Frauenbataillon
auf die schmalen Schultern und ging wieder hinaus in die eisige Kälte.
Es zeigte sich, daß Soja Valentinowna weder getröstet werden konnte noch wollte, bei Frauen ist es ja ohnehin fast unmöglich, solche Feinheiten zu unterscheiden. Sie sah Miranski nur mit böse blitzenden Augen an, als der ihr erklärte, es sei unter der Würde eines Verbindungsoffiziers, mit einem Essenkessel auf dem Rücken über die Steppe zu rennen.
»Es wird sich alles finden, Foma Igorewitsch!« sagte die Bajda finster. »Bind dir die Hosen zu, wenn die Angst dir das Spundloch weitet! Ich habe gute Augen. Mir wird sofort klar sein, wie es Victor ergangen ist.«
»Eine Frage sei erlaubt!« schrie Miranski in einer plötzlichen Aufwallung von Verzweiflung. »Ist das hier ein Puff oder eine Abteilung des Frauenbataillons?!«
»Beides, du schweißfüßiger Bock, beides, damit du's weißt!« schrie sie zurück. »Wir tragen eine Uniform, wir können leiden, bluten und sterben. Wir kämpfen für unsere Heimat wie die Männer, und keine von uns hat sich jemals beklagt, keine hatte schlappgemacht. Aber was ist unter dem Rock, he? Sind wir zugenäht, nur weil wir eine Uniform tragen? Das Gewehr zwischen die Beine geklemmt … ist das ein Ersatz?! Und da fragt er noch, ob wir ein Puff sind! Du lieber Himmel, einen Tag lang möchten wir nichts anderes sein als das!«
Miranski sah ein, daß es unmöglich war, die Bajda jetzt noch zu bremsen. Er bedauerte Leutnant Ugarow zutiefst, versicherte ihn insgeheim seines Mitgefühls und hielt es für das beste, sich so schnell wie möglich zu entfernen.
Soja Valentinowna spuckte ihm nach, aber das sah er schon nicht mehr.
Beim Morgengrauen, gerade noch rechtzeitig im Schutze der Dunkelheit, kamen Ugarow und die Ärztin Opalinskaja zurück. Müde stolperten sie durch den Laufgraben und prallten auf die Bajda, die, fast zum Eiszapfen erfroren, im Hauptgraben auf sie wartete.
»Willkommen!« zischte sie giftig und blickte Ugarow an, als wolle sie ihn mit ihren Augen zerschneiden. »Ich bin Kapitän Bajda.«
»Ich weiß, meine Liebe«, antwortete die Opalinskaja mit einer verteufelten Vertrautheit, die nichts anderes ausdrückte als die Tatsache, daß sie sich für gleichwertig hielt. Ein Arzt läßt sich keine Befehle erteilen. »Victor Iwanowitsch hat von Ihnen erzählt.«
»Hat er das?« Soja Valentinownas Stimme klang fast wie ein Heulen. »Der gute Victor. Ein guter Unterhalter ist er, nicht wahr?«
»Wir verstehen uns gut!« sagte die Opalinskaja schlicht. »Wo kann ich meine Sanitätsstation einrichten? Haben Sie einen freien Bunker?«
»Wir haben keine Verluste!«
»Noch nicht.« Galina Ruslanowna blickte hinüber zu den deutschen Stellungen. »Das wird sich in Kürze ändern. Hinten in der Steppe warten siebentausend Panzer, zehntausend Geschütze und über eine Million Soldaten. Sie haben keinen freien Bunker? Dann ziehe ich bei Ihnen ein, meine liebe Soja Valentinowna …«
Ugarow erlebte zum ersten Mal, daß die Bajda um eine Antwort verlegen war.
Um so heftiger ging es her, als sie miteinander allein waren. Da Galina Ruslanowna tatsächlich vom Befehlsbunker Besitz ergriff und dies damit bekundete, daß sie ihren Sanitätskoffer auspackte und Spritzenbehälter, Injektionsschachteln, einen Sterilkocher mit Spiritusflamme, das chirurgische Besteck in einer Segeltuchrolltasche und einen Haufen Mullbinden auf dem Tisch ausbreitete, scheute sich Soja Valentinowna nicht, den Bunker Miranskis zum Schauplatz eines großen Auftritts zu machen.
»Du Hurenbock!« schrie sie und ballte die Fäuste. »Du Teufelsdreck, du! Oh, wie ich dich hasse, du neunschwänziger Satan! Kommt da eine hergelaufen mit langen Beinen, rollenden Augen und spitzen Brüsten, und schon springen dir die Knöpfe von der Hose ab! Glaubst du, ich sehe da ruhig zu! Soll mich verkriechen in ein Mauseloch und zuhören, wie ihr in den Himmel stöhnt?! Was hast du dir denn gedacht, du Satansschwanz?! Ha, da kennst du mich schlecht, du schiefmäuliger Zwerg! Soll ich dir die paar Zentimeter abschneiden, die dich so selbstherrlich machen? Was bist du dann? Haltet mich fest … ich tue es! Ich schneide es ihm ab! Er ist es nicht wert, so etwas zu haben!«
Miranski saß still auf seiner Pritsche und ließ sie toben. Ein Vollblutweib, das ist sie, dachte er, während ihm ein fast heiliger Schauer über die Schultern lief. Der gute Ugarow wird das nie überleben. Er kann höchstens darauf hoffen, daß die verdammten Deutschen dieses
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