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Frauenversteher

Frauenversteher

Titel: Frauenversteher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Hoefer
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Mann fragt nicht nach, was denn Verrücktes passiert oder was so wunderbar ist.
    Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, ahnen als aufmerksame Leserinnen und Leser wahrscheinlich schon, woran das liegt. Die Frau hat das Gespräch nicht offiziell und formal korrekt angemeldet. Sie hat das Gespräch auf typisch weibliche Weise eröffnet, während der Mann noch gänzlich in einer durch Monotasking geprägten Tätigkeit gefangen war. Aber was auch immer der Mann gerade gemacht hat, so hat er doch eines deutlich bemerkt: »Hm? Ach so, die Frau quatscht mich gerade locker von der Seite an, aber wo ist überhaupt mein Bier?«
    Wir sehen hier die Auswirkungen eines physiologischen Mangelzustandes in der Biernebenhöhle des Mannes. Aus rein körperlichen Gesichtspunkten heraus kann der Mann gar keine interessierte Nachfrage stellen, selbst wenn er es wollte. Die Biernebenhöhle ist trockengelegt, infolgedessen ist sein Sprachzentrum deaktiviert. Daraus resultiert eine akute Sprachblockade.
    Der Mann denkt übrigens nicht nur an das fehlende Bier, er analysiert sogar ziemlich flott, was Sache ist, und denkt bei sich: »Ach Mist, das passt mir jetzt eigentlich gar nicht, aber egal, ich höre mal, was sie zu erzählen hat.« Der Mann hört schon zu. Das Blöde ist nur: Männer hören immer stillschweigend
zu. Die Frau könnte jetzt ungestört die ganze Geschichte von der schwangeren Freundin erzählen, die sie soeben erfahren hat. Der Mann hört zu. Aber Frauen wollen an dieser Stelle etwas anderes. »Zuhören« heißt bei Frauen: Er soll »interessierte Nachfragen« (siehe »Analyse weiblicher Sprachmelodien«) stellen, er soll sein Zuhören öffentlich bekunden, er soll aktiv zuhören. Aber das tut er nicht, der Mann hört passiv zu, indem er schweigend zuhört. Er ist sogar fest davon überzeugt, gerade mit seiner schweigenden Art des Zuhörens ein wirklich guter Zuhörer zu sein, weil er seinem Gegenüber nicht immer »so blöd in die Geschichte reinlabert«.
    Wir haben hier gleich zu Anfang eine plötzliche Gesprächspause, in welcher die Frau auf die interessierte Nachfrage wartet und der Mann darauf, dass die Geschichte endlich losgeht. Es ist die Frau, die in dieser Situation als Erste wieder das Wort ergreift und nun schon leicht verärgert fragt: »Sag mal, interessiert es dich denn gar nicht, was mir Verrücktes passiert ist?«
    Der Mann bemerkt, sensibel, wie er ist, an dieser Stelle: »Hä? Ist hier auf einmal Stress am Start?« Aber er hat keine Ahnung warum, denn er hört doch zu. Er bemerkt durchaus, dass er nun gefordert ist, nun soll er, nun muss er etwas sagen. Also kratzt er die letzten Reserven in seiner Biernebenhöhle zusammen und sagt leicht eingeschüchtert: »Nun, also, doch, sicher, klar will ich wissen, was Verrücktes passiert ist. Erzähl, ich höre zu.« Immerhin hat der Mann damit endlich sein Interesse vernehmlich geäußert und seinen audiovisuellen Fokus auf das weibliche Gegenüber noch einmal verstärkt. Das ging gerade eben noch einmal gut.
    Die Frau probiert es frisch motiviert noch einmal, indem sie erneut ansetzt mit dem nächsten Satz, dem eine interessierte Nachfrage seinerseits folgen soll: »Na gut, ich war ja vorhin mit Beate auf dem Markt, hm!?« Kurze Pause, dann mit Nachdruck: »Mit der Beate!« Jetzt müsste er eigentlich direkt nachfragen, mit welcher Beate sie auf dem Markt war, vielleicht
die von Sören, denn sie kennt ja mehrere Beaten (wie lautet eigentlich der Plural von Beate? Beaten? Beates?).
    Der Mann fragt aber nicht nach, er hört stillschweigend zu, während sie immer wieder neu versucht, ihn in eine wechselseitige Kommunikation einzubinden, was nicht recht gelingen will. Immer wieder lässt sie ihm nach erfolgter Stimmlagenanhebung einen Moment Zeit, um in das Gespräch einzusteigen, und jedes Mal lässt er die Situation ungenutzt verstreichen. Diese überaus schleppende Gangart der Kommunikation ist für beide Seiten extrem anstrengend und enervierend. Die Frau denkt natürlich nach einigen gescheiterten Versuchen: »Meine Güte, interessiert es ihn denn gar nicht, was ich zu erzählen habe? Ich lass ihm doch schon immer extra eine kurze Pause, in der er auch mal was sagen oder nachfragen könnte.« Auf der anderen, der männlichen Seite (die muss man auch verstehen) denkt der Mann: »Mein Gott, sie stottert sich da einen zurecht! Das arme Ding! Immer sagt sie was und macht dann eine sinnlose Pause. Kann sie die Geschichte denn nicht flüssig und strukturiert

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