Frauenversteher
welcher Marke) lieben: alles eine Sache der Gradlinigkeit. Wenn ein Mann allerdings, wie es nun mal seiner Natur entspricht, gewissenhaft und geradlinig zu Werke
geht, kann dies mitunter zulasten der Schnelligkeit gehen. So auch bei Peter, der die Gurkenscheibchen zwar ganz wunderbar hübsch und gerade angefertigt hat, aber bei diesem Tempo wohl knapp fünfundvierzig Minuten brauchen würde, bis er die Salatgurke zerteilt hätte. Claudia, den Gesamtablauf im Blick und die Uhr im Kopf, hat da andere Prioritäten.
Über den Umgang mit Haushaltsunfällen
»Lass mich es machen, das geht schneller«, seufzt Claudia, nimmt Peter das Messer aus der Hand und schneidet mit geübter Beweglichkeit in kurzen Stakkatoschwüngen durch die Salatgurke. Fasziniert steht Peter daneben und fragt sich, wie sie das so schnell machen kann. Mit fliegenden Fingern senst sie eine um die andere Scheibe von der Gurke ab. Die rechte Hand schwingt in einem fast rauschhaften Auf und Ab das Messer, die Fingerspitzen der Linken ruhen fixierend auf dem Grüngemüserücken und legen die jeweils aktuelle Beschneidungsgrenze für das Messer in der rechten Hand fest. Dabei gleitet die linke Hand mit fast gleichbleibender Geschwindigkeit – die vier Finger in halbholförmiger Formation vereint, der Daumen an der Gurkenseite entlangstreichend — am Gurkenkorpus nach hinten. Ob es sich bei dieser Fähigkeit um eine uralte, genetisch bedingte und typisch weibliche Fähigkeit handelt? Sicher nicht, denn Peter weiß, dass auch viele Männer, in der Regel Berufsköche oder leidenschaftliche Hobbyköche, diese Fähigkeit beherrschen. Demnach offensichtlich eine Sache von regelmäßigem Training und langer Übung.
Die Gefahr bei dieser schnellen Arbeit mit scharfem Gerät liegt im wahrsten Sinne des Wortes auf der Hand. Die Koordination »linke Hand zieht vor, rechte Hand schneidet hinterher« kommt für den Bruchteil einer Sekunde aus dem wohlgetakteten Rhythmus, und Claudia schneidet sich in den Zeigefinger der linken Hand.
»Hach!« schnauft sie nur, legt das Messer beiseite und betrachtet die kleine Schnittwunde genauer. Fast unmittelbar darauf erscheinen die ersten Blutperlen in der Wunde und verschmelzen zu einem
dünnen Rinnsal. Doch noch bevor sich das Blut einen Weg über ihren Finger bahnen kann, schürzt Claudia die Lippen, legt den Finger daran und saugt das Blut in den Mund, um zu verhindern, dass es womöglich die Arbeitsfläche in der Küche besudelt oder am Ende sogar den schönen Salat unbrauchbar macht. Ohne jeden weiteren Kommentar begibt Claudia sich, weiterhin an der Wunde saugend, ins Badezimmer, holt ein Pflaster aus dem Apothekenschränkchen und klebt es mit der rechten Hand auf die Wunde. Sie kommt zurück in die Küche und fährt unbeeindruckt mit exakt gleicher Geschwindigkeit wie zuvor damit fort, die Gurke zu zerschneiden.
Während Peter und Claudia weiter fleißig dabei sind, für sich und ihr befreundetes Pärchen ein Abendessen mit Salat vorzubereiten, möchte ich Sie, verehrte Leserin, verehrter Leser, ein wenig eingehender mit einigen unterschiedlichen Verhaltensweisen von Männern und Frauen im Bereich von im Haushalt auftretenden Unfällen vertraut machen. Denn gerade in ganz alltäglichen, mitunter banalen Situationen kann man sehr interessante Unterschiede beobachten.
Ich konnte schon oft miterleben, wie Frauen bei kleineren Verletzungen ihre eigentliche Tätigkeit fast ohne Unterbrechung fortsetzten und nebenbei ein Gespräch führten, welches ein von der Verletzung völlig abweichendes Thema zum Inhalt hatte. Die Verletzung als solche wurde kaum beachtet. Verletzungen in »Pflasterstärke« werden von den meisten Frauen überwiegend nebensächlich behandelt.
Die meisten Männer hingegen reagieren etwas anders auf kleinere Verletzungen ihres Körpers. Nehmen wir zum Beispiel an, dass der Mann im Haushalt mit einem Hammer zugange war, um einen Nagel in die Wand zu implementieren. Auch bei dieser nur allzu alltäglichen, gern von Männern ausgeführten Tätigkeit kann es immer wieder passieren, dass der Nagel nicht auf den Kopf getroffen wird, sondern eher ein Daumen oder ein den Nagel haltender Finger des Mannes die Wucht des Hammers zu spüren bekommt. In einem solchen Fall gibt es einen sehr kurzen Moment der Ruhe vor
dem Sturm, in welchem sich das Signal für die Verletzung des Fingers einen Weg durch die Nervenbahnen des Mannes sucht. Da es ohne Navigationsgerät auf dem Weg zum Großhirn unterwegs ist und
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