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Frauenbataillon

Frauenbataillon

Titel: Frauenbataillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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alte Kommißweisheit. Wer sie ignoriert, gibt sich der Lächerlichkeit preis. Einen Stabsgefreiten zu erschüttern, ist schwerer, als einem Elefanten die Fußsohlen zu kitzeln.
    »Was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht, als lebende Zielscheibe im Donez zu schwimmen«, fragte Leutnant Bauer III milde.
    Plötzerenke blickte an seinem Chef vorbei gegen die Wand des Unterstandes. Oje! Der Alte macht auf zart. Dann wird's gefährlich. Er sagte immer: Der Alte, obwohl er selbst mit seinen 26 Jahren zwei Jahre älter war als Bauer III.
    »Nichts, Herr Leutnant.«
    »Das habe ich geahnt! Wissen Sie überhaupt, was denken ist?«
    »Ich bin mir nicht sicher …«
    »Denken ist das, was aufhört, wenn man ein kleines rundes Loch in die Stirn geknallt bekommt! Ist Ihnen das klar?«
    »Es war alles ruhig bei den Iwans!«
    »Zum Teufel, da drüben liegen Weiber. Ein Frauenbataillon. Scharfschützinnen! Aber das geht Sie einfach nichts an, was? Da springen Sie nackt herum.«
    »Vielleicht hat mein männlicher Anblick die Weiber abgehalten, auf mich zu zielen.«
    »Plötzerenke …«, sagte Bauer III mahnend.
    »Lisbeth, meine Frau, sagt immer: Fritz, wenn du die Hose ausziehst … direkt Angst kann man bekommen!«
    »Raus!« Bauer III zeigte auf den Ausgang. »Drei Nächte Wache!«
    »Jawoll, Herr Leutnant!« Plötzerenke stand wie eine Eins. »Ich habe noch eine Meldung abzugeben …«
    »Was denn? Hat man Sie fotografiert?«
    »Im Dorf zwischen dem Donez und den sowjetischen Stellungen müssen die Iwans in aller Ruhe die Gärten besorgen. Es laufen sogar Schweine herum. Schweine, Herr Leutnant …« Plötzerenkes Gesicht verklärte sich. »Und zwei Ferkelchen …«
    »Stabsgefreiter …«, sagte Bauer III in warnendem Tonfall.
    »Herr Leutnant …«
    »Wenn es in den nächsten Tagen bei uns Schweinebraten gibt, mache ich gegen Sie einen Tatbericht, ist das klar?«
    »Es kann sich um einen Überläufer handeln, Herr Leutnant.«
    »Über den Donez?«
    »Schweine können schwimmen.«
    »Raus!« Bauer III zeigte wieder auf den Ausgang. Plötzerenke machte eine krachende Kehrtwendung und verließ den Unterstand.
    Draußen wartete wie ein Habicht auf eine Maus Hauptfeldwebel Pflaume. Er lächelte, und das war gefährlich.
    »Sie haben mir nichts zu sagen?« blies er Plötzerenke an, als dieser an ihm vorbeimarschieren wollte.
    »Drei Nächte Wache, Herr Hauptfeld!« Plötzerenke blieb stehen und grinste breit.
    »Und weiter?«
    »Ich soll den Küchenbullen fragen, ob er Schinken und Speck räuchern und ob er für den Herrn Leutnant molotschnij porosjonok machen kann …«
    »Was ist'n das?« Pflaume riß die Augen auf.
    »Eine russische Spezialität: Gebratenes Spanferkel mit Trockenpflaumen …«
    Hauptfeldwebel Pflaume dachte an den alten Spruch, daß Vergeltung erst mit der Zeit reift, und verzichtete auf sinnloses Losbrüllen. »Wenn Sie den Heldentod sterben«, sagte er bloß, »halte ich die Grabrede. Das laß ich mir nicht nehmen! Und dann besauf ich mich. Hauen Sie ab, Plötzerenke!«
    Bei Hesslich und Dallmann liefen alle Beobachtungen zusammen. Als ›Kommandierte‹ lebten sie im Bunker des Kompaniechefs oder strichen allein oder gemeinsam im Niemandsland umher. Manchmal meldeten sie sich ab und blieben zwei Tage und Nächte draußen, hausten dann in den zerstörten Bauernhäusern und Scheunen oder lagen am Ufer des Donez und warteten auf ein neuerliches Übersetzen der Scharfschützinnen.
    Manchmal sahen sie durch ihre starken Ferngläser im gegenüberliegenden Dorf ein paar erdbraune Gestalten, die in aller Ruhe in den Gärten arbeiteten. Die Katen waren ausgebrannt und verfallen; oft standen nur noch ein paar Wände, aus denen schwarzverkohlte Balken ragten. Aber zwischen den Ruinen wuchs und blühte es, als sei nie eine Feuerwalze über diesen Boden hinweggestürmt. Das ewige Leben, das in der Erde ruhte, brach mit ungebrochener Kraft durch und ließ die Pflanzen sprießen. Was Menschenhand zerstört hatte, nahm die Natur nun wieder in Besitz und überzog es mit einem Zauber aus Grün und bunten Blüten.
    »Sie haben sogar Sonnenblumen gepflanzt!« sagte Dallmann fassungslos. »Begreifst du das?«
    »Was wäre Rußland ohne Sonnenblumen?«
    »Die werden doch nie und nimmer! Beim nächsten Artilleriefeuer wichsen wir sie zusammen!«
    »Ich weiß nicht.« Hesslich blickte hinüber zu den Russen. Deutlich erkannte er fünf Mädchen, die in einem Garten arbeiteten. Sie trugen die Haare offen im warmen Wind und hatten

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