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Frauenbataillon

Frauenbataillon

Titel: Frauenbataillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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der Truppe betraut werden. Auch zur ›Heldin der Sowjetunion‹ war sie vorgeschlagen worden. Konjew und Chruschtschow persönlich würden ihr die Auszeichnung überreichen und sie ans Herz drücken. Sobald die deutsche Offensive zerschlagen war …
    Sibirzew erwies sich als guter Stellvertreter. Er hatte sich inzwischen die dralle Gulnara Wadimowna zur Geliebten genommen, genauer gesagt: Gulnara hatte ihn bei einem Duschbad überrascht und sofort die Gelegenheit wahrgenommen, ihn hilfreich an allen Stellen zu schrubben, an denen er es besonders gern hatte. Was unmittelbar zur Folge hatte, daß Sibirzew an diesem Tag seine Hose nicht mehr anzuziehen brauchte. Irgendwie hatte man so etwas erwartet, und Gulnara wurde sogar gelobt, weil sie sich um den wüsten Burschen kümmerte und dadurch den anderen seine Nachstellungen ersparte.
    Als Truppenführer aber behielt Sibirzew immer die Übersicht. Er setzte seine Gruppe dort ein, wo viel Ehre zu gewinnen, aber in Wahrheit wenig los war. Seit den großen Verlusten am Brückenkopf von Melechowo war man vorsichtiger geworden. Auch Stella war froh, daß man jetzt hier bei Nowo Sloboda festsaß und die Abteilung sich wieder ihrer eigentlichen Aufgabe zuwenden konnte – dem mörderischen Einzelkampf der Scharfschützen. Leutnant Bauer III hatte bereits gemerkt, woher der Wind wehte.
    »Ich bin Arzt!« sagte Ursbach laut und kam einen Schritt vor. »Mein Name ist Helge Ursbach. Sprechen Sie deutsch?«
    »Ja!« Galinas Stimme war hart. Ihre schwarzbraunen Augen flackerten im grellen Licht.
    »Fabelhaft!«
    »Wir brauchen deine Hilfe nicht!«
    »Du bist auch Ärztin?«
    »Ja. Galina Ruslanowna Opalinskaja. Ihr stört hier …«
    »Ich suche unsere Verwundeten.«
    »Keine da!«
    »Das ist unmöglich!«
    »Ich sage: Keine da – dann sind keine da!«
    »Es fehlen ein paar Mann.«
    »Vielleicht tot?«
    »Und wer schreit da hinten? Und da, das Wimmern …«
    »Unsere Genossen …«
    »Ich möchte mich überzeugen.«
    »Nein!« Die Opalinskaja hob die rechte Hand und zeigte nach vorn. »Geh zurück! Hier ist sowjetisches Land!«
    »Nach der Genfer Konvention …«
    »Genf ist lächerlich!« Galina Ruslanowna schüttelte den Kopf. Ihre schwarzen Haare wehten um ihr Gesicht wie zerfetzte Schleier. Hinter ihr schnitten Lida und Maja dem laut röchelnden Verwundeten die Uniformbluse bis zum Gürtel auf. Aus der aufgerissenen Brust drang bei jedem Atemzug Lungengewebe. »Wozu braucht Sowjetrußland Genf? Um sich sagen zu lassen, was es tun soll?! Brauchen wir einen Lehrer? Die Welt kann von uns lernen …«
    »Du lieber Himmel!« Ursbach nickte dem Sani neben sich zu, was soviel hieß wie: Mach eine neue Leuchtkugel fertig! »Wollen wir uns hier über nationalen Stolz unterhalten, während um uns herum die Verwundeten schreien?!«
    »Ich brauche keine Lehren!« rief Galina wütend. »Auch Hilfe brauche ich nicht! Hier lebt kein Faschist mehr …«
    »Das ist etwas anderes.« Ursbach drückte den Kopf an den Kragen. Welch ein Satansweib, und dabei noch Ärztin, dachte er voll Bitterkeit. Ihre Schönheit ist atemberaubend, ihre Stimme trotz ihrer bissigen Härte eine einzige Verlockung. Aber sie wird wie das Spinnenweibchen sein, das nach dem Liebesspiel ihr Männchen tötet, aussaugt und einspinnt. »Dann möchten wir die Toten mitnehmen.«
    Galina starrte Ursbach mit zusammengekniffenen Augen an. Seine blonden Haare quollen unter der Mütze hervor. Er hatte in den letzten Wochen keine Zeit gehabt, sie schneiden zu lassen. Außerdem haßte er den kurzen Militärschnitt, der in der Rekrutenzeit oft nach der Tiefe eines Suppentellers bestimmt worden war, den der Spieß dem jungen Soldaten über den Kopf stülpte. Jetzt, als Arzt, hatte Ursbach gewisse Freiheiten. Niemand raunzte ihn an, wenn seine Haare länger waren.
    »Kein Licht mehr!« sagte die Opalinskaja hart, als der Sani die Leuchtpistole hob. »Kein Licht!«
    »Wir müssen suchen …«
    »Befehl: Kein Licht!«
    »Wer befiehlt hier?« fragte Ursbach verblüfft.
    »Ich! Wer bist du? Arzt! Naja! Arzt der Faschisten! Machst gesund Männer, damit sie weiter morden sowjetische Männer, Frauen und Kinder! Suchst Tote, um sie zu begraben, in heilige, russische Erde! Willst russische Erde verseuchen mit deutschen Leichen! Siehst du, wie lächerlich Genfer Konvention?!«
    In diesem Augenblick richtete sich Lida Iljanowna auf und sah Ursbach ins Gesicht. Auch er erkannte sie sofort; sein Herz machte einen Satz. Er spürte Trockenheit in

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