Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frauenbataillon

Frauenbataillon

Titel: Frauenbataillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
auch, mit wem wir es zu tun haben! Zwei Pioniere haben sie in der Nacht mit einem Schlauchboot zurückpaddeln sehen. Es sind Scharfschützinnen.«
    »Da haben wir die Scheiße!« sagte Dallmann bitter. »Bei Molle war's noch eine Vermutung, jetzt wissen wir's! Verdammt, wenn ich bloß den ersten Abschuß schon hinter mir hätte! Ist wie bei 'ner Jungfrau: Beim ersten Mal, da tut's noch weh!«
    Bereits in dieser Nacht schlich Peter Hesslich ins Niemandsland und legte sich zwischen den Bauernhäusern und dem Fluß auf die Lauer. Einen Kilometer weiter nördlich kroch Uwe Dallmann durch die Steppe und wartete in einem Kusselgelände.
    Die Stelle, an der Stella Antonowna an Land ging, lag genau zwischen ihnen. Drei Nächte lang hatte sie beobachtet, daß an einer kleinen Landzunge die Deutschen im Schutze der Dunkelheit und zweier Maschinengewehre badeten. Ihre Kaltschnäuzigkeit verwunderte sie. Aber einen deutschen Landser, der den Rückzug von der Wolga bis zum Donez überlebt hatte, konnte nichts mehr erschüttern – auch ein sowjetischer Scharfschütze nicht. Schließlich hatte man zwei MGs mitgebracht – da sollte der Iwan ruhig kommen!
    Am Morgen meldeten Stella Antonowna und Schanna Iwanowna zwei Treffer.
    Zwei deutsche MG-Schützen.
    Soja Valentinowna Bajda umarmte und küßte sie. Miranski gab grusinischen Kognak aus, den er vom Freund im Verpflegungslager, dem dicken Genossen Lagerleiter, in Melechowo bekommen hatte. Miranski hatte ihm dafür versprochen, ihm bei nächster Gelegenheit die dralle Nani hinüberzuschicken, die ununterbrochen klagte, sie brauche einen Mann, sonst explodiere sie wie eine Tretmine.
    Mit zusammengekniffenen Augen stand Peter Hesslich im Schutz eines Bauernhauses und blickte hinüber zum Donez und den fernen sowjetischen Gräben. Uwe Dallmann saß an der Wand und kaute an einem Kanten Kommißbrot.
    »Schön beschissen steh'n wir da!« sagte er schmatzend. »Vor unserer Nase … zwei saubere Kopfschüsse!«
    »Ich bekomme sie!« Peter Hesslich hieb die Fäuste zusammen und atmete tief durch. »Das ist jetzt meine Lebensaufgabe: Dieses Aas erwische ich …«
    Es war wie ein Schwur.
    *
    Wenn der Krieg schläft, und sei es nur für ein paar Stunden, wenn Grausamkeit und Vernichtung Atem holen für das neue Sterben, dann erwacht in erschütternder Friedenssehnsucht die Menschlichkeit.
    Eine Kampfpause bei der Belagerung von Leningrad. Aus den Erdlöchern, aus den Ruinen der Vorstädte, aus Kellern und Gräben kriechen Sanitäter, richten sich auf, winken einander zu und treffen sich. Auf sowjetischer Seite rennen Mädchen in erdbraunen Uniformen heran, zwischen sich die Segeltuchtragen – Sanitäterinnen, Feldscherinnen, Ärztinnen, die seit Wochen unter berstenden Granaten, dem heulenden Tod der Stukas und im Hämmern der deutschen Maschinengewehre ausgehalten haben, in den Kellern die Verwundeten verbanden, auf ausgehängten Türen oder wackeligen Tischen operierten und amputierten, Splitter aus zerfetzten Körpern holten und nachts, unter direktem Beschuß, die Überlebenden nach hinten in die Stadt brachten – auf Karren oder Schlitten, oft auch in Zeltplanen, Meter um Meter fort von der Feuerlinie bis zur halbwegs sicheren Sammelstelle der Verwundeten. Dort bekamen sie einen heißen Tee, schöpften Atem und rannten dann zurück in die vorderste Front.
    Von allen Seiten kamen sie nun und sammelten zwischen den Stellungen die Verwundeten auf – die deutschen Sanitäter mit rotem Kreuz auf weißer Fahne, auf Armbinden oder sogar auf Binden um den Stahlhelm, die Russen ohne Zeichen, nur mit umgehängten Sanitätstaschen, ohne Helm, mit Käppis oder Pelzmützen.
    Da sind die beiden jungen Ärzte, die sich im Niemandsland treffen, ein Russe und ein Deutscher. Der Russe kniet in einem Trümmerhaufen neben einem Verwundeten und hält dessen Kopf. Der Verwundete röchelt laut und zittert am ganzen Körper; seine Finger graben sich in den Boden, krallen sich um Steine und Staub. Mit weit aufgerissenen Augen starrt er in den Himmel; sein Blick ist schon jenseits aller Gegenwart.
    »Kann ich dir helfen?« fragt der deutsche Unterarzt, steigt über ein zerborstenes Mauerstück und geht auf den Russen zu.
    »Danke. Es hat keinen Sinn mehr.« Der sowjetische Arzt antwortet in einwandfreiem Deutsch. »Aber vielleicht hast du etwas gegen die Schmerzen? Wir haben nichts mehr in der Stadt. Wir können nur noch die Zähne zusammenbeißen.«
    Der deutsche Arzt kniet neben dem verwundeten Russen,

Weitere Kostenlose Bücher