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Frauenbataillon

Frauenbataillon

Titel: Frauenbataillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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haben sie davon? Wollen uns zeigen, wie stark sie sind? Lächerlich!«
    Als das Artilleriefeuer nachließ, rannten die Mädchen aus den Bunkern und besetzten die Gräben. Nicht anders als die Männer lagen sie hinter ihren Maschinengewehren, die Handgranaten wurfbereit neben sich, die Scharfschützengewehre mit den Zielfernrohren durch die Deckung geschoben. Kommen sie jetzt? Greifen sie an? Idioten … ihre Artillerie hat viel zu weit geschossen.
    Nach den donnernden Explosionen war es plötzlich still. So still, daß man den eigenen Atem hörte und jedes Klappern im Graben, jedes Stiefelknirschen und jeden Zuruf wie eine neue kleine Detonation empfand. Miranski lief durch den Graben und rief immerzu: »Alles in Ordnung? Keine Verluste? Glück gehabt, ihr Lieben! Tapfer! Tapfer!«
    Die Mädchen beachteten ihn kaum. Sie brauchten keine aufmunternden Worte. Wenn sie den Schaft des Gewehrs in der Achsel spürten, wenn sie durch das Zielfernrohr starrten, wenn ihr Zeigefinger leicht gekrümmt am Abzugsbügel lag, gab es in ihnen keine Regung mehr. »Du bist das Gewehr, und das Gewehr bist du!« hatte Oberst Olga Petrowna Rabutina in Veschnjaki gesagt. »Das Gewehr ist euer ganzes Leben! Ihr habt kein Herz, und ihr habt kein Blut – ihr seid nur ein einziger Gedanke: Tod dem Feind! – Wenn unsere Heimat befreit ist, könnt ihr wieder Frauen sein, dann müßt ihr Frauen sein, denn das ist eure zweite Aufgabe! Aber bis dahin: Schlaft mit eurem Gewehr! Liebt es mit eurer ganzen Kraft!«
    Was sollten da die dummen Sprüche von Miranski?
    Leutnant Ugarow stand in einer Ausbuchtung des Grabens hinter einem schweren MG und rauchte nervös in die hohle Hand. Neben ihm hockte Darja Allanowna vor dem offenen Munitionskasten. Sie hatte die Patronengurte bereitgelegt. Neben ihr stapelten sich noch drei weitere Holzkästen mit Gurten. Auf sowjetischer Seite gab es keinen Munitionsmangel. Man hatte von allem genug: Genug Waffen und genug Menschen. Vor allem Menschen – und die unfaßbare Weite des Landes. Wer konnte Rußland besiegen? War es überhaupt besiegbar? Selbst wenn man den Ural überschritten hat, muß man in die Knie sinken und beten: Vor einem liegt Sibirien, da fängt die Unbegreiflichkeit dieses Landes erst an. Wer will die Unendlichkeit erobern?
    Obwohl Darja Allanowna dem schweren Maschinengewehr DS 1939 zugeteilt war, lehnte ihr Scharfschützengewehr, das M 91/30 mit dem aufmontierten großen Zielfernrohr PE, griffbereit an der Grabenwand. Es gehörte zu ihr. Wo sie war, war auch ihr Gewehr.
    »Die Essenholer sind noch nicht da!« sagte Miranski.
    »Sie werden in der Steppe liegen.«
    »Hoffentlich lebendig.«
    »Man sollte nachsehen!« sagte Ugarow klug.
    »Eben das wollte ich vorschlagen.« Miranski kaute an der Unterlippe, blickte hinüber zu der feindlichen Stellung und kratzte sich an der Nase. »Glauben Sie, daß die Italiener angreifen?«
    »Nein! Dann wären sie schon da! Die Taktik ist doch immer die gleiche. Die Feuerwalze wandert weiter, die Artillerie hält alles nieder, und im Schutze des Granatenvorhangs stürmt die Infanterie.« Ugarow deutete nach drüben. »Aber nichts rührt sich.«
    »Dann glauben Sie nicht, Victor Iwanowitsch, daß Sie heute noch mit dem MG schießen werden?« fragte Miranski vorsichtig. Er war ein listiger Mensch, einer, der zur Verblüffung aller immer hintenherum zum Ziel kam. Auch Ugarow lief ahnungslos in die offene Falle.
    »Das ist ausgeschlossen, Foma Igorewitsch. Wenn sie jetzt erst aus den Gräbern kämen, wäre es Selbstmord.«
    »Ich habe hier keine Befehle zu erteilen«, sagte Miranski, »es sei denn, es handelt sich um die Grundprinzipien des Kommunismus. Und um die Disziplin! Und bei diesem Gedanken, mein lieber Ugarow, kam mir die Idee, daß Sie der besorgten Genossin Bajda helfen könnten, indem Sie mal nachsehen.«
    »Das hätten Sie auch einfacher ausdrücken können, Miranski.« Ugarow schob seinen weißgestrichenen Stahlhelm in den Nacken. »Gut! Ich kümmere mich um die Essenholer.«
    Zehn Minuten später hatte Leutnant Ugarow in der Steppe den Trupp gefunden. Es waren vier Mädchen der Einheit Bajda, behängt mit Kochgeschirren und Blechkanistern auf dem Rücken. Sie hockten in einem großen Granattrichter und waren gerade dabei, eine verwundete Kameradin zu verbinden. Ein Splitter hatte ihre Schulter gestreift und war in den Kanister geschlagen. Nun saß das Mädchen mit aufgeschnittenem Uniformrock und einer dicken Lage Mull auf der Wunde da, aber mehr

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