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Frauenbataillon

Frauenbataillon

Titel: Frauenbataillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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der Frühling über Steppe und Fluß.
    Fritz Plötzerenke genoß den sonnendurchfluteten Frieden: Er badete am hellen Tag nackt im Fluß. Die sowjetischen Stellungen waren ungefähr achthundert Meter vom anderen Donezufer entfernt. Dazwischen lagen ein paar zerstörte Gehöfte mit verwilderten Gärten und blühenden Kirschbäumen. Auch die kleinen Weiden und Pappeln am Ufer leuchteten in blühender Pracht.
    Fritz Plötzerenke badete ausgiebig, schwamm weit in den Fluß hinaus, tauchte, spielte toter Mann, kletterte dann ans Ufer zurück und rannte ein paarmal mit angewinkelten Armen wie auf einem Sportplatz hin und her.
    Nichts geschah. Plötzerenke ließ sich in der Sonne trocknen und erschien stolz wieder bei seiner Kompanie. Dort wartete schon Leutnant Bauer III auf ihn. Empfangen wurde er jedoch zunächst vom Spieß der 4. Kompanie, Hauptfeldwebel Richard Pflaume.
    Wenn jemand Pflaume heißt, ist das schon tragisch genug. Beim Militär, vor allem bei einem Vorgesetzten, bedeutet solch ein Name einen nie endenden Kampf gegen Gegrinse und blöde Witze. Vor allem entfällt der bei Unterführern so beliebte Ausruf: »Sie traurige Pflaume!«, was die Ausdrucksmöglichkeiten beträchtlich einengt. Hauptfeldwebel Pflaume achtete denn auch peinlich darauf, ob sich auf den Mienen des aus dem Stammlager kommenden Ersatzes – vor allem bei jungen Bürschchen mit gerade sechswöchiger Grundausbildung – ein dummes Grinsen oder stille Freude zeigte, wenn er sich höflich vorstellte.
    »Das dämliche Grinsen wird euch schon vergehen!« brüllte er dann jedesmal. »Hinlegen! Mutter Erde küssen! Euch wird das Loch noch dampfen!«
    Das hinderte die 4. Kompanie freilich nicht daran, bei jeder sich bietenden Gelegenheit Richard Pflaume zur Weißglut zu treiben. Angefangen von einem anonymen Plakat an der Wand der Feldküche: ›Rezept für Pflaumenkuchen! Man nehme: Eine besonders große, reife Pflaume, bevor sie vor Faulheit stinkt …‹, bis zu jenem Vorfall, als die ganze Kompanie in Ruhestellung bei dem Kommando: »Ein Lied!« statt »O du schöner Westerwald …«
    »O, du schöner Pflau-au-au-menbaum …« zu singen begann – es verging kaum ein Tag, an dem Richard Pflaume nicht an seinem Namen litt.
    Heute wartete der Hauptfeldwebel im vorderen Graben. Bei der allgemeinen Ruhe an der Front kam auch der Kompanietrupp, der sonst weiter rückwärts lag, nach vorn – die beiden Schreiber, der Unteroffizier für Waffen und Geräte, der Furier, der Feldwebel vom Troß, die beiden Kradmelder. Sie lagen in der Sonne, spielten Skat, schrieben Briefe, lasen Reclamhefte oder rote Ullstein-Bücher, dösten oder schimpften auf den Krieg. Richard Pflaume hatte gerade mit Leutnant Bauer III die Urlaubsanträge durchgesprochen. Noch wußte man nicht, daß bis auf weiteres alle Urlaube vom Armee-Oberkommando gesperrt worden waren und daß Feldmarschall v. Manstein und sein Kollege Feldmarschall v. Kluge, der Chef der Heeresgruppe Mitte, mehrmals bei Hitler vorstellig geworden waren, um eine Verstärkung ihrer Divisionen oder die Heranführung neuer Divisionen zu erwirken.
    Bei der 4. Kompanie lagen neunzehn Anträge auf Heimaturlaub vor, darunter auch einer von Fritz Plötzerenke. Begründung: Ich war neun Monate nicht zu Hause. Mein Vater ist 74 Jahre, meine Mutter leidet an Rheuma und meine Frau wünscht sich für Großdeutschland einen strammen Jungen …
    »Beim Chef melden in voller Uniform!« sagte Richard Pflaume genüßlich, als Plötzerenke vom Donez zurückkam. »Der Urlaub ist im Eimer! Du hast wohl 'ne Macke, am hellichten Tag zu baden!«
    »Es ist ein so schöner Tag, Herr Hauptfeldwebel!« Plötzerenke blinzelte in den wolkenlosen, blaßblauen Himmel. »In den Gärten da drüben blühen sogar die Pflaumenbäume …« Er stockte, starrte Pflaume an, sah, wie dieser tief Luft holte, und fügte schnell hinzu: »Und die Kirschen auch …«
    »Feldmarschmäßig antreten!« brüllte Pflaume. »In zehn Minuten Meldung beim Chef! Und dann sprechen wir uns noch, Plötzerenke!«
    Leutnant Bauer III saß an einem wackeligen Tisch und trank Kaffee, als sich Plötzerenke meldete. Er polterte in den Unterstand, knallte die Hacken zusammen und zog den Riemen des Gewehres straff. Die Gasmaskenbüchse schepperte gegen den umgeschnallten Spaten.
    Bauer III setzte den Emaillebecher ab, betrachtete Plötzerenke wie einen armen Irren und schüttelte dann langsam den Kopf. Es hat keinen Sinn, einen Stabsgefreiten anzubrüllen. Das ist eine

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