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Frauenbataillon

Frauenbataillon

Titel: Frauenbataillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Erholungssuchenden zu registrieren und in die Quartiere einzuweisen. Da gab es ständig Krach, harte Worte und gottserbärmliche Flüche, die Stella im gleichen Ton beantwortete. Das imponierte gewaltig. »Sie sind hier richtig am Platze, Genossin!« sagte lobend ein dicker Verwaltungsbeamter in der Uniform eines Oberstleutnants. »Ins Gesicht sollte man diesen Drückebergern spucken! Ein Wunder, daß sie von uns nicht noch verlangen, daß wir ihnen ein Hürchen vom Dienst zuweisen!«
    Am Abend eines anstrengenden Tages stand Stella auf dem Bahnhofsplatz und wartete unter dem Vordach, bis der Regen so weit nachließ, daß sie, ein Tuch um Kopf und Schultern, nach Hause laufen konnte. Noch trommelten die Tropfen aufs Pflaster, der Himmel war grau und ohne Tiefe, die schöne Stadt Charkow wirkte verfallen und unbelebt.
    Als sie jemand von hinten berührte, nahm sie es nicht wahr, weil sie dachte, einer wolle sich an ihr vorbeidrängeln. Aber dann schob sich ein Arm über ihre Schulter, eine Hand glitt über sie und legte sich auf ihre linke Brust. Und eine Stimme, die sie sofort erkannte, sagte genüßlich:
    »Sieh an, der Himmel gibt die Toten frei! Heißt es nicht: Rußland ist voller Wunder? Sei gegrüßt Stella Antonowna Korolenkaja, Heldin der Sowjetunion!«
    Ganz langsam drehte sich Stella um. Wie immer, wenn es darum ging, ganz ruhig zu sein, war auch jetzt nichts als Kälte in ihr. Keine Furcht, kein Entsetzen, keine Lähmung. Der Kopf im Fadenkreuz – da war er wieder …
    Das Lächeln in Sibirzews Gesicht war grausam, seine geschlitzten Augen blinkten. Er war dürrer geworden; der Magenschuß hatte ihm doch zugesetzt.
    »Komm mit, Bairam Wadimowitsch«, sagte Stella Antonowna ohne erkennbare Bewegung in der Stimme. »Es hat alles seinen Sinn. Laß uns gehen.«
    Wenn Sibirzew gehofft haben sollte, seine Überrumpelung habe Stella Antonowna aus dem Gleichgewicht gebracht, so sah er sich sehr getäuscht, zugleich aber auch in der Einschätzung dieser ungewöhnlichen Frau bestätigt. Er wußte, daß sie sich blitzschnell jeder Situation anpassen konnte und ihr dann standhielt, als habe sie sich seit langem darauf vorbereitet. Er bewunderte sie ehrlich, auch wenn ihm jetzt die Galle hochkam bei der Erkenntnis, daß die überall geehrte Heldin der Sowjetunion, eine der höchstdekorierten Frauen Rußlands, gar nicht im Kugelhagel der Deutschen gefallen war, sondern unerkannt in Charkow weiterlebte.
    Als Sibirzew in der Bahnhofshalle, im Gewühl der Menschen, Stella entdeckt zu haben glaubte und ihr nach draußen gefolgt war, war er seiner Sache noch nicht sicher gewesen. Nun ja, sie sieht aus wie die Korolenkaja, sie hat die gleiche Haltung, auch ihr Gang erinnert an sie – verteufelt, welche Ähnlichkeit! Aber mehr kann es auch nicht sein. Stella Antonowna ist tot, man hat ihren durchsiebten Jeep gefunden, ihr zerfetztes, blutbeschmiertes Trefferbuch, nur sie selbst nicht. Ihre Leiche blieb verschwunden, man hatte ja drei Tage lang gesucht, und dann kam man zu der Erklärung, daß die Deutschen sie mitgenommen hatten, um sie irgendwo zu verscharren.
    Sibirzew hatte sich dann, weil er Gewißheit haben mußte, einfach hinter die Frau gestellt und sie als Stella Antonowna angesprochen. Daß sie keine Sekunde zögerte oder gar leugnete, daß sie ganz ruhig sagte: »Komm mit, Bairam Wadimowitsch!«, das machte jetzt ihn zum Überrumpelten. Es gab auch keine Möglichkeit mehr, Erklärungen zu verlangen; sie lief vor ihm her durch den Regen, das Tuch über den Kopf, er folgte ihr mit langen Schritten, und als er sie eingeholt hatte, starrte er sie von der Seite an.
    Vor zwei Tagen war er in Charkow angekommen, um sich nach seinem schweren Magenschuß eine Woche zu erholen. Er war in einer ausgeräumten Schule untergekommen, fühlte sich sehr wohl, hörte nichts mehr von der Abteilung Bajda und hoffte, auch nie mehr zu diesen schrecklichen Weibern zurückzukommen. Gleich am ersten Abend in Charkow sah er sich nach einem Mädchen um. Das war einfach, es gab genug arme, hungernde Weiber in der großen Stadt, die alles verloren hatten, nur nicht ihren ansehnlichen Körper. Und da Sibirzew mit Speck und einem Marmeladeneimerchen winkte, lag er bald auf einer verschlissenen Matratze in einem schmutzigen, feuchten Keller und entlud sich vom lange aufgestauten Druck.
    In einem Ruinengelände, das noch nicht geräumt war, blieb Stella stehen und lehnte sich an eine zerborstene Wand. Sibirzew stellte sich schnaufend neben sie und

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