Frauenversteher
Publikum bestand natürlich überwiegend aus Frauen zwischen Mitte zwanzig und Ende vierzig. All diese Frauen hatten wahrscheinlich sämtliche Folgen der sechs Staffeln »Sex and the City« im Fernsehen verfolgt (ich
selbst habe übrigens ebenfalls sämtliche Folgen auf DVD gesehen – ich weiß also, wer Manolo Blahnik ist!) und Stunden mit ihren Freundinnen verbracht, um viele »Achs« und »Ochs« über die Geschichten von Carrie, Samantha, Charlotte und die unattraktive Anwältin (Sie merken, da schreibt meine männliche Sichtweise), wie hieß die noch, ach ja, Miranda (!), auszutauschen.
Es gab im Kino ganz unterschiedliche Frauengruppierungen: Singlefrauen, die allein gekommen waren und leicht frustriert mit zusammengekniffenen Lippen eine Cola light schlürften. Es gab kleinere und größere Gruppierungen von »besten Freundinnen«, die schon vor Beginn des Filmes giggelnd und kichernd die Köpfe zusammensteckten, und es gab ein paar Frauen, die ihren Freund beziehungsweise Mann mit ins Kino gebracht hatten, einige dieser Frauen mit, ich nenne es mal so, »innerlich hochgezogener Augenbraue«. Ausnahmslos alle Frauen waren voll freudiger Erwartung im Hinblick auf den Film.
Wie sah es mit den Männern aus? Denn wie bereits erwähnt, saßen auch Männer in diesem absolut typischen »Mädchenfilm«. Diese Männer allerdings waren offensichtlich ihrer Partnerin zuliebe mit in den Film gegangen. Es handelte sich überwiegend um den gemeinen Homo domesticus. Und es wird Sie vielleicht nicht sonderlich überraschen, aber es muss erwähnt werden, ich sah keine Singlemänner dort oder lustige Männergrüppchen mit Flaschenbier, die sich zum »Jungsabend« verabredet hatten. Die Männer, die mit Partnerin dort waren, man konnte es ahnen, waren auch nur unter Vorbehalt mitgekommen. Entweder wurde eine Art Gegenleistung vereinbart, zum Beispiel dass die Frau ihn beim nächsten Kinoabend in einen Männerfilm begleiten muss, oder der Mann stand noch aufgrund eines »Fehlverhaltens« bei der Frau in der Kreide. Jedenfalls habe ich keinen der Männer mit gleicher Begeisterung auf die Leinwand blicken sehen wie die Frauen. Die meisten Männer haben sich still und heimlich in ihrer Bierflasche verkrochen.
Ganz anders, quasi andersrum, sah das aus, als ich mit ein paar Kumpels in dem Film »The Expendables« war. (Übrigens ein toller Film. Respekt, wie einige der nicht mehr ganz jungen Actionstars ihre Muskeln in Form halten!) Es gab zahlreiche Männergrüppchen, die sich mit Bier und zotigen Witzchen die Zeit vor dem Film vertrieben, Singlemänner, die nach Identifikationsfiguren auf der Leinwand suchten, und es gab ein paar Männer, die mit Partnerin in das Lichtspielhaus gekommen waren. Hier sah man so manche Frau mit vorgeschobener Unterlippe und verschränkten Armen im Sessel seufzen. Wahrscheinlich waren das die gleichen Paare, die einige Monate zuvor gemeinsam in »Sex and the City 2« gewesen waren, die Frauen hatten nun ihren Teil der Abmachung einzulösen.
Offensichtlich finden die meisten Männer also andere Filme gut als die meisten Frauen. Sicher gibt es auch eine gewisse Schnittmenge, die individuell ganz unterschiedlich ausfallen kann, bei solch extremen Filmbeispielen wie »Sex and the City« und »The Expendables« allerdings kann man sehr hübsche Unterschiede in den Vorlieben beobachten. Um es vereinfachend zu formulieren, könnte man sagen: Männer mögen Filme, in denen möglichst schnell möglichst viel kaputtgeht. Dabei ist es eigentlich egal, was kaputtgeht, ob nun die Welt im Ganzen, Häuser, Autos, Schiffe, gerne natürlich Dinge, die motorisiert sind.
Frauen bevorzugen Filme, in denen eine gewisse Emotionalität nicht unerheblich ist. Mitunter legen Frauen sogar gesteigerten Wert auf Dialoge und eine gut erzählte Geschichte. Eine nicht allzu niveaulose Liebesgeschichte wird zuweilen auch gern gesehen. Männer hingegen brauchen nicht zwingend eine Liebesgeschichte, die nackte Haut (der Frau auf der Leinwand) zu sehen, reicht da völlig. Für Männer ist es Liebesgeschichte genug, wenn der Typ mit dem dicken Ferrari zu der hübschen Frau mit dem knappen Jeansröckchen und der silikonesken Oberweite am Straßenrand sagt: »Na Baby, willst du mitfahren?« 15 Mehr Liebesgeschichte muss nicht unbedingt sein, es könnte zu sehr von den wichtigen Dingen
im Film (zum Beispiel den Explosionen) ablenken. In Bezug auf die Dialoge legen Männer bei Filmen den Fokus eher auf schlagfertige, witzige oder
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