Frauenbewegung und Feminismus - eine Geschichte seit 1789
Organisationen unterstützten, wurde in der sowjetischen Besatzungszone die Gründung der
antifaschistischen Frauenausschüsse
durch die Sowjets besonders gefördert und war Teil der sowjetischen Einflussnahme und Indoktrination. Das heißt, die Frauenpolitik geriet zunehmend in den Sog des Ost-West-Konflikts. Im März 1947 war auf dem
Deutschen Frauenkongress für den Frieden
in Berlin der
Demokratische Frauenbund Deutschlands (DFD)
gegründet worden, in dem «Frauen der Arbeiterklasse und ihrer Partei, Frauen der bürgerlichen demokratischen Parteien sowie aufbauwillige Kräfte der frühen bürgerlichen Frauenbewegung» zusammenarbeiten sollten. Anwesend waren rd. 800 Frauen aus der
SBZ
, 104 Frauen aus den westlichen Besatzungszonen und ausländische Gäste. Bei der ersten interzonalen Zusammenkunft in Bad Boll kurz danach im Mai 1947 jedoch brachen viele Meinungsverschiedenheiten auf, nicht zuletzt über die Frage, ob die wegen ihrer Nazi-Vergangenheit internierten Frauen nicht vorzeitig zu entlassen wären. Unter der Regie von
Theanolte Bähnisch
und auf Druck der britischen Besatzungsmacht kamen die ostdeutschen Vertreterinnen kaum zu Wort. Auf dem nächsten interzonalen Frauenkongress 1948 in Frankfurt waren ostzonale Rednerinnen gar nicht mehr zugelassen worden.
Nachdem die drei westlichen Besatzungsmächte im Juli 1948 die Einberufung einer verfassunggebenden Nationalversammlung gefordert und ein Besatzungsstatut angekündigt hatten, trat am 1. September 1948 der Parlamentarische Rat in Bonn zusammen, um den auf Herrenchiemsee erarbeiteten Verfassungsentwurfzu beraten. Hierbei erwarb
Elisabeth Selbert
(1896–1986), eine der «vier Mütter des Grundgesetzes», ihre bis in die Gegenwart unschätzbaren Verdienste. Die Juristin und
SPD
-Abgeordnete insistierte darauf, dass der Gleichberechtigungsartikel nicht mehr wie in der Weimarer Verfassung nur die staatsbürgerliche Gleichheit betreffen und nicht mehr durch ein «grundsätzlich» eingeschränkt sein dürfe, vielmehr als «imperativer Auftrag an den Gesetzgeber» verstanden werden müsse. Dass ihr Vorschlag «Männer und Frauen sind gleichberechtigt» – so Art. 3, Abs. 2 Grundgesetz – nach langen und zähen Debatten schließlich angenommen wurde, verdankt sich nicht nur ihrer Beharrlichkeit und Klugheit, sondern auch jener in
Frauenausschüssen
und Frauenverbänden hergestellten politischen Öffentlichkeit, die Selbert durch hohen persönlichen Einsatz und viele Vorträge auch noch zu mobilisieren verstand.
Der «Frauenaufbruch» nach 1945, für den die Beteiligten selbst die Bezeichnung «Bewegung» vermieden, weil er durch die Nationalsozialisten diskreditiert war, verebbte mit der politischen Stabilisierung und Etablierung von Parteien und Institutionen. Der im Oktober 1949 aus dem Zusammenschluss der westdeutschen staatsbürgerlichen Frauenverbände begründete
Deutsche Frauenring (DFR)
verstand sich selbst als Nachfolgeorganisation des
BDF
, und doch war diese Kennzeichnung unangemessen. Es war eine verhältnismäßig kleine Gruppierung von Funktionärinnen, die die Aufgabe staatsbürgerlicher Bildung mit einer Lobbypolitik im vorparlamentarischen Raum verbanden. Doch dies genügte, um wenigstens international die westdeutschen Frauenorganisationen zu vertreten und 1951 z.B. in den
International Council of Women (ICW)
aufgenommen zu werden. Zu welcher Bedeutungslosigkeit die deutschen Frauenorganisationen im internationalen Zusammenhang jedoch abgesunken waren, wurde den Beteiligten schmerzlich bewusst, als im Jahr 1954 ohne große Vordiskussion in einer Satzungsänderung die bisherigen drei offiziellen Sprachen für Verhandlungen und Schriftwechsel, Englisch, Französisch und Deutsch, nur noch auf zwei offizielle Sprachen reduziert wurden.
5. Die «neue» Frauenbewegung
«Die Frauenbewegung hat ihr Ziel im Wesentlichen erreicht. Es gibt keine ‹Frauenfrage› mehr, es gibt nur noch Frauenfragen», so Gabriele Strecker in ihrem Buch
Frausein – heute
von 1965. Weiter heißt es da: «Die Front Mann-Frau ist längst zu einem Partnerschaftsverhältnis gewandelt. Die Familie wird wieder entdeckt, damit die weibliche Rolle der Frau.» Dies war zweifellos die Ansicht vieler ihrer Zeitgenossen, von Männern und Frauen, die sich in den 1950er Jahren im Privaten wieder in der «Normalität» einer traditionellen Geschlechterordnung eingerichtet hatten. Dieser «common sense» wurde getragen von einer aktiven Familienpolitik
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