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Freakshow

Freakshow

Titel: Freakshow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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selbst war wie ausgestorben, also brauchte ich kaum zu verzögern. »Ich höre«, sagte ich.
    Johanna verschränkte die Arme vor der Brust und sah eine Weile aus dem Seitenfenster, bevor sie weitersprach.
    »Ach, das war so eine Idee. Von Priscilla«, fügte sie eilig hinzu. »Wir drehen ja diese Filme, für unser Startkapital ins eigene Leben. Und weil Alfred so groß ist, sollte er es mit Lizzy machen, der Zwergin.«
    »War die einverstanden?« Ich warf Johanna einen kurzen, scharfen Blick zu und bog dann Richtung Selbeck ab.
    »Nein, es sollte ja echt wirken. Wir hatten schon ein paarmal so Fesselspiele mit ihr gemacht, alles ganz harmlos, und bevor wir Alfred dazuholten, haben wir ihr dann die Augen verbunden.«
    Die Reifen jaulten durch die lange Linkskurve, hoch zur Bl.
    »Mit anderen Worten: Alfred sollte die putzige Kleine vor laufender Kamera vergewaltigen.«
    »Hmm, ja«, gab Johanna zögernd zu. »Priscilla meinte, das gäbe drastische Bilder. Und die würden wir dann als >heimlich mitgefilmt< ins Netz stellen, um zu beweisen, was für Bestien man in der Forensik unterbringen will.«
    Mülheimer Stadtgrenze, Kölner Straße, alles vierter, fünfter Gang.
    »Doch Alfred hat nicht mitgemacht«, vermutete ich. »Na ja, und da haben wir ihn dann ein bisschen bestraft.«
    Runter zur Mendener Brücke, unnachgiebig auf dem Gas.
    »Und als Strafe nichts nutzte und er drauf und dran war, sich seiner Logopädin anzuvertrauen, habt ihr beschlossen, ihn umzubringen.«
    »Nein, das sollte nur ein Schuss vor den Bug sein.« Ich dachte an die Krähen und schauderte. »Und ihr glaubt, jetzt macht er endlich mit?« Sie zog einen Flunsch. »Wie es aussieht, müssen wir uns wohl jemand anders suchen.«
    »Das wird nicht nötig werden«, sagte ich, und stoppte vor Hedgesleeper Solutions.
     
    »Hier«, sagte Heckenpennes und drückte mir einen fetten Briefumschlag in die Hand. »Aber du wirst dich beeilen müssen.« Er griff nach einem Flachrechner, tippte etwas auf dem Bildschirm an, drehte ihn zu mir. Ein Film lief. Und inmitten eines eingeblendeten, beweglichen, gelb leuchtenden Kreises wurde Benjamin Peelaerts Gesicht erkennbar. Etwas körnig, immer wieder verdeckt von den Köpfen der Leute um ihn herum, doch unverkennbar Onkel Ben. Er lief ruhigen, zielstrebigen Schrittes durch eine ungewöhnlich gut beleuchtete Bahnhofshalle. Ich erkannte sie sofort. Es war die vom Duisburger Hauptbahnhof.
    »Da oben rechts stehen Datum und Uhrzeit der Aufnahme«, sagte Heckenpennes.
    Ich sah auf meine Armbanduhr. Benjamin Peelaert war seit ungefähr einer Stunde in Duisburg. »Ich fahre jetzt so schnell ich kann nach Marxloh und löse den Jungen aus«, entschied ich. »Sobald ich Yoginda in Sicherheit weiß, starten wir die Lockvogel-Kampagne erneut und lotsen Onkel Ben irgendwo hin. Und dann schlagen wir zu«, sagte ich und meinte es.
     
    Johanna wartete im Toyota. Sie hatte die Beine angezogen und saß nun quer auf dem Beifahrersitz, betrachtete mich unentwegt in allem, was ich tat. Am liebsten hätte ich sie rausgekickt. Andererseits war sie erstaunlich auskunftsfreudig, selbst wenn wissen und beweisen können, wie Menden schon bemerkt hatte, auch weiterhin zwei verschiedene Paar Schuhe waren.
    »Ich mag die Art, wie die Adern an deinen Armen und Händen vorstehen«, sagt sie leise. »Das sieht stark aus.« Und sie strich leicht über meinen Unterarm. »Wahrscheinlich denkst du, dass du zu alt für mich bist.« Ich wusste, was jetzt kam. Und wand mich schon mal, innerlich, sozusagen prophylaktisch. »Doch denk immer dran«, sagte sie, mit dem ganzen Ernst und der geballten Lebenserfahrung ihrer sechzehn Jahre, »man ist nur so alt, wie man sich fühlt.« Also nur ein paar unbedeutende Jährchen über hundert, dachte ich gallig und riss das Auto in die Obere Saarlandstraße. A40, A59, Marxloh. Ganz einfach. »Kannst du dir nicht vorstellen, dich auf unsere Seite zu schlagen, Kristof? Was bedeutet dir schon die blöde Forensik?«
    Eine Frage, an der ich ein bisschen zu kauen hatte, während ich den Toyota durch die langen Biegungen hoch zur A40 scheuchte. In Rechtskurven ging die gelbe Lampe an, fiel mir auf. Der Türke würde sich mit neunzehntausendneunhundert begnügen müssen, hieß das. »Nein«, sagte ich dann. »Ich könnte es mir nicht vorstellen. Und das, obwohl mir der Bau der Forensik im Grunde furzegal ist.«
    Das gab jetzt ihr ein bisschen zu denken. Ich fädelte mich auf die A40, setzte den linken Blinker, klopfte den

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