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Frauenbataillon

Frauenbataillon

Titel: Frauenbataillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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fahren. Das ist wie bei den Ameisen. Am Tag kann man schlafen, da ist da drüben alles tot und leer. Nur aus der Erde qualmt es überall – die Öfen in den Bunkern.«
    »Na, dann wärmen wir uns erst einmal auf«, sagte Major Schlimbach und packte seine Leinentasche aus. »Ihr Regimentsfurier hat eine Flasche Grappa spendiert.«
    Später lagen sie, innerlich gut temperiert, auf der Kuppe des flachen Hügels und blickten mit Nachtgläsem hinüber zu den sowjetischen Stellungen. Eine Reihe von Motorschlitten glitt über die weiße Steppe, zwei gepanzerte Wagen hoppelten über den zerrissenen Boden, ganz undeutlich tauchten drei T 34-Panzer auf, bewegten sich wie Schemen durch die Nacht und wurden dann von der Dunkelheit aufgesogen.
    »Eine Frechheit ist das!« sagte Oberstleutnant v. Rahden heiser vor Erregung. »Wenn man da hinlangen dürfte!«
    »Wenn man überhaupt an der ganzen Front hinlangen dürfte«, sagte Langhesi sarkastisch. »Dann stünden wir jetzt am Ural …«
    »Irrtum! Dann hieße Rußland schon längst Ostland und wäre im nächsten Jahr unsere Kornkammer! Aber solche ›Wenns‹ bestimmen die Weltgeschichte. Wir müssen uns damit abfinden, daß wir hier liegen und dem Iwan zusehen und daß uns vor Wut die Arschbacken zittern.«
    Kurz nach Mitternacht gingen sie ganz nach vorn, nahmen die Meldung eines Feldwebels entgegen, der angesichts des hohen Besuches zu stottern begann, und krochen dann den flachen Verbindungsgraben entlang zu den vorgeschobenen Posten. Da das Loch zu klein war, um alle aufzunehmen, hatte man die Posten eine halbe Stunde zuvor zurückgezogen. Major Halbermann betrachtete fast liebevoll die Leine vom Vorposten zum Graben. Die Strippe endete an einem Holzbalken mit leeren Konservendosen. Wenn die Dosen losrappelten, dann hieß das: Alarm, raus aus den Erdbunkern! Der Iwan greift an!
    Einen Augenblick dachte Halbermann an seine Zeit als Kompaniechef vor Leningrad, bevor er zum Stabsoffizierlehrgang abkommandiert und dann Major i.G. wurde. Das Rasseln der Konservendosen – man hörte auf zu denken, war nur noch Waffe.
    Sie lagen im Vorpostenloch und blickten hinüber zu den sowjetischen Stellungen. Ganz links hockte Langhesi und ärgerte sich, daß ein Erdhöcker ihm das Blickfeld teilweise versperrte, dann folgten, nebeneinander, Major Schlimbach, Oberstleutnant v. Rahden und Major Halbermann. Sie hatten ihre Nachtgläser auf den Erdrand gelegt und starrten in die Steppe.
    »Entfernung?« fragte v. Rahden. »Schätzungsweise …?«
    »Bis zu den kleinen Rauchsäulen der Bunker?« Halbermann wölbte die Unterlippe vor.
    »Ja.«
    »Vielleicht vierhundert Meter.«
    »Auch fünfhundert?«
    »Kaum. Das täuscht.«
    »Die Kerle sind also vierhundert Meter weit durch flaches Steppenland gerobbt, um zu desertieren. Nicht anzunehmen, daß sie hochaufgerichtet, mit erhobenen Armen, losmarschiert sind … das hätte man vom Graben aus sehen müssen. Sie kriechen also und kommen ungehindert rüber. Was folgern Sie daraus?«
    »Die Sowjets haben sie erwartet.«
    »Genau! Auf einen ankriechenden Mann wird sofort geschossen! Die Iwans haben ja auch vorgeschobene Beobachter. Wer weiß, wo sie liegen? Vielleicht können wir uns zuwinken!«
    »Und genau das haben die Überläufer getan, und dann sind sie losgerobbt!« sagte Major Schlimbach überzeugend. »Das erklärt die völlige Lautlosigkeit des Unternehmens.«
    »Wir sollten es mal versuchen!« Major Halbermann lachte glucksend.
    »Was?« v. Rahden schielte zur Seite.
    »Ein weißes Taschentuch heben. Mal sehen, wie sie reagieren.«
    »Abgelehnt! Bloß keine Provokationen, Halbermann! Ich möchte keinen Mörserbeschuß provozieren. Nach meiner Ansicht sind wir der Wahrheit etwas näher gekommen. Ist das eine Scheiße! Tausend rote Lippen warten auf dich in Moskau. Paß die damit auch nur ein einziges Apenninen-Lockenköpfchen herüberlocken können! Mein Gott, sind das Soldaten …«
    Er schob sich etwas höher, betrachtete die Rauchfähnchen über den Erdbunkern und sah schattenhaft ein paar Gestalten hin und her huschen. Anscheinend kam die Verpflegung nach vorn. Zu Blöcken gefrorene Milch, Brot, das nach dem Auftauen matschig wurde. Kohlsuppe, die nach dem Erhitzen sauer stank. »Es sind alles arme Säue, die da drüben genauso wie wir …«
    »Sehen Sie sich das an, Halbermann!« sagte v. Rahden erregt. »Das darf doch nicht wahr sein. Da beschlägt mir ja die Brille! Dort … einen Daumensprung von der rechten Rauchsäule vor uns nach

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