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Frauenversteher

Frauenversteher

Titel: Frauenversteher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Hoefer
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Inhalt erfassen zu können. Wie ein Außerirdischer auf einem fremden Planeten hört es neuartige Frequenzen, deren Sinn ihm verschlossen bleiben. Es kann nicht allein essen. Es kann nicht einmal allein zur Toilette gehen, geschweige denn die körpereigene Pflege und Hygiene eigenverantwortlich regeln.
    Es handelt sich hierbei um die absolut grundlegendsten Fähigkeiten des menschlichen Lebens, die nicht beherrscht werden. Es gibt Menschen, die nicht mehr in der Lage sind, diese Dinge selbst zu erledigen, diese Menschen sind dann »Pflegefälle«, sie sind pflegebedürftig. Pflegebedürftig sind in Deutschland nach § 14 SGB XI Personen, »die bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen«. 40 Je nach Umfang des Hilfebedarfs
werden die Pflegebedürftigen in unterschiedliche Pflegestufen eingeordnet (§ 15 SGB XI).
    Bei den oben beschriebenen Defiziten eines Neugeborenen sollte die Einstufung in die derzeit höchstmögliche Pflegestufe III oder höher passend erscheinen, wenn man sich die Kriterien dafür anschaut: Pflegestufe III (schwerste Pflegebedürftigkeit) bedeutet, dass der durchschnittliche Hilfebedarf mindestens dreihundert Minuten pro Tag beträgt. Der Anteil an der Grundpflege muss mehr als zweihundertvierzig Minuten täglich betragen, und es muss auch nachts (zwischen zweiundzwanzig und sechs Uhr) regelmäßig Grundpflege anfallen. 41 Da Eltern ganz selbstverständlich mit der umfassenden Vollbetreuung ihrer Brut rund um die Uhr beauftragt sind, können wir beim Pflegefall Baby von deutlich mehr als nur lächerlichen dreihundert Minuten Pflegebedarf pro Tag sprechen, die nicht entlohnt werden (von wem auch?), im Gegenteil kosten Kinder ihre Eltern sogar eine ganze Menge Geld.
    Bevor Sie sich also dazu entschließen, die Welt mit einem neuen Bewohner zu beglücken, sollten Sie sich dieser Tatsache bewusst sein. Ich stelle junge Leute, die noch keine Eltern sind, gerne in folgende hypothetische Situation: »Du bist so Anfang zwanzig? Schön, dann stell dir doch jetzt einfach mal die Frage: Was fehlt in deinem Leben?« Kommen Sie nach gründlicher Überlegung zu dem Ergebnis: Ja, ich hätte zu Hause sehr gerne einen Pflegefall mit höchstmöglicher Pflegestufe, um den ich mich persönlich bis zu vierundzwanzig Stunden am Stück zu kümmern habe. Ja, ich bin Anfang zwanzig, aber auf Partys gehen, Freunde treffen, Urlaub machen oder mal ins Kino, das ist alles nicht so mein Ding, ich bleibe lieber zu Hause und möchte gerne mindestens sechs Monate unentgeltlich in der Vollpflege tätig sein! Das ist genau das, wovon ich schon lange geträumt habe. Aber wo bekomme ich nur so schnell einen solchen Pflegefall her, um den ich mich kümmern darf? Mama und Papa sind noch nicht so weit, und nachhelfen will
man da ja auch nicht. Was soll ich nur machen? Ich möchte so gerne meinen eigenen privaten Pflegefall mit Pflegestufe III+ betreuen. Ich zahle auch dafür! Selbstverständlich zahle ich aus eigener Tasche für alle notwendigen Pflegeartikel, Nahrung und was sonst noch so anfällt.
    Nun, wenn Sie Anfang zwanzig sind, noch keine Kinder haben und diese doch relativ humanistische Grundeinstellung besitzen, dann würde ich sagen, dass Sie schon über ganz hervorragende Grundvoraussetzungen verfügen, um eigene Kinder zu bekommen. Es gibt aber noch einen weiteren Aspekt, den Sie berücksichtigen sollten, bevor Sie sich dazu entschließen, Eltern zu werden.

Die nachwachsenden Kosten
    Kinder kosten Geld. Natürlich nicht in der Anschaffung selbst, die ist gratis. Das genau ist ja der Trick der Natur. Die körperlichen Tätigkeiten, die für eine erfolgreiche Fortpflanzung vollzogen werden, empfinden die meisten von uns als überaus angenehm, und sie sind (in den meisten Fällen) völlig kostenfrei, zumindest unentgeltlich, zu bekommen, wenn man sich in einer intakten Partnerschaft befindet. Das neue Leben, welches aus dieser Tätigkeit entstehen kann, bekommen Sie zunächst gratis geliefert, sogar ohne Versandkosten.
    Was allerdings nicht mehr gratis ist, das sind die Folgekosten der Erstlieferung. Wobei die ersten Anschaffungen, wie etwa die Kinderzimmereinrichtung und die Grundausstattung, eigentlich noch der kleinste Teil der finanziellen Geschichte sind. Was richtig ins Geld geht, das sind die täglichen Kleinigkeiten, die anfangs gar nicht so ins

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