Frauenbataillon
Scharfschützinnen Marina, Tamara und Veronika hockten. In dem Augenblick, in dem der Boden des stählernen Ungetüms über ihnen war, hoben sie die gebündelte Sprengladung hoch und zogen den Zünder.
Der Angriff kam zum Stehen; die 4. Kompanie ging hinter den Panzertrümmern und in den Dorfruinen in Deckung. Bauer III meldete per Funk: Keine Artillerie mehr, sonst werden die eigenen Leute getroffen … und neue Panzer werden benötigt, dringend! Am besten ein dicker, träger Ferdinand. Den schoß niemand so leicht ab, so daß er der 4. Kompanie den Weg würde freidonnern können.
Die Werfergruppe traf ein und beharkte die Stellungen der Bajda erfolglos mit Minen. Dafür taumelten von der anderen Seite die dicken Dinger heran, die man sehen und berechnen konnte und denen man aufgrund ihrer ungeheuren Sprengkraft doch ausgeliefert war: Granaten der sowjetischen 12-cm-Granatwerfer.
Diese ›Kanone der sowjetischen Infanterie‹ war gefürchtet. Die mannshohen, wie ein dickes Ofenrohr aussehenden, auf ein zusammenklappbares Gerüst montierten Werfer waren bei allen Infanteriekompanien in großer Stückzahl vorhanden. Die Propaganda der Sowjets verkündete daher: »Jeder zweite deutsche Soldat hat das EK – jeder zweite Rotarmist einen Granatwerfer.«
Das war natürlich übertrieben, aber es zeigte sich eben auch hier am Donez, wie ungemein stark die Feuerkraft der Sowjets war. Der deutsche Angriff geriet für einige Stunden ins Stocken.
Während die 4. Kompanie und ihre Flankeneinheiten nach Überwindung des Flusses, eingeräuchert von ihren abgeschossenen Panzern, in der Steppe festlagen und von Maschinengewehren, Gewehrgranaten, leichter Pak und den präzisen Schüssen der Scharfschützinnen niedergehalten wurden, hatte die Abteilung Bajda Zeit genug, sich auf Befehl des Regiments langsam in die hinteren Gräben zurückzuziehen.
Zuerst wurden die Verwundeten und Toten weggebracht, dann die MGs abgebaut und die mit Sprengladungen vollgestopften Bunker geräumt. Zuletzt gingen die Mädchen in kleinen Gruppen zurück, während die sowjetischen leichten Geschütze das Land zwischen Donez und der eigenen ersten Linie unter Feuer nahmen.
Soja Valentinowna, Ugarow und Stella waren die allerletzten, die den Graben verließen. Sie kontrollierten nochmals die Sprengladungen und die elektrischen Zündschnüre, an deren Ende Sibirzew auf das Eindringen der Deutschen in das Grabensystem wartete. Wenn die Sprengung der Hauptbunker den Deutschen auch kaum Verluste beibringen würde, so versprach man sich doch einiges von der Schockwirkung: Sie lähmte, machte den Gegner vorsichtig – und Abwarten, Abtasten und Vorsicht nach allen Seiten hat mit einem schwungvollen Angriff nicht mehr viel zu tun.
Tatsächlich trafen im Bereich der 4. Kompanie noch ein Panther und ein Tiger-Panzer ein. Aber da stieß man auf keinen Widerstand mehr, da der Pak-Riegel zurückgenommen worden war. Nur weit entfernte Artillerie störte noch, und einige sowjetische T 34 kamen todesmutig den deutschen Truppen entgegen.
Die Bunker flogen in die Luft. Sieben Mann der 4. Kompanie wirbelten mit den Erdfontänen in den Himmel …
»Diese verdammten hinterhältigen Weiber!« schrie Bauer III und hieb mit der Faust auf den Steppenboden. Hesslich lag neben ihm und war froh und glücklich darüber, daß die Mädchen sich rechtzeitig abgesetzt hatten. »Ich habe schon zwölf Mann verloren …«
Der Vormarsch ging an diesem Tag zügig weiter. Die deutschen Panzerkeile bewährten sich, brachen durch die sowjetischen Stellungen, zerrissen das System der tiefgestaffelten Verteidigung und versuchten, ins unbefestigte Gelände vorzudringen, in die weite Steppe, ins teils flache, teils hügelige Land vor Prochorowka. Dann – so hoffte man bei der Heeresgruppe Süd – würde der Weg frei sein bis nach Kursk. Die Reserven der Sowjets würden dann doch nicht so schnell herangeführt werden können, wie die deutschen Panzer vorstießen.
Das Fanal Kursk stand bereits am Himmel.
Ein Flügel des III. Panzer-Korps schwenkte ab nach Korotscha. Zu diesen Einheiten zählte auch die 4. Kompanie, die den Panzern folgte.
In seinem Hauptquartier zeichnete General Konjew mit einem dicken Tuschestift auf einer Karte Pfeile ein, die das Vordringen der deutschen Panzer symbolisierten. Ununterbrochen rappelten die Telefone, rasselten die Funkstellen. Die Lage war ernst. Am Abend des ersten Tages hatten die feindlichen Truppen fast überall an der Angriffsfront das
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