mittagszeit Vera im Geschäft an, erreichte sie jedoch nicht auf Anhieb.
Eine Damenstimme meldete sich: »Boutique Sonja … Bitte?«
»Tag, Vera«, sagte Albert. »Bist du erkältet oder was? Deine Stimme klingt anders.«
»Hier ist nicht Vera. Kann ich ihr etwas bestellen? Wer sind Sie denn?«
»Max.«
Einen Moment herrschte Stille, dann sagte die Dame, die nicht Vera war, merklich kühler: »Fräulein Lang ist noch bei Tisch. Sie müßte aber bald zurück sein. Versuchen Sie's doch in ein paar Minuten noch einmal.«
»Mache ich, danke … Hallo …«
Nichts.
»Hallo … Wer sind Sie denn?«
Die Leitung war tot.
Verärgert legte Albert Max auf. Er hatte den Eindruck, abgefertigt worden zu sein. ›Abgefertigt‹, ja, das war der richtige Ausdruck. Er mußte sich nicht fragen, von wem. Von der Besitzerin natürlich. In dem Laden dort, dachte er geringschätzig, wimmelt es ja nicht gerade von Personal. Wenn die einzige Verkäuferin zum Essen geht, muß die Chefin einspringen; eine zweite Verkäuferin steht ja in diesem Laden nicht zur Verfügung.
Laden? Das mußt du dir abgewöhnen, ermahnte er sich innerlich spöttisch. Das ist neuerdings kein Laden mehr – eine Boutique ist das, wie ich höre. Wundert mich, daß sie das nicht schon beim Start war. Bißchen verspätet, der Einfall …
Nach einer Zigarettenlänge rief er wieder an. Nun war Vera an der Strippe.
»Man hat mir gesagt, daß du's schon versucht hast«, erklärte sie.
Das wundere ihn aber, antwortete er.
»Was wundert dich?« fragte sie ihn.
»Daß man so freundlich war, dir das mitzuteilen.«
»Was hast du?« antwortete sie erstaunt. »Du sagst das so gereizt?«
»Gereizt ist übertrieben, aber überrascht hat mich die Art von der schon. Sag mal, ist die zu dir auch so?«
»Vom wem sprichst du?« fragte Vera vorsichtig.
»Von deiner Chefin.«
Erkannt hat er die also nicht, dachte sie und richtete danach ihr Gespräch ein.
»Ich kann mich über sie nicht beklagen, Albert.«
»Seit wann betrachtet sie sich denn als Besitzerin einer Boutique?«
Vera lachte.
»Seit gestern. Unser Schild ist schon umgeändert.«
»Was ich von dem ganzen Betrieb – wie immer ihr ihn nennt – halte, weißt du.«
»Wann kommst du zurück,
Weitere Kostenlose Bücher