Frauenbataillon
besten Schützinnen der Roten Armee, kläglich versagt. Beim ersten Mal hatte dieser geheimnisvolle Strickmützenmann sie laufen lassen. Schon dies hatte Soja Valentinowna wie eine ungeheuerliche Provokation empfunden, die nichts anderes ausdrücken sollte als: Nehmt sie zurück, sie ist ja nur eine Frau! Heute war nun die Blamage total: Schanna lag nicht als fünfte Tote in der Steppe, sondern hatte sich entführen lassen.
»Damit ist die Ruhe endgültig vorbei!« schrie Soja Valentinowna wild und fuchtelte mit den Armen. »Wo immer wir die Deutschen jetzt treffen können, werden wir zur Stelle sein! Seht sie euch an, eure Kameradinnen, blutverschmiert, ihre Leiber zerrissen … und denkt daran, daß es unter euch einmal eine Schanna Iwanowna gab, die alle Aussichten hatte, Heldin der Sowjetunion zu werden. Jetzt ist sie in den Händen der Faschisten! Sie werden sie aufhängen, das wißt ihr. Man wird sie verhören und quälen, wird sie bis aufs Blut peinigen – und dann bekommt sie einen Strick um den Hals! Haltet euch dieses Bild stets vor Augen! Ab heute gibt es Tag und Nacht nur noch eins: Tod dem Feind! Wir werden nicht mehr warten, bis sie kommen, wir werden hinübergehen und uns die Deutschen holen! Der Genosse General Konjew hat mir alle Vollmachten gegeben!«
Sie begruben die vier Toten, und ein Ehrensalut erscholl über den Gräbern. Stella Antonowna sprach ein Gedicht von Maxim Gorkij, und es waren viele in der Reihe, die leise weinten oder laut schluchzten. Dann teilte die Bajda die neuen Kampfgruppen ein … das Ufer des Donez wurde besetzt; die Mädchen lagen, mit Grasbüscheln und auf den Rücken geschnallten Büschen getarnt, im Sand des Uferbereichs. Nach Einbruch der Nacht gruben sie sich enge Löcher, in denen sie sich gerade bewegen konnten. Sie mit einer Granate zu erreichen, wäre schon ein Glückstreffer gewesen – begann der Beschuß, duckte man sich in das enge Loch, schob über sich einen Deckel aus dicken Holzbohlen und wartete in aller Ruhe ab. Links und rechts waren Augen genug, die den Gegner beobachteten und nicht beschossen wurden. Sollten die Deutschen tatsächlich so verrückt sein, den Donez überqueren zu wollen, so würde sofort Alarm geschlagen werden.
Schon in der nächsten Nacht ließen sich Stella Antonowna, Marianka Stepanowna und Lida Iljanowna auf die andere Seite des Flusses treiben. Sie hatten für ihr Unternehmen ein Floß gebaut, auf dessen Oberfläche sie Büsche nagelten. Im Wasser sah es aus wie eine kleine treibende Insel, die die Strömung irgendwo vom Ufer abgerissen hatte und die nun träge den Donez hinabschwamm. In den Büschen versteckten sie ihre Gewehre und die Munition, ihre Kleider und die Stiefel. Dann hängten sie sich nackt an den Rand des Floßes und drückten, unsichtbar für jeden, die ›Insel‹ schwimmend vor sich her hinüber zur deutschen Seite. Dort blieben sie ein paar Minuten mit gespannter Aufmerksamkeit im Wasser liegen, lauschten und taxierten jeden Laut, der zu ihnen drang, und stiegen erst dann unhörbar aus dem Fluß, als sie sicher waren, daß man ihr Floß nicht erkannt hatte. Sie zogen sich an, preßten die Gewehre an sich und krochen über das Land wie große braungrüne Echsen.
An anderen Stellen setzten andere Mädchengruppen über den Donez, nachdem sie den ganzen Tag über die gegnerische Seite beobachtet hatten. Dort war man sehr sorglos geworden. Fast drei Monate Ruhe und nun gewissermaßen eine Sommerfrische führten zu einer geradezu wahnwitzigen Euphorie. Man verlor den Blick für die Realität … man sah die blühenden Blumen, roch die Gräser, badete in der Sonne. Der blausilbern schimmernde Fluß lockte, das Zwitschern der Vögel klang wie der Gesang einer atemholenden Welt. Und die Nächte am Donez waren warm, vom Marketender war Schnaps und sogar Wein gekommen, und im Grunde fehlten nur noch ein paar hübsche, anschmiegsame Frauen zur vollendeten Harmonie.
Die Posten lagen weit auseinandergezogen und dösten mürrisch vor sich hin. Der Iwan und jetzt kommen! Plötzlich, so ganz still und leise, auf Socken vielleicht? Blödsinn! Wenn der Iwan kommt, dann macht er's mit allen offenen Rohren! Das merkt man früh genug. Dann wackelt die Erde, und das bemerkt ein jeder.
Selbstverständlich besuchte Fritz Plötzerenke in dieser Nacht auch wieder seinen schönen Fang. Am Tage war er zweimal bei Schanna Iwanowna gewesen, hatte ihr kalten Malzkaffee, Kekse und Büchsenfleisch gebracht. Sie hatte ihm indessen alles ins
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