Frauen verstehen mehr von Liebe
er kennt die Adressen alle. Das Ehepaar Hahn bekommt übermorgen Besuch von einem befreundeten Ehepaar mit zwei kleinen Kindern. Denen darf kein Hund in die Nähe kommen, aus hygienischen Gründen nicht, sagen die Eltern. Deshalb muß Moritz weg. Das Vieh treibt mich noch zum Wahnsinn. Ich dachte ja, da ich bis übermorgen längst wieder in München sein würde, dann hätte sich das ganze Problem nicht ergeben. Erledigst du den Anruf, Vera?«
»Ganz bestimmt, Albert.«
»In Zukunft werde ich mich damit sowieso nicht mehr belasten.«
»Was willst du denn machen?«
»Ich weiß nun, was mir, wenn ich zurück bin, mit dem Hund vorschwebt.«
»Was denn?«
»Eine Radikallösung.«
»Albert!« rief Vera. »Du kannst ihn doch nicht etwa töten lassen?«
»Warum kann ich das nicht? Du siehst ja, daß ich mich aus München nicht mehr herauswagen kann. Soll ich denn eher meinen Beruf wechseln?«
»Es gibt doch auch noch andere Möglichkeiten?«
»Vera«, wunderte sich Albert, »was ist plötzlich in dich gefahren? Seit wann schlägt dein Herz für diese Mißgeburt?«
»Das tut mein Herz gar nicht, im Gegenteil, ich verabscheue den Köter.«
»Dann sind wir uns ja einig und du begleitest mich, wenn ich ihn zum Abdecker bringe.«
»Niemals!«
Das war ein Aufschrei aus Veras Mund.
»Warum nicht, Vera? Wo bleibt deine Konsequenz?«
»Ach«, erwiderte sie, »bleib mir vom Hals mit deiner Konsequenz. Du sprichst mit einer Frau und nicht mit einem Mann. Das muß dir alles sagen.«
»Ihr seid alle gleich«, lachte er, wobei er zur Seite blickte. Er lag zugedeckt im Bett. Eng neben ihm räkelte sich unter der gleichen Decke eine Frau. Sie war nackt, wie er selbst auch. Ihre Hände wußten, wie sie's bei ihm anstellen mußten, daß er endlich aufhörte zu telefonieren. An sich störte es sie nicht, daß er mit einem Mädchen in München sprach. Sie sah in dieser keine Konkurrentin. Es war nur so, daß es ihr einfach zu lange dauerte. Sie liebte Albert Max nicht, sondern schlief nur gerne mit ihm, wenn er – egal aus welchen Gründen – nach Frankfurt kam und sie anrief. Sie war verheiratet, sogar gut verheiratet, leider aber war ihr Mann nicht mehr in der Lage, ihre Ansprüche im Schlafzimmer, die immer noch wuchsen, voll und ganz zu erfüllen. Was hätte sie also machen sollen? Die Überwindungskraft, sich selbst ein bißchen mehr auf Sparflamme zu setzen, besaß sie nicht und wollte sie auch gar nicht besitzen.
Ihre Hand fuhr zwischen Alberts Knie und glitt langsam an der Innenseite eines Oberschenkels hoch. Als die Finger ihr Ziel erreichten, stöhnte Albert auf.
Vera hatte gerade gesagt: »Interessieren würde es mich aber schon sehr, warum der Hund nicht bei deinem Freund Unterschlupf finden kann. Das wäre doch das Nächstlieg …«
Pause.
»Albert … warst du das?«
»Was?«
»Von dem dieser Laut im Hörer kam.«
»Welcher Laut?«
»Hast du das nicht gehört?«
»Nein.«
»Komisch … Dann muß ich mich getäuscht haben, oder es war wieder irgendeine Störung …«
»Du warst gerade dabei, mich zu fragen, warum Karl den Hund nicht nimmt …«
»Ja.«
»Das kann der nicht. Ihn besucht nämlich oft eine Katze aus einem der unteren Stockwerke, die ihm sein Atelier von Mäusen freihält. Und Moritz stürzt sich auf jede Katze, die er sieht. Dagegen bin ich einfach machtlos. Auch ein Grund, mich seiner zu entledigen.«
»Darüber sprechen wir noch, wenn du zurück –«
Kurze Pause.
»Da, das gleiche wieder, Albert. Das mußt du doch hören?«
»Nein«, sagte Albert, hustete und fuhr fort: »Aber jetzt muß ich Schluß machen, Vera. Mich will nämlich jetzt um diese Zeit heute noch ein wichtiger Mann anrufen, der das nicht dreimal versucht, wenn er nicht durchkommt. Das verstehst du doch?«
»Aber natürlich, Liebling. Warum hast du das nicht eher gesagt? Leg rasch auf. Ich küsse dich …«
»Ich küsse dich auch …«
»Mich küßt du jetzt, nicht die!« sagte eine geile Stimme neben Albert, als der Hörer auf der Gabel lag. »Und das soll erst der Anfang sein …«
Diese Entwicklung glich jener in Ottobrunn aufs Haar, nur hinkte letztere der in Frankfurt ein bißchen nach. Und Vera nahm an der in ihrer Wohnung auch mit etwas geringerer Begeisterung teil, als Albert an der in seinem Hotelbett.
Bei Vera befand sich ein alter Freund, der ganz überraschend bei ihr aufgetaucht war. Die beiden hatten einmal geglaubt, einander heiraten zu wollen, dann aber eingesehen, daß sie damit zu weit
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