Freche Mädchen... 09: Liebe, Chaos, Klassenfahrt
Carlotta, bist du heute in den Farbtopf gefallen?«, sagte er mit mildem Spott, wurde aber gleich darauf wieder ernst. »Setz dich bitte heute im Laufe des Vormittags mal mit Natascha zusammen. Sie möchte gerne mit dir reden.«
Ich nickte. Meinem Mathelehrer würde ich von meinen Problemen mit Papas Neuer bestimmt nichts erzählen.
Eigentlich sollte der Bus pünktlich um neun Uhr abfahren, aber natürlich waren einige wieder nicht fertig und Natascha rannte wie ein aufgescheuchtes Huhn immer wieder zurück ins Haus. Den Busfahrer schien es nicht weiter zu stören. Er hatte seine Brille abgenommen, die Hände über dem Bauch verschränkt und hielt seinen Vormittagsschlaf. Genau um halb zehn richtete er sich auf, drehte sich um, schnarrte: »Alle da?«, und legte den ersten Gang ein. Ohne auf eine Antwort zu warten, fuhr er los.
»Wir haben Glück, dass wirklich alle da sind«, hörte ich Danni zu Natascha sagen. Die beiden saßen direkt hinter mir.
»Und noch mehr Glück haben wir, dass er nicht pünktlich um neun losgefahren ist, wie es eigentlich vereinbart war«, ergänzte sie und lachte leise. »Oder war sogar halb neun ausgemacht? Egal, Hauptsache, wir sitzen im Bus und es regnet nicht. Moment mal, wo fährt der denn hin? Nach Dresden geht’s doch rechts ab.« Aufgeregt winkte sie nach vorne und rief: »Wir hätten doch hier abbiegen müssen.«
Der Busfahrer setzte den Blinker, bremste scharf und fuhr rechts ran. Dann drehte er sich um. »Jetzt hör’n Se mal her, Frollein. Hier fährt nur einer, und das bin ich. Verstanden?! Und wenn’s Ihnen nicht passt, dann könn’ Se ja zu Fuß gehen. Alles klar?«
Er blinkte links und fädelte sich wieder in den Verkehr ein. Im Bus war bis auf ein verstohlenes Kichern nichts zu hören. Ich drehte mich um und sah, dass Natascha dunkelrot angelaufen war.
»Ich werde mit dem Mann reden. Oder besser noch mich gleich bei seinem Chef beschweren«, regte sich Herr Dannitzki auf. »So müssen wir uns nicht behandeln lassen, wir bezahlen schließlich dafür.«
Natascha legte ihm die Hand auf den Arm. »Nicht aufregen, das lohnt sich nicht. Außerdem ist er der Chef persönlich.«
Ich zwinkerte Anke neben mir zu. Sie grinste zurück. Natascha würde wahrscheinlich nie wieder mit auf Klassenfahrt gehen.
»Und wie geht es mit Jannis weiter?«, flüsterte sie mir zu. »Ich hab mir überlegt, ob er nicht vielleicht Lust hat, auch Model zu werden. Stell dir vor, wir könnten das zusammen machen!«
»Ja«, sagte ich und musterte Anke von der Seite. Als ich Papa mal von Ankes Model-Plänen erzählte, hatte er nur gelacht und gemeint, meine Freundin habe Rosinen im Kopf. Aber vielleicht würde sie tatsächlich Erfolg haben.
»Und? Was meinst du?«
Ich zuckte die Schultern. »Anke, ich weiß nicht.«
»Hast du eine Idee?«
»Vielleicht bin ich als Liebesbotin gar nicht so geeignet.«
Anke sah mich betroffen an. »Ach, Carlotta, du machst das super, wirklich, glaub mir. Ist doch klar, dass du beim ersten Mal nicht so wahnsinnig viel von mir erzählen konntest. Ich nehm dir das überhaupt nicht übel. Du musst mir jetzt nur noch einmal helfen. Erzähl ihm was von mir und dann komm ich zufällig vorbei und …«
»Warum hast du dich eigentlich in ihn verliebt?«
Anke zuckte die Schultern. »Weiß ich nicht. Stell dir vor, ich hab noch kein Wort mit ihm geredet und trotzdem bin ich verliebt. Das trifft einen eben so. Also, noch ein Versuch mit Jannis, o.k.?«
Ich dachte an Jannis’ braune Augen mit den grünen Punkten und nickte.
Inzwischen hatte es zu regnen begonnen und Herr Dannitzki beschloss, das Besichtigungsprogramm in Dresden umzustellen. »Man muss flexibel sein heutzutage«, sagte er. »Nachmittags ist das Wetter vielleicht wieder besser. Wir gehen heute Vormittag erst mal ins Museum. Wahrscheinlich haben einige Damen Regenschirm und Regenkleidung vergessen oder sind wieder in leichten Schläppchen unterwegs wie unsere liebe Anke. Hab ich recht?« Er beugte sich nach vorne, um Ankes Schuhe zu begutachten. Resigniert schüttelte er den Kopf. »Aha, silberfarben heute mal. Passt ja ausgezeichnet zum Grau des Himmels. Ich befürchte, wir werden den ganzen Tag im Museum bleiben müssen.«
Anke verzog das Gesicht. »Wie weit ist es eigentlich noch?«
»Auf direktem Weg wäre es eine knappe Stunde gewesen. Aber der Busfahrer fährt eine recht eigenwillige Route«, erklärte Natascha.
»Vielleicht will er uns die Schönheiten Sachsens bei starkem Regen zeigen«,
Weitere Kostenlose Bücher