Frauenbataillon
herzzerreißend. In sinnloser Gegenwehr schnellte er sich von der Wand ab, dem weißhäutigen, nackten Ungeheuer mit den großen Birnenbrüsten entgegen. Aber Naila Tahirowna war schneller, die Pistole in ihrer Hand hüpfte nur einmal kurz nach oben, und Salvatore Uganti wurde zurückgeschleudert, breitete die Arme weit aus und war schon tot, als er die Erde berührte.
Mit aller Ruhe zog sich Naila an, stülpte zum Schluß die Pelzmütze über ihr schwarzes Kraushaar und verließ den Bunker. Sie nickte ein paar Kameradinnen, die im Graben standen, zu und ging zum Befehlsunterstand, um Kapitän Bajda die Meldung zu bringen, daß alles getan worden sei.
Luigi Tarnozzi und Salvatore Uganti wurden zu einem bereits zuvor ausgewählten Granattrichter geschleift, hineingeworfen und mit ein paar Schaufeln Erde bedeckt. Nötig war das im Grunde nicht – im klirrenden Frost erstarrten die nackten Leichname sofort, in den Trichter blickte niemand hinein, und wenn der Frühling kam und die Sonne die beiden Toten wieder auftaute, war man längst an einer anderen Stelle der Front, jagte die Deutschen vor sich her gen Westen und konnte es den hinteren Aufräumkolonnen überlassen, die beiden nackten Körper zu begraben.
Froh gelaunt und ausgeschlafen machte am Morgen Kommissar Miranski seine Inspektionstour durch den Kompaniebereich. Er fand alles in bester Ordnung, die Mädchen nickten ihm freundlich zu, von einem geklauten deutschen Posten war nichts zu sehen.
»Meine Warnung hat doch gewirkt«, sagte er später beim Tee zu Leutnant Ugarow. »Die richtigen Worte muß man finden – das ist es! Sie haben den Blödsinn mit dem Postenklauen aufgegeben. Ha, ich hätte ihnen auch eingeheizt! Und wie! Den Genossen General Kitajew hätte ich alarmiert! Wie gut, daß sie klug geworden sind!«
»Was sollten sie auch mit den Posten?« erwiderte Ugarow scheinheilig. »Zwei Gefangene, was haben wir davon?«
Er dachte an die Dinge, die im Bunker II geschehen sein mochten. Die Haare konnten einem dabei zu Berge stehen. Er griff unter seine Pritsche und holte das Schachbrett hervor.
»Eine Partie, Foma Igorewitsch? Das lenkt ab …«
Miranski schlürfte seinen Tee und nickte.
»Haben Sie in der Nacht auch Musik gehört?« fragte er plötzlich. Ugarow war es, als rutsche ein Stück Eis seinen Rücken herunter.
»Musik? Nein! Wo denn? Hier?« Um Miranski nicht anschauen zu müssen, baute er mit übertriebener Gewissenhaftigkeit die Schachfiguren auf.
»Ich weiß nicht. Mir war es so. Konnte von drüben kommen! Diese Italiener – Musik ist für sie dasselbe wie für uns ein Schluck Wodka! Sollen sie ruhig fröhlich sein – in ein paar Tagen gibt es sie nicht mehr! Wir werden über sie hinwegrennen wie über Erdwürmer. Victor Iwanowitsch, Sie haben den ersten Zug!«
Der gute Miranski wurde also mit weiblicher List übertölpelt. Noch dreimal stahl ein Kommando die vorgeschobenen italienischen Posten, aber am Morgen waren alle Spuren verwischt, die Gefangenen verschwunden. Nur Leutnant Ugarow lief mit zerfurchtem Gesicht herum, sah blaß und kränklich aus, klagte über Kopfschmerzen und flehte in jeder Nacht die Bajda fast auf den Knien an, diesen Irrsinn aufzugeben. Ugarow atmete geradezu auf und hätte sich beinahe zu einem Freudentänzchen hinreißen lassen, als Schanna, Lida und Darja den erfolgreichen Abschuß der drei deutschen Offiziere meldeten. Das konnte nicht ohne Folgen bleiben, so etwas nahmen die Deutschen nicht so einfach hin – und das wiederum bedeutete, daß das Postenstehlen beendet war.
Miranski hielt eine Ansprache und beglaubigte dann den Erfolg im Trefferbuch.
Lida Iljanowna Selenko – 24 Treffer.
Schanna Iwanowna Babajewa – 29 Treffer.
Darja Allanowna Klujewa – 29 Treffer.
»Ihr werdet noch alle ›Heldinnen der Sowjetunion‹!« sagte Miranski stolz. »Wißt ihr, daß wir die beste Abteilung sind? Bald wird uns ganz Rußland kennen! Morgen oder übermorgen, genau weiß ich es nicht, kommt übrigens eine berühmte Genossin zu uns: Stella Antonowna Korolenkaja. Wenn das keine Ehre ist! Sie kommt direkt von der Brjansker Front! 41 Treffer soll sie haben, heißt es! In so kurzer Zeit. Sie ist ja gerade erst aus Moskau gekommen! Na, wir werden sehen. Fällt euch was auf, meine Lieben? Wenn Stella Antonowna zu uns kommt, müssen hier in Kürze große Dinge geschehen.«
»Ich kenne sie.« Schanna Iwanowna verzog das Gesicht, als habe man ihr Essig in den Teebecher getan. »Stolz soll sie sein! Wie eine
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