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Frauenbataillon

Frauenbataillon

Titel: Frauenbataillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Zimmer, freuten sich über die drei Stühle und den Tisch, den Schrank und die vier Holzbetten, die von den deutschen Soldaten zurückgelassen worden waren, fanden in einem Bord über dem eisernen Kohlenherd vier Teller, vier Tassen und viermal Besteck, vier Becher und sechs Gläser, und in den Bettkästen lagen richtige Matratzen mit Decken darüber.
    »Das ist mehr, als man erwarten kann«, sagte Hesslich. »Stella, das neue Leben beschenkt uns bereits. Jetzt muß ich nur noch die Verbände loswerden, um arbeiten zu können. Hier gibt uns keiner eine Scheibe Brot umsonst wie draußen in der Steppe die Soldaten.«
    »Ärst du lärnen Russisch. Dann Arbeitt.«
    »Ich werde nie wie ein Russe sprechen können, Stella«, sagte er bedrückt. »Man wird immer merken: Das ist keiner von uns.«
    »Du wirst saggen, ich komme weithärr, Sibirien. Taiga … Kasachstan … Ja, Kasachstan. Dort vielle Dejtsche sind Russen. Fangen an morgänn.«
    »Und nachher, Stella?«
    »Ah! Wägänn Nacht.«
    »Du kannst das so wundervoll unkompliziert sagen.«
    »Muß! Kann wännig dejtsch.« Sie setzte sich auf einen der Stühle ans Fenster, blickte auf die Straße, die zum Güterbahnhof führte, und auf die zahlreichen Lastwagen, die das Material aus den Eisenbahnwaggons übernahmen und in die Stadt fuhren. Das ist eine gute Wohnung, dachte sie. Ich werde mithelfen auf dem Bahnhof. Ich werde mich anstellen lassen, wo man mich braucht. Meine Papiere sind verbrannt mit meinem Haus, und wenn man es anzweifelt, werde ich Pjotr vorführen. Sein Anblick wird sie überzeugen. Wozu habe ich meinen Mund?
    »Was ist, Stella?« fragte Hesslich. Er trat neben sie und blickte auch auf die Straße.
    »Nix, Pjotr. Läbbän wird schön.« Sie tastete nach seiner Hand, umklammerte sie und legte den Kopf an seine Hüfte. Ihre Finger fühlten sich kalt an, obwohl sie beide vorhin in der stickigen Abendhitze geschwitzt hatten. »Wenn Woina vorbei, nix mehr töttän. Friedän überall. Du zurück in Heimat?«
    Auf diese Frage hatte er gewartet, er hatte sie gefürchtet. Sie verlangte eine Entscheidung über sein ganzes weiteres Leben. In Rußland bleiben? Ein Russe werden? Irgendwo in diesem riesigen Land leben und vergessen, woher man gekommen ist? War das möglich? Oder abwarten, die politische Entwicklung beobachten und dann zurückkehren nach Deutschland? Vielleicht war es möglich, Stella mitzunehmen, weshalb sollte man es ihm verwehren, es war ja dann Frieden, und die Völker mußten aus diesem schrecklichsten aller Kriege gelernt haben, was Freundschaft ist, was Brüderlichkeit und Zusammenarbeit für das Wohl der Menschen bedeuten.
    »Ich bleibe bei dir, Stella«, sagte er rauh. »Dir verdanke ich mein Leben.«
    »Nur darum?«
    »Nein. Ich liebe dich.«
    »Mähr als Heimatt?«
    »Ja.«
    »Du nix lüggen?«
    »Nein, ich lüge nicht. Aber ich weiß nicht, ob ich jemals ein richtiger Russe werden kann.«
    »Du mejn Mann, das genug.« Sie küßte seine Hand, ehe er sie betroffen wegziehen konnte, und rieb ihr Gesicht an seiner Handfläche. »Danke, Pjotr. Danke.«
    Obgleich sie vier Betten zur Verfügung hatten, schliefen sie zusammen in einem Bett. Zum erstenmal lagen sie völlig nackt beieinander, es war ein himmlisches Empfinden.
    »Du lärnen mußt Russisch«, flüsterte sie an seiner Brust. »War Bedingung. Hörr zu: Ich liebbä dich, heißt …«
    »Ja Ijublju tebja …«, sagte er und streichelte sie. »Ty prekrasnaja … pozelui menja.« (Du bist schön. Küsse mich.)
    Sie biß ihm in die Brust und schlug mit der Faust auf seine Schulter. »Wohär du kannst? Du Teuffäl! Du kannst Russisch!«
    Er lachte, hielt sie an sich gepreßt und mußte zugleich den Schmerz verbeißen; seine Oberschenkelwunde tat weh. »Das ist so ziemlich das einzige, was ich auf russisch kann«, sagte er. »Bei der Spezialausbildung in Posen hatten wir einen Oberfeldwebel in der Gruppe, der konnte perfekt Russisch. ›Wenn ihr nach Rußland kommt‹, das war sein Ratschlag, ›dann müßt ihr nur Grundkenntnisse haben, ein paar Sätze, die genügen. Damit kommt ihr überall durch.‹ Und zu diesen Sätzen gehörten auch diese.« Er küßte ihre weit offenen Augen. »War es richtig? Ja ljublju tebja …«
    Sie gab keine Antwort, rutschte vorsichtig, um sein verletztes Bein zu schonen, über ihn und stieß nur einen tiefen, dumpfen Seufzer aus, als sie ihn in sich spürte, ihr Kopf auf seine Halsbeuge sank und Zeit und Raum keine Bedeutung mehr hatten. Von ganz fern, nur wie

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