Freche Mädchen... 10: Headline mit Herz
Vermutlich überlegt sie, ob sie sich entschuldigen oder sich mit mir anlegen soll.
Sie wählt schließlich einen Mittelweg: »Was hätte es gebracht, wenn ich das bei der Konferenz angesprochen hätte? Es war eine abgekartete Sache, oder glaubst du, ich hätte nicht gecheckt, dass du vorher mit Lasse und Ilona geredet hast?«
»Das stimmt. Das habe ich tatsächlich. Aber es war so nicht beabsichtigt. Wir haben uns zufällig morgens im Büro getroffen. Ilona hat eher aus privaten Gründen und um sich den Kummer von der Seele zu quatschen, erzählt, was ihr passiert ist. So kam die Idee auf. Als Lasse eintrat, haben wir ihn eingeweiht. Das wäre exakt so gelaufen, wenn du statt Lasse hereingeschneit wärst.«
»Sicher?« Sie zieht die Stirn in Falten. Die Freundin neben ihr, die ich nur vom Sehen kenne, starrt peinlich berührt auf die Spitzen ihrer Ballerinas.
Ich nicke. »Sicher. Wir sind ein Team, Celine, wir sollten es auch bleiben. Meinst du nicht? Wenn du magst, rufen wir wegen des Aufmachers noch einmal zur außerordentlichen Konferenz zusammen.«
»Nee, nee. Muss ich nicht haben.« Sie presst die Lippen zusammen. »Ich finde das ja auch gut, hätte es nur besser gefunden, wenn wir das gemeinsam ausgekaspert hätten.«
»Ich fände es besser, wenn du mich das nächste Mal, wenn dir irgendetwas nicht passt, direkt ansprichst, damit wir darüber reden können.«
»Hätte ich noch gemacht«, behauptet Celine, aber ich glaube ihr nicht. Wenn ich sie nicht zufällig belauscht hätte, hätte ich niemals erfahren, was wirklich in ihrem Kopf vor sich geht. Tussi! Beef! Hallo?
Sie streckt mir die Hand hin. »Frieden?«
Ich drücke ihre Finger und quäle mir ein Lächeln heraus. »Logisch. Frieden.«
Die Wattewolken haben sich aufgelöst und zerfasert, als ich nun weitergehe und den kleinen Pfad Richtung Flussuferstraße einschlage.
Mir kreist das Gespräch mit Celine im Kopf herum und es zieht mich runter. Nix mehr mit Euphorie und journalistischem Höhenflug.
Auch wenn wir uns jetzt oberflächlich vertragen haben, weiß ich nun, dass Celine hinter meinem Rücken übel ablästert. Das habe ich zwar ohnehin vermutet, aber es vorgeführt zu bekommen, ist noch einmal eine andere Nummer.
Also müssen Celine und ich noch mehr als zuvor darauf achten, dass wir über die Arbeit an der Zeitung hinaus nichts miteinander zu schaffen haben. Keine Berührungspunkte. Wir funken nicht auf derselben Wellenlänge und haben außer dem Spaß am Schreiben nichts gemeinsam.
Soll ich wegen Zickenalarm die Insight in Gefahr bringen? Schlimm genug, dass wir beinharte Konkurrenz haben. Wenn wir uns jetzt noch innerhalb des Teams das Arbeiten vermiesen, können wir gleich einpacken. Geplättet.
Ein Date für Jenny?
Eine merkwürdige Lebendigkeit sprudelt mir entgegen, als ich wenig später unsere Wohnung betrete. Den Schlüssel habe ich diesmal erfreulicherweise auf Anhieb gefunden.
Ich kenne es nicht anders, als dass die Wohnung wie verlassen erscheint, wenn ich von der Schule nach Hause komme. Hendrik und ich haben selten gemeinsam Unterrichtsschluss. Wenn er da ist, verbarrikadiert er sich in seinem Zimmer, die Stöpsel seines iPhones in den Ohren, und ich kriege nichts von ihm mit. Dreimal die Woche trainiert er außerdem auf dem Handballfeld.
Meine Eltern kommen meistens erst nach 19 Uhr nach Hause. Das Catering-Unternehmen, das sie in der Kölner Innenstadt betreiben, ist bis an die Schmerzgrenze ausgelastet. Es hat sich herumgesprochen, welche Delikatessen meine Eltern zu wirklich sehr günstigen Preisen anbieten. Zudem die perfekte Kombination: meine zuverlässige norddeutsche Manager-Mama und Papa, der kreative argentinische Sternekoch.
Auf jeden Fall nimmt ihre Firma sie so in Anspruch, dass sie es sich gar nicht leisten können, uns »Kinder« zu betütteln. Dafür ist die Markowski die Woche über da. Aber die halte ich mir mit ihren Äpfeln und Leberwurstbroten vom Leib. Wenn ich sie ließe, würde sie mir wahrscheinlich auch beim Naseputzen helfen. Da muss man rechtzeitig das Stopp-Schild hochhalten, sonst dreht man am Rad als 13-Jährige, die die Selbstständigkeit und Freiheit im Elternhaus zu schätzen weiß.
Umso erstaunlicher ist es heute – gerade heute! –, dass aus dem Essbereich, der die Küche vom Wohnzimmer trennt, Gelächter und Geschirrklappern zu hören ist. Es riecht nach etwas mit Käse Überbackenem und Kräutern.
»Hallöchen«, rufe ich, nachdem ich meinen Rucksack in die Garderobenecke
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