Freche Mädchen... 09: Liebe, Chaos, Klassenfahrt
war plötzlich ziemlich elend zumute. Am liebsten hätte ich meine Brote wieder gepackt und wäre zu meiner Klasse geflüchtet, aber irgendwie konnte ich nicht. Jannis sah mich immer noch an und einen Moment lang hatte ich den Eindruck, dass er lächelte.
Jetzt musst du auch lächeln, sagte eine Stimme in mir, los, versuch’s doch wenigstens.
Verlegen lächelte ich die Käseecke vor mir an und entdeckte, dass ich Schmelzkäse erwischt hatte.
»Magst du vielleicht Schmelzkäse?«, fragte ich und sah Jannis an. In seinen Augen blitzten kleine grüne Lichter.
»Schmelzkäse? Weniger«, sagte er. »Warum fragst du?«
»Och, nur so«, behauptete ich. Alle am Tisch schwiegen. Was hatte Anke gesagt? Finde heraus, wie er heißt, was er für Hobbys hat, erzähl was von mir.
So schwierig hatte ich mir das nicht vorgestellt. Warum war ich plötzlich so furchtbar unsicher? Mir fiel ein, wie meine Mutter vom »Chaos, das vor dem Auftritt im Kopf herrscht« gesprochen hatte. Ich verspürte in diesem Moment bestimmt das gleiche Chaos. Dagegen musste ich etwas tun.
»Meine Freundin isst so wahnsinnig gern Schmelzkäse«, sagte ich in die Stille hinein.
»He du! Warum fragst du mich eigentlich nicht, welchen Käse ich mag? Ich heiße übrigens Olli, Kai-Oliver, aber alle netten Leute sagen Olli zu mir«, sagte der Junge, der neben Jannis saß, und winkte mir mit beiden Händen zu.
Alle um mich herum lachten, auch Jannis, und ich musste auch lachen. »In Ordnung, dann frag ich dich«, sagte ich und streckte ihm ebenfalls die Hand hin.
»Also Schmelzkäse ist so ziemlich Käse, wenn du’s genau wissen willst.«
»Ich glaube nicht, dass sie das so genau wissen will«, meinte ein anderer Junge. »Merkst du nicht, dass hier was ganz Großes beginnt?« Er stieß Jannis in die Seite. »Mensch, dass sich jemand für deinen Käsegeschmack interessiert, ist mir aber neu. Meinst du, Carlotta kommt von einem Marktforschungsinstitut?«
Jannis schüttelte den Kopf. Ich hatte das Gefühl, dass ihm die Situation ziemlich peinlich war.
»Und was macht deine Klasse heute?«, fragte Olli nach einer Weile.
»Wir fahren nach Dresden«, sagte ich. »Und ihr?«
Olli war der Gesprächigste von allen. Innerhalb von zehn Minuten erfuhr ich, dass die Klasse aus Stuttgart kam, in drei Tagen wieder nach Hause fahren würde und jede Menge entsetzlichster Wanderungen unternommen hatte.
»Und das geht gerade so weiter. Heute dürfen wir erst ein Stückchen mit dem Bus fahren. Aber zurück müssen wir laufen«, klagte Olli und deutete auf seinen Klassenlehrer, der mit einer Trillerpfeife am Eingang des Speisesaals stand und seine Schüler zu sich winkte. »Stell dir vor, mindestens vierundzwanzig Kilometer. Da will er uns wieder über die Felder jagen. Tschüs Carlotta, wir müssen los.«
Kaum waren die Schüler aus Stuttgart verschwunden, setzte sich Anke neben mich. »Du warst super, Carlotta, einfach super, ich weiß gar nicht, was ich ohne dich machen würde. Du hättest mal sehen sollen, wie die anderen aus der Klasse geglotzt haben. Tina ist fast in Ohnmacht gefallen. Aber jetzt erzähl! Was hast du rausgekriegt?«
Viel sei es ja nicht, meinte sie ein bisschen enttäuscht. Was ich denn von ihr erzählt hätte?
Ich sah sie ärgerlich an. »Weißt du, ich streng mich hier mordsmäßig an und du bist nicht mal zufrieden. Sei doch froh, dass du jetzt seinen Namen kennst und weißt, dass du noch drei Tage Zeit hast, ihn kennenzulernen.«
»Entschuldige.« Sie wirkte ziemlich betreten, denn sie wusste ganz gut, dass sie mich brauchte. »Aber du hilfst mir doch weiter, nicht wahr? Übrigens, du sollst mal zu Natascha kommen. Ich hab jedenfalls vorhin gehört, wie sie mit Danni darüber geredet hat, dass sie mal mit dir sprechen sollte.«
»Weißt du, Anke«, sagte ich und bemühte mich, nicht allzu triumphierend zu wirken, »diese Natascha ist eine echte Landplage. Erst nervt sie zu Hause bei meinem Vater rum, dann muss sie unbedingt noch mit ins Schullandheim, um hier die Ersatzmutti zu spielen, und jetzt will sie mir wahrscheinlich noch jeglichen Kontakt mit Jungen untersagen. Sie weiß ja nicht, dass ich das nur für dich mache.«
»Blöde Gans«, schimpfte Anke. »Aber du lässt dir doch von ihr nichts sagen!«
Ich lachte. »Ph. Von der doch nicht. Wenn die was von mir will, dann soll sie gefälligst selber kommen.«
Auf dem Weg vom Speisesaal zum Ausgang, wo unser Bus nach Dresden wartete, nahm mich Herr Dannitzki beiseite. »Na,
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