Frauenbataillon
zerbröckelte an diesem ersten Tag unter einer neuen Waffe der deutschen Luftwaffe. Bei den Bomben SD 1 und SD 2 handelte es sich um mit 180 Zwei- oder 360 Ein-Kilo-Bomben gefüllte Behälter, die sich kurz über dem Boden öffneten. Wie ein Regen gingen die hochexplosiven Kleinbomben auf die Russen nieder. Kaum eine Stellung hielt diesem Feuersturm stand.
Weder Rokossowskij noch Watutin, Konjew oder andere Generalskollegen gerieten deswegen in Panik. Man rechnete anders als die Deutschen. Von Anfang an hatte man große Verluste einkalkuliert. Man hatte ja Erfahrungen mit diesen Angriffen, wußte um den Anfangsschwung der deutschen Truppen. Aber man wußte auch, daß sie sich bald lahmlaufen würden, daß allen das 5. Kriegsjahr in den Knochen lag, daß Vormarsch und Rückzug an ihnen gefressen hatten. Der gloriose Nimbus von der Unbesiegbarkeit der deutschen Panzer und der Unbeugsamkeit des deutschen Landsers war mit Stalingrad untergegangen, und über Görings Luftwaffe, die man einmal für unüberwindbar gehalten hatte, machte man inzwischen Witze.
»Laßt sie kommen …« sagte General Konjew ruhig, als die Alarmmeldungen einliefen. Der Donez war überschritten worden, das deutsche 3. Panzer-Korps unter General Breith hatte in blutigem Sturmlauf die Gräben überwunden, die Pak-Stellungen hinweggefegt und rollte nun mit seinen Tigern und Panthern beiderseits Bjelgorod auf Korotscha und Prochorowka zu, wo man sich mit dem 2. SS-Panzer-Korps zu einer tödlichen Zange vereinigen wollte. Damit wäre das Schicksal der sowjetischen 5. Garde-Armee und der 69. Armee besiegelt gewesen. Ganz schlimm sah es im Gebiet der 7. Garde-Armee aus. Dort drängte die Armee-Abteilung Kempf auf Belowskaja zu und konnte in den Rücken der sowjetischen Armee schwenken.
Der deutsche Angriff traf voll zwischen Watutins Woronesch-Front und Konjews Steppenfront. Der Stoßkeil nach Kursk, das große Ziel, das neue Fanal des Sieges, war angesetzt. Aber Konjew sagte ruhig:
»Es hat ja gerade erst begonnen. Keine Aufregung, Genossen! Sie haben bereits auf den ersten Kilometern starke Verluste einstecken müssen. Bis Kursk halten sie das nicht durch. Wartet es ab …«
Die Abteilung Bajda befand sich in vollem Rückzug. Das Trommelfeuer der deutschen Artillerie traf sie nur bedingt, da die meisten Granaten in die Pak-Stellungen einschlugen. Die Infanterie war den Deutschen nicht so wichtig; sie fürchteten die schnellen panzerbrechenden Waffen der Russen mehr.
Dennoch kostete schon der erste Feuerschlag die Bajda neunzehn Mädchen. Ein Volltreffer traf den Bunker VIII, Splitter verwundeten die Posten an den schweren Maschinengewehren.
Der Sanitätsbunker von Galina Ruslanowna füllte sich. Jetzt bewies sie, was für eine Ärztin sie war. Sie operierte an drei Tischen gleichzeitig. Während die Verwundeten auf zwei Holzpritschen von Feldscherinnen vorbereitet wurden, holte sie Splitter aus dem Körper des ersten, wechselte dann zu Tisch zwei, schnitt zerfetztes Fleisch ab, ging zu Nummer drei und reinigte eine große Oberschenkelwunde. Dann kehrte sie zum ersten Tisch zurück, um noch eine Spritze zu geben, während die Sanitäterinnen verbanden. Und das alles geschah ohne viele Worte, ohne Hektik, ohne Aufregung.
Um 5.25 Uhr morgens setzten die ersten deutschen Truppen in diesem Abschnitt über den Donez. Die 4. Kompanie stürmte hinter vier Panther-Panzern, die sofort über die unter der Feuerglocke gebauten Pontonbrücke rollten, die Gräben der Sowjets. Leutnant Bauer III rannte bei der ersten Gruppe. Fähnrich v. Stattstetten hatte die zweite übernommen. Ihnen folgten zwei Oberfeldwebel mit den Gruppen III und IV. Richard Pflaume blieb im Graben zurück – die Mutter der Kompanie muß immer hinten sein, bei der Verwaltung, beim Kompanietrupp. Wie soll es vorne weitergehen, wenn es schon hinten nicht klappt?
Über vier Stunden brauchten sie bis zum ersten Graben der Gruppe Bajda! Diese ungeheuerliche Zeit und der verbissene Widerstand, auf den sie trafen, fand später sogar bei einem Lagevortrag bei General Breith Erwähnung. Die vier Panther-Panzer, die mit der 4. Kompanie und der Pionierabteilung über den Donez gesetzt waren, wurden zwischen den Ruinen des ersten Dorfes hinter dem Fluß abgeschossen, als handele es sich bei ihnen um Zielattrappen. Drei Panther gingen im konzentrierten Feuer versteckter Paks in Flammen auf, der vierte flog in die Luft, als er über einen schmalen Granattrichter rasselte, in dem die
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