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Frauenbataillon

Frauenbataillon

Titel: Frauenbataillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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seiner Mundhöhle, und ihm wurde heiß bis in die Zehenspitzen.
    »Mein Gott, Lida …«, sagte er heiser. »Lida, du bist da. Wir … wir sehen uns wieder …«
    Galina Ruslanowna zog die Schultern hoch, warf einen Blick auf den Verwundeten und erkannte, daß ihm nicht mehr zu helfen war. Man konnte ihn zwar ins Feldlazarett bringen, aber er würde den Transport nicht überleben. Und hier, in der vordersten Linie, war eine Granatsplitterwunde wie diese nicht zu operieren.
    Ursbach wollte auf Lida Iljanowna zugehen, doch da war plötzlich die kleine Maja Semjonowna, huschte um die Opalinskaja herum und richtete ihr Gewehr auf Ursbachs Kopf.
    »Stoj!« schrie sie mit heller, noch kindlicher Stimme. »Stoj!«
    Lida Iljanowna stand mit hängenden Armen da, bleich im Licht der untergehenden Leuchtkugel, und rührte sich nicht. Neben ihr röchelte der Sterbende.
    »Aha, du kennst ihn?« fragte Galina, ohne sich zu ihr umzudrehen. »Was da nicht alles rauskommt! Wo hast du ihn getroffen? Habt ihr Verwundete gesucht und dann in einem Granattrichter karnickelt?! War es so? Das gute Rote Kreuz, die schöne Fahne! Hast du dich hinterher mit ihr abgeputzt?!«
    »Sei still!« sagte Lida leise. »Das sind scheußliche Gemeinheiten! Sei bloß still …«
    »Blonde Haare hat er.« Die Stimme der Opalinskaja klang gehässig. »Überall blonde Haare, wie? Ich habe noch nie einen Mann gesehen, der überall blonde Haare hatte. Soll ich ihn fragen?!«
    »Willst du, daß ich dich hasse, Galja?!«
    Was ist bloß los mit ihnen, dachte die Opalinskaja bitter. Ich habe es schon mal vermutet. Diese Männer müssen mit einem besonderen Bazillus behaftet sein! Erst die standhafte Schanna, dann Stella Antonowna, die große Heldin, jetzt Lida Iljanowna … man sehe bloß, wie sie die Augen verdreht! Was ist nur in sie gefahren?
    Sie blickte wieder zu Ursbach, der dem Sani neben sich einen Rippenstoß gab. Nun laß die neue Leuchtkugel los … die alte ist gleich weg! Aber der Sani rührte sich nicht. Er starrte auf Majas Gewehr. Ich bin doch nicht lebensmüde, dachte er. Die Sache mit der Armbinde ist sowieso ein vages Ding. Man weiß ja nie, mit wem man es zu tun hat und ob der gerade Lust hat, sich an das Rote Kreuz zu erinnern. Die da, dieses schwarze Aas von Ärztin, ist von der Sorte, die später behaupten, sie seien farbenblind, und das Rot hätte ausgesehen wie Blau.
    Langsam verglühte die Lichtkugel und schwebte an ihrem Fallschirm zur Erde nieder. Das Licht wurde fahl und warf lange Schatten. Galina Ruslanowna ging zwei Schritte auf Ursbach zu, die kleine Maja folgte ihr sofort. Der Lauf ihres Gewehrs richtete sich nun auf Stattstetten. Sie sah, daß er als einziger keine Binde trug, und ihre Augen weiteten sich und wurden seltsam starr. Stattstetten rührte sich nicht. Er sah mit stummer Faszination Galina Ruslanowna an und verglich ihre kaum gebändigte Wildheit mit der Sanftheit Olga Fedorownas.
    »Gib her!« sagte er dann geistesabwesend zu dem vorsichtigen Sanitäter, nahm ihm die Leuchtpistole aus der Hand, hob sie hoch und ließ die Lichtkugel in den Nachthimmel zischen. Im selben Moment drückte die kleine, kinderäugige Maja Simonowna ab, und die Kugel traf aus einer Entfernung von knapp vier Metern den Fähnrich mitten zwischen die Augen. Ja, das hatte sie gelernt, die zarte Maja. Ihr 17. Abschuß war das, und man würde sie belobigen und große Hoffnungen in sie setzen.
    Lorenz v. Stattstetten wurde von dem Treffer zurückgeworfen. Die Wucht des Einschlags riß einen Teil der vorderen Schädeldecke weg. Mit einer halben Drehung fiel er um, in der Hand noch immer die Leuchtpistole.
    Wie eine Wildkatze sprang Lida Iljanowna auf Maja zu, hieb ihr das Gewehr aus der Hand und schlug mit den Fäusten auf sie ein. Die kleine Maja versuchte, ihren Kopf mit den Armen zu schützen, doch trafen sie die Schläge hart auf den Nacken. Sie begann zu schreien, ließ sich auf die Erde fallen, trat mit den Füßen nach Lida Iljanowna und begann laut zu wimmern, als Lida sie ihrerseits mit den Stiefeln bearbeitete.
    Die Sanitäter rührten sich nicht. Ursbach war nach dem Schuß herumgewirbelt und kniete nun neben dem toten Stattstetten. Mit zuckendem Gesicht sah er Galina Ruslanowna an. Sie stand reglos zwischen ihm und der außer Rand und Band geratenen Lida, hatte die Hände in die Taschen ihrer Uniformhose vergraben und schob die Unterlippe vor, als wolle sie ausspucken.
    »Du Mörderin!« brüllte Lida und hieb auf die greinende Maja ein.

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