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Frauenbataillon

Frauenbataillon

Titel: Frauenbataillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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vorgeschnellt wäre. Aber sie tat es nicht. Er hilft mir, dachte sie, und dieser Gedanke, den die Bajda ein Verbrechen genannt hätte, überwältigte sie. Er ist ein Schwein, er vergewaltigt mich; er bestätigt und verstärkt in mir einen nie versiegenden Haß gegen alles Deutsche. Aber er hilft mir! Er will das Wundfieber und die Eiterung aufhalten. Er macht sich Sorgen um mich wie ein Liebhaber, ein Lebensgefährte. Dabei rückt sein Tod mit jeder Stunde näher heran …
    »Das hätten wir«, sagte Plötzerenke zufrieden, nachdem er sie verbunden hatte. »Das machen wir jetzt ein paarmal am Tag, und jedesmal bekommt der liebe Junge eine Belohnung. Jetzt aber essen wir erst unseren Kuchen, was? Echter deutscher Kuchen! Mit Eipulver und gelber Farbe … früher waren das nur Eier. Zwölf Stück, so war das üblich bei uns. Wenn meine Mutter Streuselkuchen backte, war die Hälfte der Streusel schon weggefressen, bevor sie aufs Blech kamen. Ach ja, du verstehst mich ja nicht. Komm, iß …«
    Erstmals band er ihre Hände los, schob ihr dann den Kuchen in den Schoß und begann selbst aus dem Kochgeschirr die Bohnensuppe zu löffeln. Natürlich war sie kalt und pampig geworden, aber das stört einen Stabsgefreiten nicht. Für ihn ist so ziemlich alles vertilgungswürdig. Solange der Mensch lebt, soll er fressen, saufen und vögeln. Jede andere Lebensauffassung ist ungesund. Man quält sich nur damit. Plötzerenkes Moral bewegte sich denn auch ausschließlich mit diesen drei Betätigungen, und sein bisheriges Wohlbefinden bestärkte ihn in der Überzeugung, daß der Mensch im Grunde sehr einfach konstruiert ist und nur das, was man Ethik nennt, alles unnötig verkompliziert.
    Plötzerenke drückte das indessen nicht so gelehrt aus. Er sagte: »Ist doch alles Scheiße! 'n Teller voll Fleisch, 'n schönes Bier und hinterher was Strammes auf der Matratze – dann verkalkt der Papa nicht!«
    Schanna beobachtete ihn. Er schmatzte, leckte den Blechlöffel ab, kratzte das Kochgeschirr aus und stieß drei zufriedene Rülpser aus. Sie brach ein paar kleine Stücke von dem Kuchen ab, weichte sie mit dem Speichel auf, bis sie den Brei schlucken mußte und sagte sich: »Das ist keine Kapitulation! Du hast nur geschluckt, um für die Rache zu überleben! Es ist eine Kriegslist. Du mußt kräftig bleiben, um ihn zu vernichten.«
    Sie aß auch noch den Rest Schokolade vom Nachmittag und wußte, daß nun Plötzerenkes ›Nachtisch‹ folgen würde. Jene furchtbare Erniedrigung der Schanna Iwanowna, die sie nur mit seinem Blut zu tilgen können glaubte. Als Plötzerenke seine Hose auszog, biß sie die Zähne zusammen und atmete schwer.
    »Ich möchte dir soviel erklären«, sagte er ihr und setzte sich neben sie. Verwundert stellte sie fest, daß er sie nicht, wie bisher immer, mit gespreizten Gliedern an Pfosten band. »Aber du kannst kein Deutsch, und ich bin zu dämlich für Russisch. Ich weiß, daß du mich umbringen willst, aber du weißt nicht, daß ich dich wirklich mag! Das ist kein Schmus, Kleine! Na ja, ich hab zu Hause 'ne Frau, strammer als du, ich sag dir, an der ist alles rund, da kann man sich dran festhalten. Aber so was Zartes, Junges wie dich hab ich noch nie gehabt, immer nur massive Weiber. Du glaubst mir ja doch nicht, wenn ich dir sage, daß ich mich verliebt habe … ja, in dich! Blöd was, sich in ein Flintenweib zu verknallen. Aber dagegen kann man ja nicht an, was, da biste machtlos, das macht das Herz so ganz alleine … Und nun frag ich mich: Was machste mit der Kleinen, wenn der Krieg wieder losgeht? Das ist'n echtes Problem, Mädchen. Dich in Gefangenschaft schicken, wäre total blöd. Da greift dich der SD raus und hängt dich auf. Auf so was wie dich sind se scharf, die Einsatzgruppen. Scharfschützin – Mädchen, wie konnt'ste bloß so was werden? So'n hübsches Ding wie du …« Er legte sich neben sie ins Stroh, und jetzt hätte Schanna sich wie eine Tigerin über ihn werfen und ihn töten können. Aber sie tat es nicht. Sie lauschte nur seiner Stimme, und obgleich sie kein Wort verstand, hörte sie ihm zu.
    Es war sein Glück, daß der Trupp unter Führung Stella Antonownas nicht nach links, sondern nach rechts abschwenkte und sich auf eine Häusergruppe zu bewegte, hinter deren mit Decken verhängten Fenstern sie einen Lichtschein gesehen hatten. Die Mädchen kamen dadurch in das Gebiet der Maschinengewehrabteilung, die sich in einem ehemaligen kleinen Gut eingerichtet hatte, ein vorzüglicher Platz

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