Frauenbewegung und Feminismus - eine Geschichte seit 1789
Frauenbewegung als demokratischem Potenzial, allenfalls an den Frauen als Wählerinnen. Dabei ist der nachträglichen Legende, Frauen hätten mit ihrer Wahlentscheidung Hitler an die Macht gebracht, deutlich zu widersprechen. Richtig ist, dass im «Weimarer Muster» der Anteil der Frauenstimmen bei den christlichen und konservativen Parteien immer um einige Prozentpunkte größer war als bei den Männern, jedoch hatte sich bei der
SPD
der geschlechtsspezifische Unterschied zum Ende der 1920er Jahre abgeschliffen. Bei den radikalen Parteien auf beiden Seiten, den Nationalsozialisten und den Kommunisten, aber fielen die Frauen bei allen Wahlgängen zwischen 1919 und 1930 deutlich hinter die Männer zurück. Diese Parteien werden daher auch in der Literatur als «Männerparteien» bezeichnet. «Auf alle Fälle geht aus dem verfügbaren statistischen Material hervor, dass die Frauen in ihrem Votum für die
NSDAP
den männlichen Wählern nicht vorangingen, sondern nur langsam folgten, um zu dem Wahlsieg 1932–33 allerdings entscheidend mit beizutragen» (Bremme 1956, S. 73/75). Das bedeutet, Frauen haben Hitler nicht unbedingt an die Macht gebracht, aber sie haben ihn auch nicht entschieden genug verhindert.
Spät, zu spät versuchte die liberale Mitte im engeren Vorstand des
BDF
, der seit 1931 zur Hälfte mit Vertreterinnen der deutsch-nationalen Rechtsparteien besetzt war, Stellung zu beziehen zu den politischen Ereignissen, zur
NSDAP
und ihrer frauenfeindlichen Propaganda. Buchstäblich in letzter Minute wurden 1932 über das
Nachrichtenblatt des BDF
sog. ‹Gelbe Blätter› herausgegeben, die «Material zum Kampf der Frauen um Arbeit und Beruf» zusammenstellten. Es wurden Presseauszüge abgedruckt mit Angriffen auf die Frauenbewegung und Appellen, die staatsbürgerlichen Rechte zu wahren. Die Vorsitzende Agnes von Zahn-Harnack hatte seit 1930 zusammen mit dem
Jüdischen Frauenbund (JFB)
Aufklärungskampagnen initiiert, um mit Führungen durch Synagogen, mit Vorträgen und Veranstaltungen dem wachsenden Antisemitismus entgegenzuwirken. Es waren hilflose Versuche und defensive, unsichereAntworten, nicht anders als die Reaktionen der unter sich uneinigen demokratischen Parteien. Mit Ausnahme der Sozialdemokraten stimmten ihre letzten Vertreter im Reichstag am 23. März 1933 dem Ermächtigungsgesetz zu.
Seit Oktober 1931, seit der Gründung der
NS-Frauenschaft
, waren die Nationalsozialistinnen zum offenen Angriff gegen die Frauenbewegung vorgegangen, sie diffamierten sie als liberalistisch, jüdisch, feministisch, internationalistisch und pazifistisch und kritisierten «den übersteigerten, ungeistig gewordenen Intellektualismus» der deutschen Frauenbewegung und warfen ihr vor, «an der großen Allgemeinheit ‹Frau› vorbeigegangen» zu sein (Siber von Groote 1933). Auch in diesem Zusammenhang tauchte das Kennwort «feministisch» wieder nur denunziatorisch auf. Nach der Ermächtigung Hitlers wurde Lydia Gottschewski, seit 1932 Reichsführerin des
Bundes Deutscher Mädel (BDM),
im Mai 1933 zur Führerin der
Deutschen Frauenfront
ernannt und forderte alle Frauenvereine und -verbände ultimativ auf, sich anzuschließen, weil sie andernfalls aufgelöst würden. Die deutsch-nationalen Organisationen wie die
Vaterländischen Frauenvereine
oder die
Haus- und Landwirtschaftlichen Frauenvereine
hatten sich sofort der
Deutschen Frauenfront
angeschlossen. Da sich der
BDF
den diktierten Bedingungen: Unterstellung unter den Führer der
NSDAP,
Anerkennung der Aufgaben, die der nationalsozialistische Staat den Frauen stellt, und insbesondere der Entfernung nicht arischer Mitglieder aus den Vorständen nicht unterwerfen wollte, verzeichnet das Protokoll der Gesamtvorstandssitzung vom 15. Mai: «Unter diesen Umständen beschlossen die Vertreterinnen der im Bund angeschlossenen Verbände, den
Bund Deutscher Frauenvereine
mit sofortiger Wirkung aufzulösen.»
Die Bedeutung dieser Selbstauflösung wurde dadurch unterstrichen, dass in allen Zeitungen mehr oder weniger ausführliche Mitteilung über die «Liquidation der Frauenbewegung» gemacht wurde. Im Zeitungsdienst der NS-
Frauenfront
hieß es: «Wie die nationale Revolution aufräumt mit den Trümmern des Liberalismus, so wird die
Deutsche Frauenfront
die alte Frauenbewegung liquidieren.»
Der
Jüdische Frauenbund
war, um dem
BDF
keine Schwierigkeiten zu machen, schon vor der Auflösung des Bundes auf eignen Wunsch am 9. Mai 1933 aus dem
BDF
ausgetreten, «da eine
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