Frauenbataillon
Grabensystem überwunden und waren auf dem Vormarsch. Der sowjetische Flak-Riegel war aufgeknackt worden. Andererseits hatten die Deutschen ihre Erfolge mit dem Verlust zahlreicher Tiger und Panther bezahlen müssen. Und jeder Tiger wog mehr als zehn T 34, von denen im Kursker Bogen, gut getarnt, Hunderte auf den Gegenstoß warteten. Und Tausende konnte man aus dem Hinterland von Don und Wolga heranführen. Ein abgeschossener Tiger war dagegen nicht mehr ersetzbar, galt doch das bei dieser Offensive eingesetzte Material als die letzte Reserve, die Hitler noch mobilisieren konnte. An der weichen Südflanke der Front, in Italien, rechnete man mit der Landung der Alliierten. Alle Nachrichten wiesen darauf hin … Sizilien war ein wundervolles Sprungbrett im Rücken der Deutschen. Die Lage auf dem Balkan und in Unteritalien war ähnlich. Um diese Flanke zu schützen, mußten neue Armeen aufgestellt werden. Aber woher sollten sie kommen? Es gab nur eine Quelle, aus der man schöpfen konnte, und das war die Ostfront! Sie würde Truppen abgeben und den Ausfall mit Todesmut und Kampfkraft ersetzen müssen. Ausgerechnet die Front zwischen Leningrad und dem Schwarzen Meer! Und ausgerechnet in jenen Tagen, in denen die Schlacht von Kursk die Katastrophe von Stalingrad vergessen machen sollte.
So betrachtet, waren alle Einbrüche, die die sowjetische Armee am Donez und im Nordabschnitt bei Olchowatka hinnehmen mußte, nur ein paar Kratzer, die man bald wieder zukleben würde. Die Taktik der Russen ging schon am ersten Tag des deutschen Angriffs voll auf … Laßt sie kommen! Laßt sie in die Weite des Landes vorstoßen – sie wissen ja nicht, was sie erwartet! Ihre Wege sind voller Blut … aber sie führen sie geradewegs in die Vernichtung. Das ist unser aller Opfer wert …
Konjew blieb ruhig und besonnen, auch wenn sich die Meldungen von seiner Steppenfront überschlugen. Bei Watutin war es nicht anders, und auch nicht bei Rokossowskij. Die Panzerkeile marschierten.
»Wie sie jetzt jubeln …«, sagte Konjew in der Nacht zum 6. Juli zu seinen Offizieren. Er hatte ein gutes Abendessen hinter sich und entspannte in einem Holzsessel. »Genau das brauchen wir! Ab morgen beißen sie in Stein, und in einer Woche wünschen sie sich, nicht geboren zu sein! Lassen wir Manstein und Kluge den Stolz, wenigstens einen Tag lang Erfolg gehabt zu haben …«
In diesem Punkte irrte sich Konjew jedoch. Bei der Heeresgruppe Süd, im Befehlszug v. Mansteins, jubelte niemand. Die erste zusammenfassende Berichterstattung des 5. Juli lag vor. Die Verluste waren unverhältnismäßig hoch. Der sowjetische Widerstand vor allem im Gebiet beiderseits von Bjelgorod und im Bereich des 2. SS-Panzer-Korps erlaubte nur einen langsamen Vormarsch. Der Ausfall an Panzern war bereits sehr bedrohlich. Eine besonders schwere Hypothek war jedoch das Versagen der Luftflotte. Die sowjetische Luftwaffe, die man bisher nur belächelt hatte, begann den Luftraum zu beherrschen. Wo immer deutsche Flugzeuge auftauchten, wimmelte es auch von sowjetischen Fliegern. Sie kamen wie Hornissenschwärme. Und ihre Überzahl bestimmte die Handlung. Es war wie bei den Panzern: Ein abgeschossenes deutsches Flugzeug war nicht mehr ersetzbar, die Lücken bei den Sowjets wurden dagegen sofort gefüllt.
Nicht anders sah es bei der Heeresgruppe Mitte aus. Feldmarschall v. Kluge, der für den Vorstoß auf Kursk nur seine 9. Armee zur Verfügung hatte, sah seine linken und mittleren Korps schon am ersten Tag rund 10 km tief im sowjetischen Stellungssystem, aber der Widerstand war, allen Berechnungen zum Trotz, ungeheuer stark. Die 102. Infanteriedivision lag bereits fest, die 31. Infanteriedivision kam nur unter schwerstem Beschuß weiter, die 4. Panzerdivision hatte so starke Verluste zu verzeichnen, daß man zweifelte, ob sie beim Auftauchen frischer sowjetischer Reserven überhaupt noch kampffähig sein würde. Außerdem war die Angriffsbreite, getreu der Stoßtaktik, nur 10 km breit – und an den Flanken massierten sich die russischen Armeen.
Es bestand also in der Tat keinerlei Grund zum Jubeln. Schon der erste Tag zeigte, daß das Unternehmen ›Zitadelle‹, die wohl größte Panzerschlacht der Kriegsgeschichte, auch ein Verzweiflungskampf war.
Die Abteilung Bajda hatte sich geordnet zurückgezogen und lag, als der 6. Juli heraufdämmerte, östlich des Dorfes Melechowo an dem kleinen Donez-Nebenfluß Rosumnaja. Sie hatte dort eine Art Brückenkopf bezogen, eine Sperre vor dem
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