Freche Mädchen... 10: Headline mit Herz
ohne große Worte in den Arm genommen und gesagt, dass es ihnen leidtue, nicht schon vorher etwas unternommen zu haben. Sie hätten es immer schon blöd gefunden, wenn ich gemobbt worden wäre, aber sie hätten eben weggeschaut, weil es ja meine Sache sei. Jetzt würde das anders werden. Sie würden sofort die Klappe aufmachen, wenn ein blöder Spruch käme. Ich brauchte keine Angst mehr davor zu haben, dass ich allein dastünde. Nach den dreien kamen noch andere mit netten Bemerkungen an. Das war cool.«
»Wie haben die Mobber reagiert? Die Typen, die du in Verdacht hast?«
Ilona zuckt mit den Schultern. »Auf jeden Fall hab ich heute noch keinen Spruch gehört oder gelesen. Sie gehen mir aus dem Weg.«
»Wirst du vor der Klasse verraten, um wen es sich handelt?«
Ilona schüttelt den Kopf, sodass sich ein paar Haare aus ihrem Pferdeschwanz lösen und um ihre Wangen fliegen. »Nein, das werde ich nicht. Ich kann ja auch nicht direkt mit dem Finger auf sie zeigen. Es gibt einen Anführer und mehrere Mitläufer. Wer da nun was wann verbockt hat – keine Ahnung. Ich kann nur hoffen, dass sie sich von jetzt an nicht mehr trauen, gemein zu sein. Weil sie wissen, dass sie beobachtet werden und dass ich nicht länger bereit bin, zu schweigen. Gut möglich, dass ich mich öffentlich wehre, wenn es einen weiteren Fall geben sollte. Aber das lasse ich auf mich zukommen.«
»Herrlich!«, rufe ich begeistert. »Genau so soll das sein. Danke noch mal, Ilona, für dein Mitmachen. Ich bin sicher, mit den Typen bist du quitt. Sie werden sich sehr genau überlegen, ob sie sich ein weiteres Opfer suchen.« Ich erzähle ihr von dem Vorschlag der Rektorin, dass Ilona eine Anti-Mobbing-Beratungsstelle betreuen könnte.
»Klingt gut«, sagt sie. »Aber … ob ich das packe?«
Ich hole tief Luft. »Wenn die Rektorin glaubt, dass du es schaffst, gibt es keinen Grund, an dir zu zweifeln, oder?«
Ilona lächelt, immer noch leicht entrückt. Mobbing ist seit wenigen Minuten nicht mehr ihr Lebensthema.
Über ihrem Kopf scheinen Herzballons zu schweben.
»Und … äh … was wollte Jonas konkret?« Diskretion ist hier fehl am Platz. Ilona platzt fast vor Mitteilungslust. Sie will ihr Glück teilen, und ich bin da.
Sie legt die Hände auf die Wangen und schüttelt immer noch fassungslos den Kopf. »Ich kann das nicht glauben, Merle. Ich fand den schon immer niedlich, hätte mich aber nie getraut, ihn anzuquatschen, wegen … du weißt schon. Aus Angst, mir eine Abfuhr einzuhandeln. Aber heute hat ER mich angesprochen. Wegen des Artikels. Er meinte, nun hätte er endlich einen Anlass … Stell dir vor – der ist total schüchtern! Er findet mich toll, und nachdem wir uns eine Weile übers Mobbing unterhalten haben, hat er mich gefragt, ob man nicht mal zusammen ins Kino oder Eis essen gehen könne. Ist das süß oder ist das süß?«
»Das ist megasüß«, bestätige ich ihr. »Du hast natürlich zugestimmt?«
»Was denkst du denn! Ich bin so was von happy, Merle.«
»Ich freue mich für dich, Ilona!« Ich zwinkere ihr zu. »Hoffentlich brichst du Lasse nicht das Herz …«
Sie lacht. »Der ist auch niedlich, oder? Aber … der ist vor allem ein super Kumpel, und …«
Wir wenden die Köpfe, weil uns vom Fußweg her ein »Huhu« entgegenschallt. Celine winkt uns zu, während sie mit federnden Schritten den Heimweg antritt. Wir winken zurück.
»Deine Fotos kamen super an, Ilona!«, ruft sie uns zu. »Die Mädels von der Jazz-AG waren total begeistert. Vom Artikel natürlich auch«, fügt sie lachend hinzu.
»Danke, ich freu mich!«, ruft Ilona, während ich den Mund verziehe. Typisch Celine, dass sie kein Wort über den Leitartikel der Zeitung verliert. Das bringt sie nicht. No Chance.
Ich spüre, dass von Celine noch mächtig Ärger droht. Vor allem, wenn sie nicht die erste Geige spielt.
Das sieht auch Ilona so. »Übertrieben zickig, die Celine. Ich bin gespannt, wie lange das noch gut geht in unserer Redaktion. Ich glaube, den nächsten Aufmacher sollten wir ihr überlassen, wenn wir es uns mit ihr nicht verderben wollen.«
Das sehe ich aber gerade gar nicht so. »Wenn sie das beste Thema hat – jederzeit. Von mir aus zwölfmal im Jahr. Ansonsten gilt: Die Inhalte und Platzierungen der Artikel werden unabhängig von den Reportern festgelegt. Wie gehabt. Oder bist du anderer Meinung?«
Ilona presst die Lippen aufeinander. »Ich wünschte, ich hätte deine Kämpfernatur, Merle.«
Ich grinse sie an. »Die hast du,
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