Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frauenbewegung und Feminismus - eine Geschichte seit 1789

Frauenbewegung und Feminismus - eine Geschichte seit 1789

Titel: Frauenbewegung und Feminismus - eine Geschichte seit 1789 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
Vom Netzwerk:
Women» von 1963 in den USA – eine neue politische Agenda, die, gerade weil die vorgeschlagenen Maßnahmen als unzureichend erkannt wurden, Anlass für einen neuen Aufbruch war.
    Tatsächlich war es dem
Deutschen Frauenring
vor 1969 nicht gelungen, als Dachverband der westdeutschen Frauenorganisationen anerkannt zu werden. Es gab lediglich seit 1951 mit finanzieller und politischer Unterstützung der Besatzungsmächte einen
Informationsdienst für Frauenfragen e.V.,
einen losen Zusammenschluss von Frauenvereinigungen unterschiedlicher Couleur, der zum ersten Mal in der Geschichte der deutschen Frauenbewegung die Zusammenarbeit von gewerkschaftlichen, sozialdemokratischen, konfessionellen und bürgerlichen Frauengruppierungen vorsah. Ohne ein gemeinsames Programm, das die heterogene Mitgliedschaft vor eine Zerreißprobe hätte stellen können, gab dieser Informationsdienst monatlich ein Mitteilungsblatt heraus: die bis heute bestehenden
Informationen für die Frau
. Seit den 1980er Jahren haben sie sich in Aufmachung und Inhalt unter dem Einfluss neuer Feministinnen zu einer Zeitschrift gemausert, die die Vielfalt frauenpolitischer Interessen dokumentiert. Doch am Ende der 1960er Jahre war der Informationsdienst, der sich seiner großen Mitgliederzahlvon 5 Millionen organisierter Frauen rühmte, in der Öffentlichkeit kaum wahrnehmbar. Als Reaktion auf die neuen und radikalen Forderungen der Feministinnen haben sich daher die Frauenverbände 1969 eine neue Organisationsform gegeben und sich unter dem Dach eines
Deutschen Frauenrates – Bundesvereinigung deutscher Frauenverbände und Frauengruppen gemischter Verbände e.V.
zusammengeschlossen. Der
DFR
, der sich «Lobby für Frauen» nennt, umfasst heute 56 Frauenorganisationen, darunter Berufsverbände, konfessionelle Verbände, die Frauengruppen von Parteien und Gewerkschaften sowie gemeinnützige Vereinigungen, und zählt etwa 10 Millionen Mitglieder.
Aufbruch zu einer neuen Frauenbewegung
    Die «neue» Frauenbewegung ist, angeregt durch viele ausländische Impulse, Ende der 1960er Jahre entstanden. Sie war Teil der Bürgerrechts- und Protestbewegungen, die in den 1960er Jahren gegen das restaurative politische Klima, gegen Wiederbewaffnung und Atomwaffen, gegen eine konservativ-autoritär geprägte Politik des Vergessens aufbegehrten und quasi in einer Nachholbewegung die westdeutsche, von den Siegermächten geschenkte Demokratie in eine erworbene, lebendige Demokratie verwandelten. Die neuen sozialen Bewegungen haben damit die Bundesrepublik und ihre Institutionen, insbesondere die zivilgesellschaftliche Sphäre grundlegend verändert. Als «neu» und ausdrücklich «autonom» verstand sich die Frauenbewegung vor allem deshalb, weil sie sich ganz bewusst von der etablierten, traditionellen und zahm gewordenen Politik der Frauenverbände absetzte und weil sie wie die anderen neuen sozialen Bewegungen nicht nur auf Gleichberechtigung und Partizipation im bestehenden System, sondern auf die Veränderung dieser Gesellschaft und eine andere Form der Politik und politischer Teilhabe zielte. In der Gegenüberstellung und Kritik an der etablierten Frauenpolitik wurde die Bezeichnung «Feminismus» auch im Deutschen üblich und erhielt ihren radikalen, alle gesellschaftlichen Bereiche umfassenden Sinn.
    Dass sich trotz politischer Gemeinsamkeiten mit der protestierenden «Linken», insbesondere der Studentenbewegung, eine eigene, separate Bewegung von Frauen auf den Weg machte, erwies sich wie zur Bestätigung historischer Erfahrungen seit 1789 erneut als notwendig, da wieder einmal die Kinderfrage und «das spezifische Ausbeutungsverhältnis, unter dem die Frauen stehen» (Sander), auch unter den «linken» Genossen ausgeblendet blieb. Das Signal für diesen neuen Aufbruch und die Abspaltung von der Studentenbewegung war ein inzwischen legendärer Tomatenwurf. Als die Frauen auf der Delegiertenkonferenz des
Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS)
1968 in Frankfurt bei der zitierten grundsätzlichen Rede von
Helke Sander
feststellen mussten, dass die Genossen überhaupt nicht zuhörten, gab es einen Tumult, in dem der nächste Redner mit Tomaten beworfen wurde. Offenbar, kommentierte Ulrike Meinhof in ihrer Kolumne in der Zeitschrift
Konkret
, «müssen noch erst ganze Güterzüge von Tomaten verfeuert werden, bis da (bei den Genossen) etwas dämmert» (Meinhof 1968). Wie bereits in Berlin wurden in der Folge
Weiberräte
(z.B. in Frankfurt) und

Weitere Kostenlose Bücher