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Frauenbataillon

Frauenbataillon

Titel: Frauenbataillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Mädchen blieben zurück. Sie gerieten in ein Streufeuer der sowjetischen Artillerie. Von den Splittern eigener Granaten zerrissen, wurden sie von Stella und dem anderen Mädchen noch verbunden und in eine verlassene Scheune geschleppt. Sie mitzunehmen, war unmöglich.
    Stella saß zwischen den beiden Schwerverwundeten und starrte gegen die rissige Scheunenwand. Durch die breiten Ritzen der krummen, an die Pfosten genagelten Bretter trieb der Sturm eisige Kälte.
    Sie werden zweifach sterben, dachte Stella, durch ihre Wunden und durch den Frost. Niemand kann ihnen mehr helfen. Wir aber müssen weiter, wir müssen zurück zu unseren Brüdern. Wir haben einen Auftrag übernommen, und den führen wir aus bis zum letzten Zittern unserer Hände: Tod den Deutschen!
    Was soll mit euch werden, Schwestern!
    Sie blickte hinunter zu der links neben ihr liegenden Verwundeten. Das Mädchen hatte die Augen geöffnet. Nur der Kopf ragte aus dem Stroh hervor, mit dem sie die Körper zugedeckt hatten und das nur einen sehr dürftigen Kälteschutz bot.
    »Du mußt weiter, Stella …«, sagte sie stockend. Bei jedem Wort röchelte sie hohl. Auch die Lunge mußte verletzt sein.
    »Ja. Wir müssen sofort weiter.«
    Das Mädchen schloß die Augen und drehte den Kopf zur Seite. »Tu es«, sagte es leise.
    »Was?«
    »Du weißt es! Tu es, bitte … Um der Gnadenmutter willen, ich flehe dich an, tu es!«
    »Du glaubst an Gott?« fragte Stella dumpf. »Du glaubst jetzt noch an Gott?«
    »Ja. Gerade jetzt …«
    »Wo ist dein Gott? Er läßt zu, daß man Rußland verwüstet, daß es verbrennt, daß Blut über Straßen, Wege, Felder und Wälder fließt! Da soll es einen Gott geben – noch dazu einen, von dem es heißt, er sei gerecht? Was haben wir getan, daß dein Gott uns so straft?! Katjuscha, sag, glaubst du auch an ein Weiterleben?«
    »Ich glaube daran«, flüsterte die Verwundete. »Du tötest nur den zerrissenen Leib, nicht mich. Wir sehen uns wieder, Stellanka. Sei nicht so kindisch. Was ist schon das Sterben? Du rechnest ja selbst jede Minute damit. Und hast du Angst davor? Sei ehrlich …«
    »Ich habe Angst.« Stella Antonowna ballte die klammen Finger verbissen zur Faust. Wir müssen weiter, dachte sie. Nur noch ein paar Werst. Die Front ist schon zu hören. Das ständige Donnergrollen der Kanonen. Wie nah wir sind, haben wir ja erlebt. Unsere eigene Artillerie hat uns getroffen! Und wir sitzen hier und reden über Gott. Ein vollkommen sinnloses Gespräch. Aber es scheint Katjuscha zu beruhigen.
    »Ich habe keine Angst mehr«, sagte Katja kaum hörbar. Stella mußte sich zu ihr niederbeugen, um sie zu verstehen. Blutschaum trat auf die Lippen der Verwundeten und blähte sich bei jedem Wort. »Bin ich nicht schon tot? Gib mir die Hand, Stellinka.«
    Stella wühlte im Stroh, bis sie Katjas eisige Hand gefunden hatte, und hielt sie fest. Von draußen herein kam das andere Mädchen, Tamara Fjodorewna. Ihre Kleidung war von Eiskristallen überzogen, vor ihrem Mund hing eine dicke, weiße Wolke. Sie lehnte sich an die Tür und drückte beide Hände gegen die Brust. Sie war gelaufen, als sei der Teufel hinter ihr her.
    »Panzer …«, rief sie, unterbrochen von heißem Keuchen. »Die Straße ist voll von deutschen Panzern! Wir müssen weg! Sofort weg!«
    »Du lebst wirklich weiter?« fragte Stella. Sie beugte sich über Katja, wischte ihr den Schaum vom Mund und streichelte ihr Gesicht. Die Verwundete verzog die Lippen; es sollte ein Lächeln sein.
    »Ja, Stellinka.«
    »Du schwörst es?«
    »Ich schwöre es … Wir … wir sehen uns wieder … bestimmt … Ich … ich warte auf dich …«
    In andächtigem Schweigen erhob sich Stella. Sie deckte Katja wieder mit dem Stroh zu, streichelte ihr noch einmal mit unsäglicher Zärtlichkeit über das Gesicht, küßte ihr die geschlossenen Augen und die Stirn und entsicherte dann mit dem Daumen das Gewehr. Tamara Fjodorewna an der Tür faltete die Hände und wandte den Kopf der vereisten Bretterwand zu.
    Zwei Schüsse dröhnten. Dann stieß Stella die schluchzende Tamara an und riß die Tür auf. Der Eiswind schlug ihr ins Gesicht; sie duckte sich, zog den Kopf zwischen die Schultern und stürzte hinaus. Tamara folgte ihr auf dem Fuß, holte sie ein und riß sie am Oberarm herum.
    »Warum hast du das getan?!« schrie sie gegen den heulenden Wind.
    »Olga war schon tot – es war nur zur Sicherheit!« schrie Stella zurück. Ihr Gesicht schien zu zerfließen.
    »Und Katja?!«
    »Sie wird

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