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Frauenbewegung und Feminismus - eine Geschichte seit 1789

Frauenbewegung und Feminismus - eine Geschichte seit 1789

Titel: Frauenbewegung und Feminismus - eine Geschichte seit 1789 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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gesicherte Familie gründen kann … Den Frauen und Müttern gehören die Haus- und Familienarbeiten, die Pflege, Überwachung und erste Erziehung der Kinder … Die Frau und Mutter soll neben der ernsten öffentlichen und Familienpflicht des Mannes und Vaters die Gemütlichkeit und Poesie des häuslichen Lebens vertreten, Anmut und Schönheit in die gesellschaftlichen Umgangsformen bringen und den Lebensgenuss der Menschheit veredelnd erhöhen» (zit. n. Thönessen 1969, 19).
    Louise Otto hatte diese Äußerungen und den Grundsatz der Lassalleaner, die Lage der Frau könne nur durch die Lage des Mannes verbessert werden, als «aller Gesittung und Humanität hohnsprechend» bezeichnet. Doch dieser «proletarische Antifeminismus» (Thönessen 1969), der auch in der französischenArbeiterbewegung unter dem Einfluss des Sozialisten und Anarchisten Pierre-Joseph Proudhon als eine biologistisch-materialistische Geschlechtertheorie begründet wurde, blieb ein immer wieder die Debatten dominierender Diskurs, der sich auf eine breite Literatur und die zweifellos unerträglichen Arbeits- und Lebensbedingungen der Frauen und Kinder in den Fabriken stützen konnte. Beim Vereinigungskongress der
Lassalleaner
und
Eisenacher
zur
Sozialdemokratischen Arbeiterpartei
1875 unter der Führung von August Bebel gelang es immerhin, im
Gothaer Programm
das Wahlrecht
aller
Staatsangehörigen, also auch der Frauen durchzusetzen, jedoch ohne sie mit dem von August Bebel vorgeschlagenen Zusatz «beiderlei Geschlechts» ausdrücklich einzubeziehen.
    Mit der Verfolgung der Arbeitervereine nach dem Erlass der
Sozialistengesetze
1878 rückten die Arbeitervereine und die Assoziationen der Arbeiterinnen enger zusammen. Einerseits war die Erfahrung von Verfolgung, Verhaftung, Ausweisung ihrer Männer und Väter für die Politisierung der Frauen ausschlaggebend. Sie entwickelten sich zu findigen und listigen Hilfstruppen einer Partei im Klassenkampf, indem sie unter ihren weiten Röcken, im Kinderwagen oder an Marktständen Propagandamaterial schmuggelten und dafür oft genug verurteilt und bestraft wurden (z.B. Pauline Staegemann, vgl. Juchacz 1971, 25f.). Andererseits war die Aufnahme von Frauen in Gewerkschaften und Vereine nun doppelt riskant, weil neben dem Verbot «sozialistischer Umtriebe» die politische Betätigung von Frauen nach wie vor durch die Vereinsgesetze von 1850 verboten war – übrigens auch für die bürgerlichen Frauenvereine wie den
ADF
, was zweifellos auch deren Programmatik einschränkte. Denn nach einer erneuten Entscheidung des Reichsgerichts aus dem Jahr 1887 galten «alle Angelegenheiten, welche Verfassung, Verwaltung, Gesetzgebung des Staates, die staatsbürgerlichen Rechte der Untertanen und die internationalen Beziehungen der Staaten zu einander in sich begreifen», als «politische Gegenstände» (RGSt 1888, Bd. 16, 383–386). Danach war Frauen eigentlich alle öffentliche Verhandlung darüber verboten, was nur auf dem Wege der Gesetzgebung zu verändern war.Die Arbeiterinnenvereine blieben gleichwohl sehr viel stärkeren Repressionen durch die Staatsgewalt ausgesetzt, da ihre sozialistische und klassenkämpferische Agitation von vornherein als politisch galt. Es war ein alltäglicher «polizeilicher Kleinkrieg», der durch Versammlungsstörung, Versammlungsverbote, Prozesse und Presseverbote, durch Verhaftung und Ausweisung der Führerinnen gekennzeichnet war.
    Ein Sozialdemokrat, der mit seinem Eintreten für die Gleichberechtigung der Frauen von Anbeginn nicht nur praktische Solidarität geübt hat, sondern darüber hinaus dem Antifeminismus der Arbeiterbewegung theoretisch den Boden entzogen hat, war
August Bebel
(1840–1913), Begründer und Führer der
SPD
und von 1871 bis zu seinem Tod ihr einflussreichster Abgeordneter im Reichstag. Mit seinem Buch
Die Frau und der Sozialis
mus, zuerst erschienen 1879, hat er die «Frauenfrage als eine Seite der allgemeinen sozialen Frage» ins Zentrum gestellt und zugleich betont, dass es dennoch notwendig sei, sie besonders – also nicht nur als «Nebenwiderspruch» – zu behandeln. In ausführlichen Analysen der Stellung der Frau in Geschichte und Gegenwart und in seinen politischen Zielsetzungen für die Zukunft trug er alles verfügbare wissenschaftliche Material über die Frau als Geschlechtswesen, über Ehe, Sexualität und Prostitution sowie die Erwerbs- und Rechtsstellung der Frau zusammen und begründete, warum die Frau in ihrer Masse in doppelter Beziehung

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