Frauen verstehen mehr von Liebe
Vorläufig steht die Partie noch unentschieden, und die Frauen wissen nicht, welchem Diktat sie sich zu beugen haben.«
»Zuletzt doch wieder dem der Franzosen, schätze ich.«
»In Rom und Florenz werden die aber auch von Jahr zu Jahr stärker. Paris muß sich vorsehen.«
Vera blätterte weiter und stieß auf einen Bericht über ›Abenteuer-Reisen‹. Da krochen Leute in Höhlen herum.
»Nicht mein Geschmack«, sagte Sonja und verlor ihr Interesse an der Zeitschrift. Sie wandte sich ab und blickte durch die Scheibe der Tür hinaus auf die Straße.
»Aber das hier«, hörte sie nach einem Weilchen Vera hinter sich sagen, »das finde ich toll.«
»Was?« fragte Sonja über die Schulter.
»Segeln.«
»Segeln«, meinte Sonja mit erwachendem Interesse, »könnte auch mich reizen.«
Sie kam von der Tür zurück.
»Schau dir diese Bilder an, Sonja.«
Ausgezeichnete Fotos und spritzige Bildunterschriften, die von Fachleuten stammten, wirkten zusammen, um in den beiden Mädchen Entzücken zu erregen und ihnen Begeisterungsausrufe zu entlocken.
»Und ich Schaf«, sagte dann aber Vera plötzlich, »hätte beinahe abgelehnt.«
»Was hättest du beinahe abgelehnt?« fragte Sonja.
»Da mitzumachen.«
»Beim Segeln?«
»Ja.«
Sonja blickte Vera erstaunt an.
»Davon weiß ich ja gar nichts.«
»Das ist ja auch noch ganz neu. Interessierst du dich denn dafür?«
»Sehr.«
»Ich wurde dazu eingeladen und hätte dir das auf alle Fälle noch gesagt. Ich hätte mit dir sogar darüber sprechen müssen, weil ich gefragt wurde, ob du nicht auch mitmachen möchtest.«
»Ich?«
»Hättest du Lust?«
»Doch, doch. Sind das alte Bekannte von dir?«
»Alte Bekannte … nicht«, antwortete Vera zögernd.
»Wer denn?«
»Zwei Männer. Den einen habe ich zwar selbst noch nicht gesehen, aber den anderen kennst auch du.«
»Wen denn?«
»Max.«
Sonja starrte Vera an.
»Der?«
»Ja«, nickte Vera und setzte eifrig hinzu: »Max ist sein Familienname und nicht Vorname. Das hast du ihm doch angekreidet? Ich auch, aber damit haben wir ihm beide unrecht getan. Sein Vorname lautet Albert.«
Sonja schien vollständig verändert.
»Das weißt du schon alles, seit du mit ihm aus warst«, sagte sie unfreundlich. »Ich stelle fest, daß das Tempo, das du von Anfang an mit dem eingeschlagen hast, nicht langsamer geworden ist.«
»Sonja!« explodierte Vera. »Was geht dich das an?«
»Nichts, meine Liebe.«
»Dann streite nicht schon wieder mit mir über den!«
»Vera, ich will doch nur, daß du sozusagen sparsamer mit dir umgehst. So wie früher. Was ist plötzlich mit dir los? Ein Mädchen wie du hat es doch nicht nötig, sich einem an den Hals zu schmeißen.«
»Laß das meine Sorge sein. Im übrigen will ich dir verraten, daß ich auch früher nicht so ganz sparsam mit mir umgegangen bin, wie du dich ausdrückst. Und ich hatte mein Vergnügen dabei. Nimm das zur Kenntnis, meine Liebe.«
»Ich nehme es zur Kenntnis.«
»Mein Ausgang mit dem –«
»Euer Ausgang interessiert mich nicht«, unterbrach Sonja. »Du hast mir davon bisher nichts erzählt und ich habe dich auch nicht danach gefragt. Warum halten wir es nicht weiterhin so? Das wäre mir lieber.«
»Bitte, wie du willst. Ich hätte ja auch nicht davon angefangen, weil das nun wirklich meine Privatangelegenheit ist. Ich wurde aber gebeten, die Einladung zum Segeln an dich weiterzureichen. Daß sich das als Schlag ins Wasser erweisen wird, war mir von vornherein klar, und ich habe das Albert auch angekündigt.«
»Hoffentlich hast du ihm wenigstens verschwiegen, wer ich bin?«
»Ja, das habe ich. Dein Geheimnis, daß du die Besitzerin des Ladens hier bist, blieb gewahrt.«
Etwas versöhnlicher gestimmt, sagte Sonja: »Danke, Vera. Siehst du, allein deshalb kann das nicht in Frage kommen für mich. Ich möchte nicht, daß der entdeckt, von mir an der Nase herumgeführt worden zu sein. Wie sähe das denn aus?«
»Wie das aussähe?« Vera stieß verächtlich die Luft durch die Nase. »Wie ein kleiner Spaß, ein völlig unwichtiger. Gelacht würde ein bißchen darüber, mehr nicht. Die Sache hat doch nicht das geringste Gewicht. Dieser mißt doch nur du irgendwelche Bedeutung bei.«
»Darüber gehen unsere Auffassungen auseinander, Vera.«
»Ziemlich weit, Sonja, das sehe ich.«
Sonja Kronen schwieg eine Weile, überlegte. Ein kleines Lächeln brach in ihrem Gesicht durch.
»Vera«, sagte sie, die Hand ausstreckend, »ich sehe ein, daß ich zu weit gegangen
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