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Frauenbewegung und Feminismus - eine Geschichte seit 1789

Frauenbewegung und Feminismus - eine Geschichte seit 1789

Titel: Frauenbewegung und Feminismus - eine Geschichte seit 1789 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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der Juden in Deutschland
ihre Politik. Nun wurden Frauen verstärkt zur Umschulung in hauswirtschaftliche Berufe angehalten. Nach dem Novemberpogrom 1938 wurden die jüdischen Vereine wie der
JFB
zur Auflösung gezwungen.
Hannah Karminski
(1897–1943) und
Cora Berliner
(18901942), Professorin für Wirtschaftswissenschaften und 1933 aus dem Staatsdienst entlassen, blieben weiterhin fürsorgerisch und organisierend tätig. Sie entschieden sich aus Sorge um ihre Schicksalsgenossinnen, in Deutschland zu bleiben, obwohl sie Gelegenheit gehabt hätten auszuwandern. Beide wurden 1942 deportiert, Berliner nach Minsk, Karminski nach Auschwitz-Birkenau.
    Auch ohne Jüdin zu sein, geriet Helene Stöcker als international anerkannte Sexualreformerin, Pazifistin und Publizistin unmittelbar nach der Machtergreifung ins Visier der Gestapo. Sie hatte bereits nach dem Reichstagsbrand Berlin verlassen und fand nach einer beschwerlichen und von Krankheit gezeichneten Odyssee über die Schweiz, Schweden und die Sowjetunion 1941 schließlich in den USA eine Bleibe. Sie wurde 1937 ausgebürgert. Ihr gesamter Nachlass war sofort von der Gestapo beschlagnahmt worden. Als sie 1943 in New York – seit Langem krank und mittellos – starb, lag ein zehnjähriges hartes Emigrationsschicksal hinter ihr.
    Viele Mitglieder der
Internationalen Frauenliga (IFFF)
wurden nach dem Reichstagsbrand sogleich verhaftet und verfolgt. Verzweiflung trieb einige zum Selbstmord, z.B. Frida Perlen. Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann waren 1933 von einer Auslandsreise gar nicht erst nach Deutschland zurückgekehrt und suchten in realistischer Einschätzung der politischen Verhältnisse Zuflucht im Schweizer Exil, zunächst in Genf am Sitz der Geschäftsstelle, dann in Zürich. Die ursprünglich an großbürgerlichen Lebensstil Gewöhnten waren nun auf die Unterstützungihrer Gesinnungsgenossinnen angewiesen und arbeiteten, soweit es der zunehmend verschlechterte Gesundheitszustand zuließ, als «Weltbürgerinnen» weiterhin im Netzwerk der
Internationalen Frauenliga
. Im Alter von 86 bzw. 75 Jahren ist das kongeniale Freundinnenpaar im gleichen Jahr 1943 gestorben.
    In ihren Antworten auf die Angriffe der Nationalsozialistinnen gegen die «alte Frauenbewegung» war Gertrud Bäumer der Kritik sehr weit entgegengekommen, ja sie wiederholte in einem Leitartikel in
Die Frau
von 1933/34 zu «Lage und Aufgabe der Frauenbewegung in der deutschen Umwälzung» jene verheerende politische Indifferenz, die sie auch schon 1932 in ihrem Buch
Die Frau im deutschen Staate
verkündet hatte: «… im letzten Grunde (sei) es völlig gleichgültig, wie der Staat beschaffen ist, in dem heute die Frage der Einordnung der Frauen besteht: ob es ein parlamentarischer, ein demokratischer oder ein faschistischer Staat ist.» Trotzdem, auch Bäumer war im April 1933 nach dem «Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums» als Ministerialrätin im Reichsministerium des Inneren entlassen worden und widmete sich mit gekürztem Ruhegehalt der Schriftstellerei. Jährlich erschienen neue Bücher, vorwiegend historische Romane, die um die mittelalterliche Reichsidee und das Wirken der Frau im Christentum kreisten. Ihr Bestseller
Adelheid, Mutter der Königreiche
aus dem Jahr 1935 eignete sich nicht nur als Sonderauflage für die Wehrmacht, sondern gehörte auch zu einem der ersten Bücher, die nach 1945 ebenso erfolgreich wiederaufgelegt wurden. Problematischer war die weitere Herausgabe der Zeitschrift
Die Frau
, die Bäumer auch nach Auflösung des
BDF
bis 1944 weiterhin verantwortete. Zwar war ihr kurzzeitig, zwischen 1935 und 1937, die Schriftleitung entzogen, doch sie behielt trotzdem die Kontrolle über Inhalt und Autoren, ließ auch Nationalsozialistinnen publizieren und vertrat selbst in Fragen der Außen- und Kriegspolitik Positionen, die der nationalsozialistischen Expansionspolitik nicht widersprachen. Andererseits meinte sie, mit dem Weiterbestehen der Zeitschrift zumindest ein Informationsorgan für die Mitglieder der Frauenbewegung zu erhalten. Zweischneidig war diese Haltungin jedem Fall, weil die Publikation wohl «außen- und innenpolitisch dem Image der Nationalsozialisten nutzte, eine wirksame publizistische Opposition jedoch nicht ermöglichte» (Schaser 2000, 304). Selbst in ihrer 1946 erschienenen Schrift
Der neue Weg der deutschen Frau
, in der sie in dunklen Phrasen den «nationalsozialistischen Männerstaat» verteufelte, ist keine Einsicht in die eigene

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